Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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einzuholen und zu stellen, dann nahm ihn die 
schützende Wildnis auf. Der Wassermangel zwang 
den Verfolger, von seiner frischen Spur abzulassen 
und Kehrt zu machen. Dieses Bewußtsein lieh 
dem Führer und seiner Truppe während der 
folgenden 14 Stunden bei fast ununterbrochener 
Vorwärtsbewegung eine außerordentliche Kraft 
und Ausdauer im Ertragen von Anstrengungen. 
Ein Glück war es, daß das Pferdematerial vor- 
züglich war. Der Lohn der rastlosen Verfolgung 
blieb nicht aus. 
Von Mitternacht bis 2 Uhr nachmittags wurde 
der Marsch am 20. mit nur anderthalbstündiger 
Pause trotz großer Hitze fortgesetzt. Morengas 
Spur führte von Koegoekub zunächst nach Norden, 
dann nach Nordosten über die Farmen Harrisdale, 
Khorkam, Norokai auf Eenzamheid, wohl über 
300 Dünen fort. Hervorragend bewährten sich 
die Scouts (eingeborene Aufklärer) im Spuren- 
suchen, so daß keine Verzögerungen im Marsch 
eintraten. Leutnant Mander hatte mit seinem 
Zuge, nachdem er 36 Stunden im Sattel gewesen, 
mittags Halt gemacht, um das Herankommen der 
Hauptkräfte abzuwarten. Morenga, wohl im 
Glauben, daß der Gegner am Ende seiner Kraft 
angelangt sei und die Verfolgung eingestellt habe, 
marschierte nur eine Stunde weiter und machte 
dann in der Nähe der wasserlosen Pfanne von 
Eenzamheid, etwa 100 km nördlich Upington und 
ebensoweit von der deutschen Grenze, in bergigem 
Buschgelände, das sehr geeignet für eine Verteidi- 
gungsstellung war, gleichfalls Halt. 
Um 1 Uhr erreichte Elliot den Zug Manders, 
der ihm die Nähe Morengas meldete. Unauf- 
haltsam ging es weiter, bald begann ein etwa 
40 Minuten langer Galopp. Die vier Züge 
folgten aufgelöst hintereinander den Sconts. Der 
Feind war erreicht. Elliot ließ sofort den vor- 
dersten Zug zum Fußgefecht absitzen und entwickelte 
ihn und die Scouts auf den vorliegenden Höhen 
in großer Breite, um die feindlichen Flügel um- 
fassen zu können. Bald darauf verlängerte ein 
zweiter Zug die Schützenlinie noch nach links hin. 
Beide Züge gingen, ohne Feuer zu erhalten, unter 
Sicherung ihrer Flanken bis auf die nächstgelegene 
Höhe vor. Es entspann sich nun ein längerer 
Feuerkampf. Der Feind lag so geschickt verborgen 
in den Büschen, daß während der ganzen ersten 
Stunde des Gefechts nicht ein einziger Mann zu 
sehen war. 4 
Allmählich gewann Moajor Elliot den Eindruck, 
daß der Feind zwei vorliegende Höhen besetzt 
hielt, von denen die westliche den Schlüsselpunkt 
seiner Stellung zu bilden schien. In llberein- 
stimmung mit Hauptmann v. dem Hagen entschloß 
er sich, diese Höhe zu stürmen, und befahl dazu 
um 4 Uhr nachmittags dem bisher in Reserve 
  
gehaltenen Zuge Mander, unter dem Feuerschutz 
eines Teils der entwickelten Schützen zum frontalen 
Angriff vorzugehen. Hauptmann v. dem Hagen 
übernahm es freiwillig, mit dem rechten Flügel 
die linke Flanke des Feindes zu umfassen. In 
sprungweisem Vorgehen wurde die Höhe genommen. 
Der Gegner verlor dabei fünf Mann, darunter 
vier Tote. 
Auf englischer Seite fiel ein Sergeant, ein 
Mann wurde leicht verwundet. Der Gegner 
räumte nun auch die östlich gelegene Höhe, doch 
fielen aus den im Grunde dahinter befindlichen 
Büschen ernent Schüsse. Gegen diese Büsche 
richteten nun die Engländer von den genommenen 
Höhen aus bis etwa 6 Uhr nachmittags ein leb- 
haftes, gut gezieltes und wirksames Feuer. Als 
drüben kein Schuß mehr fiel, wurde das Gefechts- 
feld abgesucht. Hierbei fand man Morenga tot 
unter einem Baum liegen. Er hatte drei Schüsse 
erhalten; ein Geschoß war durch die rechte Schläfe 
eingedrungen und hinter dem linken Ohr wieder 
herausgetreten, ein zweites hatte ihm den Hinter- 
kopf weggerissen, ein drittes das Herz durchbohrt. 
So hatte der tapfere und unversöhnliche Feind 
den Tod im Kampfe einer weiteren Flucht in die 
Wildnis vorgezogen. Außerdem wurden noch 
zwei tote Männer, vier tote Frauen und ein Ver- 
wundeter gezählt. Der Verlust des Feindes be- 
trug somit an Toten: sieben Männer, darunter 
nach Aussage der Gefangenen ein Bruder, ein 
Schwager und drei Neffen Morengas, und vier 
Frauen, an Verwundeten ein Mann. Ferner 
wurden zwei Mann gefangen; es waren Leute 
von Simon Kopper, die Morenga zu diesem hatten 
bringen sollen. Major Elliot trat alsbald den 
Rückmarsch nach Upington an. 
War es somit auch den deutschen Truppen 
nicht vergönnt gewesen, mit dem Feinde in Be- 
rührung zu kommen und selbst durch die endgül- 
tige Beseitigung des hartnäckigen und starrsinnigen 
Friedensstörers das Werk ihrer anstrengenden und 
entsagungsvollen Tätigkeit zu krönen, so darf man 
doch mit Genugiunng feststellen, daß es nur der 
vom Oberstleutnant v. Estorff angeordneten raschen 
Versammlung so starker Kräfte in der Südostecke 
des Schutzgebiets zu danken gewesen ist, wenn die 
Morenga-Gefahr keine größere Ausdehnung an- 
genommen hat und insbesondere die eben unter- 
worfenen Bondels ruhig geblieben sind. Das 
Zusammenwirken der deutschen und englischen 
Truppen ist auch politisch nicht ohne Bedeutung 
gewesen. Es hat beide Nationen in Südafrika 
einander genähert. Den Eingeborenen aber ist 
dadurch zum Bewußtsein gekommen, daß sie mit 
einem einheitlichen Handeln der weißen Rasse 
rechnen müssen.
	        
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