Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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für den Umkreis unserer Konde= und Kinga- 
stationen, also für eine Bevölkerung von etwa 
30 000 bis 40 000 Seelen, sofort drei Dörfer 
nötig waren, von denen jedes nach Vollendung 
etwa 150 Kranke zählen wird, beweist zur Ge- 
nüge, welche ernste Gefahr die Lepra für die 
eingeborene Bevölkerung bedeutet. 
Auf unsern drei Usaramostationen, die wir erst 
vor einigen Jahren von einer anderen Missions- 
gesellschaft übernommen haben, hat sich (abge- 
sehen von der Ausbildung der oben genannten 
Missionarsfrau und von dem selbstverständlichen 
Samariterdienst auf den Stationen Kisserawe und 
Maneromango) unsere Gesundheitsfürsorge bisher 
darauf beschränkt, daß unsere Missionare bei 
drohenden Epidemien das Gesundheitsamt in 
Daressalam benachrichtigten und gegebenenfalls 
die Ausführung seiner Anordnungen übernahmen. 
In Daressalam selbst haben wir angesichts der 
musterhaften Organisation der staatlichen Ge- 
sundheitsfürsorge und angesichts der Sewa-Hadji- 
Hospitals von missionarischen Versuchen in dieser 
Richtung bisher absehen können. 
  
II. Leipziger ärztliche Mission. 
Von der Evangelisch-lutherischen Mis- 
sion zu Leipzig waren bisher zwei Personen, 
ein Missionsarzt und eine Diakonisse, mit der 
Behandlung und Pflege der Kranken betraut. 
Der Missionsarzt wurde im Jahre 1902 nach 
Deutsch-Ostafrika abgeordnet. Seitdem hat er in 
den dortigen Missionsgebieten am Kilimandiaro, 
Meru und auf dem Paregebirge die ärztliche 
Praxis ausgeübt. Die Diakonisse war seit De- 
zember 1906 auf der Missionsstation Moschi 
am Kilimandiaro stationiert. Ihre Vorbildung 
befähigte sie, dem Missionsarzt in seiner ärztlichen 
Wirksamkeit tatkräftig zur Seite zu stehen und in 
allen Fällen, die nicht eine spezielle medizinische 
Durchbildung erfordern, die eingeborenen Kranken 
selbständig zu behandeln. Sie eröffnete zu diesem 
Zweck eine mit einer Apotheke verbundene Poli- 
klinik, in der die Kranken ambulatorisch behandelt 
wurden. Die tägliche Frequenz betrug durch- 
schnittlich 20 bis 25 Personen, meist Frauen und 
Kinder, jedoch auch Männer; sie stieg bis zur 
Höchstziffer von 40. In der Regel wurde die 
Sprechstunde am Vormittag eingehalten. Bei 
dringenden Jällen oder wo sich ein Transport 
der Kranken in die Poliklinik verbot, machte die 
Diakonisse Hausbesuche bei ihren Patienten; ein 
Dschaggamädchen konnte dabei zur Assistenz heran- 
gezogen werden. Diese Tätigkeit, die sich natür- 
lich in den gebotenen Grenzen bewegte, darf als 
erfolgreich bezeichnet werden. Die Eingeborenen 
brachten, durch gute Heilerfolge ermutigt, der 
Schwester, großes Vertrauen entgegen und konsul- 
  
tierten sie auch in solchen Fällen, welche die 
Schwester, als über den Rahmen ihrer medizi- 
nischen Kenntnisse hinausgehend, an den Kaiser- 
lichen Stabsarzt der Station Moschi verweisen 
mußte. Was hier von der ärztlichen Tätigkeit 
der Diakonisse und ihren Erfolgen gesagt ist, gilt 
in erhöhtem Maße von der Wirksamkeit des 
Missionsarztes. 
Obgleich diese Wirksamkeit als eine Pflicht der 
christlichen Nächstenliebe betrachtet wurde, hielt 
man doch schon aus pädagogischen Gründen an 
dem Grundsatz fest, überall, wo die Eingeborenen 
dazu imstande waren, eine geringe pekuniäre 
Entschädigung für gelieferte Arzneien und ärztliche 
Hilfe zu fordern. Die Erfahrung hat gezeigt, 
daß diese Honorierung von den Eingeborenen 
willig aufgebracht wurde. 
Auch von den Missionaren und ihren Frauen 
wurde auf dem gesamten Missionsgebiete in ein- 
facher gelagerten Fällen, bei leichten Erkrankungen, 
Verwundungen, Frakturen, Geschwüren, Fieber- 
anfällen, Schlangenbissen, insbesondere bei den 
am Kilimandjaro so häufigen mangels zweck- 
entsprechender Pflege nicht selten Lungenleiden 
nach sich ziehenden Erkältungen, die erste Hilfe 
geleistet, unter Umständen auch die Weiterbehand- 
lung übernommen. Dies war um so leichter 
durchführbar, als jedem Missionar bei seiner Aus- 
rüstung für die Tropen ein Bestand von Medika- 
menten, Verbandzeug und Instrumenten mit- 
gegeben zu werden pflegt, von dem er für sich, seine 
Familie in einfachen Fällen und überall da, wo 
der Arzt nicht sofort zur Stelle sein kann, Ge- 
brauch macht. 
Eine planmäßige Vorbildung der Missionare 
für die Hilfeleistung in Krankheitsfällen war bis- 
her in den Lehrplan des Missionsseminars zu 
Leipzig nicht vorgesehen. Doch wurde es als 
erwünscht bezeichnet, wenn die Missionare sich in 
Diakonissenhäusern und Krankenanstalten mit den 
Grundbegriffen der Krankenbehandlung und pflege 
vertraut machten; jede dahin zielende Bestrebung 
wurde auf das kräftigste unterstützt. Mit dem 
Beginn des Wintersemesters 1907 ist eine gewisse 
ärztliche Vorbildung in den offiziellen Lehrplan 
des Seminars aufgenommen, zunächst wurde ein 
zwei Monate währender „Samariterkurs“ mit 
wöchentlich zweimaliger theoretischer und prak- 
tischer Unterweisung unter der Leitung des 
Generalarztes Dr. Düms, Leipzig, eingerichtet. 
In diesem Kursus, der in erster Linic die grund- 
legenden anatomischen Kenntnisse vermitteln soll, 
wird unter steter Berücksichtigung der Verhältnisse 
in den Tropen die erste Hilfeleistung bei Krank- 
heiten und Unfällen, die Anlegung von Verbänden 
und dergl. gelehrt.
	        
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