Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Deutsch-Ostafrika. 
K-tliche Mission in Deutsch-Ostafrika. 
I. Gesellschaft zur Beförderung der evan- 
gelischen Missionen unter den Heiden 
(Berlin). 
Für die Njassamission ist es von höchster Be- 
deutung gewesen, daß ihr Begründer, Missions- 
inspektor D. Merensky, auf Grund seiner 
langjährigen Tätigkeit in Südafrika sich den Ein- 
geborenen von vornherein als Lehrer und Arzt 
vorstellte und daß er diese Einführung durch 
einige glückliche Kuren bestätigte, unter denen 
besonders die Heilung eines Augenleidens des 
gefürchteten alten Sangusultans Merere II. Auf- 
sehen erregte. So haben sich die Farbigen des 
damals noch kaum erschlossenen Gebietes von 
vornherein daran gewöhnt, unsere Stationen als 
die Orte anzusehen, an die sie die Kranken bringen 
können. 
In der Regel sind auf den Stationen ein 
bis zwei Morgenstunden der Krankenfürsorge ge- 
widmet. Hierzu erhalten sämtliche Missionare 
vor ihrer Aussendung einen halbjährigen theore- 
tisch-praktischen Unterricht durch einen Arzt und 
einen Kursus in einer Berliner Unfallstation. 
Auch besuchen sie die tropenhygienischen Vor- 
lesungen des orientalischen Seminars. Alle Sta- 
tionen sind mit kleinen Apotheken versehen (deren 
Bestände jährlich nach Bedarf ergänzt werden), 
außerdem jeder Missionar mit einer transportablen 
Reiseapotheke und einem chirurgischen Bessteck. 
Bedienung und Medizin werden den Eingeborenen 
im Bedarfsfalle stets unentgeltlich gewährt. Doch 
sind die Missionare angewiesen, so oft es irgend 
angeht, die Eingeboreuen zu einer Gegenleistung, 
meist in Früchten oder einer Arbeit bestehend, 
anzuhalten. Diese heilsame pädagogische Maß- 
regel schränkt nach unserer Erfahrung die Nach- 
frage nach Hilfe nicht ein. 
Neben diesem täglichen Samariterdienst haben 
unsere Missionare die gesundheitlichen Verhältnisse 
dadurch zu hoben sich bemüht, daß sie bei drohen- 
den Epidemien (Pocken, Pest) die Impfung der 
Eingeborenen übernahmen und in anderen Fällen 
(Lepra, Geisteskrankheiten) den Bezirksämtern 
Vorschläge unterbreiteten. In letzter Zeit ist von 
den Missionaren der Gedanke erwogen worben, 
im Bereich unserer Stationen und Außenstationen 
allgemeine Pockenimpfung einzuführen. 
Die eingeborene Bevölkerung würde sich, seit 
die deutsche Herrschaft den ewigen Stammeskriegen 
"*) Wir veröffentlichen nachstehend eine Reihe von 
Berichten der in Den ch-Ostafrika tätigen evan- 
gelischen Missionen über die von ihnen für das 
körperliche Wohl der Eingeborenen geübte Fürsorge. 
  
ein Ende gemacht hat, in dem fruchtbaren Lande 
erheblich schneller vermehren, wenn nicht die 
Säuglingssterblichkeit so überaus groß wäre, 
teils infolge abergläubischer Vorstellungen und 
Sitten, teils (und hierin liegt der Hauptgrund) 
infolge unverständiger Wartung und Ernährung 
der Säuglinge durch die Mütter. Um die 
Missionarsfrauen zu befähigen, dem entgegenzu- 
wirken, ist für alle Missionarsbräute ein medizi- 
nischer Unterricht von uns angeordnet, welchen 
der Geheime Ober-Medizinalrat Dr. Dietrich 
erteilt. In der Regel ist die Folge des Kursus, 
daß jede Braut für einige Monate in ein Kranken- 
haus eintritt, um dort praktische Krankenpflege 
zu erlernen. Die aufklärende und helfende Arbeit 
der Missionarsfrauen zeigt bereits jetzt erfreuliche 
Frucht. Vor kurzem hat Stabsarzt Dr. Demp- 
wolff aus Iringa, der zu Pest= und Malaria= 
untersuchungen auf unserer Station Ilembula 
(Ubena) weilt, mit Befriedigung konstatiert, daß 
der Gesundheitszustand der Eingeborenenkinder 
auf der Station auffallend günstiger sei als auf 
den Heidendörfern. 
Vor einigen Jahren hatten wir auch einen 
deutschen Arzt in unser Njassagebiet gesandt und 
in Kidugala (Ubena) stationiert. Wir machten 
aber die Erfahrung, daß für rein stationäre Tätig- 
keit die Bevölkerung nicht dicht genug war, einer 
ambulanten aber der Mangel an Wagen und 
Verkehrsmitteln große Schwierigkeiten bereitete. 
Auch sind nicht leicht Ärzte zu finden, welche 
diesem entsagungsvollen Dienst mehr als einige 
Jahre zu weihen bereit sind. Ihren vollen Wert 
erhält die missionsärztliche Tätigkeit aber erst, 
wenn sie nicht nur vorübergehend ausgeübt wird 
und wenn der Arzt, um die Eingeborenen zu 
verstehen und ihr Vertrauen zu gewinnen, sich 
auch ihre Sprache aneignet. Gleichwohl werden 
wir gern wieder Arzte aussenden, sobald uns 
geeignete Persönlichkeiten und die erforderlichen 
Mittel zur Verfügung stehen. 
Wir haben inzwischen dadurch Abhilfe gesucht, 
daß wir einen Missionar, der in zehnjährigem 
Dienst draußen besonderes ärztliches Geschick, zu- 
mal bei Bekämpfung einer Pestepidemie in Ilem- 
bula (Ubena, Bezirk Iringa), gezeigt hatte, und 
einen jüngeren Missionar, der vorher Apotheker 
gewesen war, mit Erlaubnis von Geheimeat 
Professor Dr. Gaffky im hiesigen Institut für 
Infektionskrankheiten (tropenhygienische Abteilung) 
eine gründliche Ausbildung und danach ein tropen- 
klinischen Kursus in Hamburg unter Professor 
Dr. Nocht haben nehmen lassen. Der erst- 
genannte Missionar hat dann noch auf der Reise 
einige Zeit im Gouvernementskrankenhause und 
im Sewa-Hadji-Hospital zu Daressalam gearbeitet, 
der letztgenannte bei Professor Dr. Brandt eine
	        
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