Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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ein neuer wertvoller Rohstoff geliefert werden. 
Schappe-Seiden-Fabriken bestehen bis jetzt nur 
drei, und zwar alle im Auslande. Wenn das 
Rohmaterial in den deutschen Kolonien gewonnen 
werden könnte, würde dadurch die Möglichkeit 
eines neuen Industriezweiges in Deutschland ge- 
schaffen werden. Das Kolonial-Wirtschaftliche 
Komitee hat beschlossen, sfolgender Anregung Folge 
zu leisten: 
Die Eingeborenen auf den Wert des Nester 
der wilden Seidenraupe aufmerksam zu machen 
und sie anzuhalten, diese Nester gegen Entgelt 
an die nächste Station, Farm oder Faktorei 
abzuliefern, um die willkürliche Vernichtung 
der Nester durch die Neger nach Möglichkeit 
zu verhindern. Auch soll eine Anleitung zur 
Nutzbarmachung der Seidenraupennester heraus- 
gegeben und, in die Suaheli-, Ewe= und Haußa- 
sprache übersetzt, durch die Organe und Freunde 
des Komitees an die Eingeborenen verteilt 
werden. 
Tabakbau, Kakao= und Kaffee-Kultur in den 
deutschen Kolonien. 
Über Tabakbau, Kakao= und Kaffee- 
Kultur berichtet Geheimrat Professor Dr. Wohlt- 
mann: 
Die Tabak-Anbauversuche im großen, die 
in unseren Kolonien, besonders in Ostafrika, 
auf Neu-Guinea und in Kamerun in früheren 
Jahren unternommen wurden, haben leider nicht 
den gewünschten Erfolg gebracht und mußten zu- 
gunsten anderer Kulturen aufgegeben werden. Im 
Jahre 1907 hatte die Gesamtausfuhr unserer Kolonien 
an Tabak nur einen Wert von 67000./, während 
die Einfuhr nach Deutschland im gleichen Jahre 
141 000 O000 (“ (1908: 136 000 000 /% be- 
trug. Die Kolonien selbst hatten im gleichen 
Jahre einen eigenen Bedarf, d. h. eine Einfuhr 
an Tabak von über 2 500 O000 J7. Es ist 
daher unbedingt anzustreben, daß mindestens der 
Eigenbedarf der Eingeborenen in den Kolonien 
selbst produziert wird, ein Ziel, das leicht erreicht 
werden kann, da es sich hierbei nicht um Quali- 
tätstabak handelt. Die Vorbedingungen für einen 
rentablen Tabakbau sind vor allem gutes Land, 
sicheres Klima, geschickte Arbeiter, tüchtige Sach- 
verständige und richtige Pflanzmethoden. Nach 
den heutigen Erfahrungen kommen von unseren 
Kolonien hauptsächlich Kamerun, Neu-Guinea und 
der Norden von Deutsch-Südwestafrika für 
die Tabakkultur in Frage, da sie gutes Tabak- 
land besitzen. Nach Mitteilungen des Deutschen 
Tabakvereins waren die seither aus Kamerun 
stammenden Tabakproben in bezug auf Struktur 
des Tabaks, Deckfähigkeit, Brennbarkeit usw. durch- 
  
aus vielversprechend. Wenn aber die Tabate 
fermentiert waren, stellte sich der Pfälzer Charakt#e 
heraus. Eine zur Vorbereitung des Tabakbaue- 
zu bildende Gesellschaft würde daher em- 
sprechend anders verfahren müssen, um geeigneie 
Proben zu erhalten und jedenfalls auch aus- 
reichende Mittel aufbringen müssen, um um- 
fassende Versuche mehrere Jahre hindurch durch- 
führen zu können. 
Neuerdings werden in Kamerun durch die 
Regierung größere Tabakbauversuche vorge- 
nommen, weitere Versuche, und zwar mit orien- 
talischem Tabak, sind im nördlichen Teil von 
Deutsch-Ostafrika geplant. 
Der Kakaobau hat sich in den Kolonien, 
besonders in Kamerun, Neu-Guinena und Samoa, 
recht günstig entwickelt. Die Gesamtausfuhr aus 
den Kolonien im Jahre 1907 hatte einen Wen 
von etwa 2 700 000 /4. Dagegen bettug der 
Bedarf Deutschlands im gleichen Jahre über 
62 000 000 . Wir decken daher heute nur 
4½ v. H. unseres Bedarfs in den Kolonien selbf. 
An der Kakao-Welternte 1908 mit über 
193 000 000 kg waren die deutschen Kolonien 
nur mit etwa 1,4 v. H. beteiligt, während der 
Konsum Deutschlands 1908 21 v. H. der Bell- 
ernte ausmachte. 
Mit dem Kaffeebau in den Kolonien verho:t 
es sich ähnlich wie mit dem Tabakbau. Die 
Kultur im großen hat in keiner unserer Kolonien 
den erwarteten Erfolg gebracht. In Ostafrikc, 
wo seit dem Jahre 1890 etwa 18 000 000 “ 
in Kaffee angelegt worden sind, betrug die Ge- 
samtproduktion der Kolonien im Jahre 1907 nur 
etwa 750 000 /7(0. Die Gesamtausfuhr aus den 
deutschen Kolonien belief sich 1907 auf ewa 
545 000 /, während der Gesamtbedarf Deucch- 
lands im gleichen Jahre 162 000 000 . betrug. 
Fürs erste ist die Kaffee-Kultur in unseren Ko— 
lonien im großen bei der schlechten Preislage 
nicht anzuraten. Auch sind die Produktions-kos#n 
in unseren Kolonien zum Teil sehr hohe, da: 
gilt nicht nur für den Kaffee, sondern auch jür 
den Kakao und insbesondere für Samoa mit #n 
teuren chinesischen Arbeitern. 
Unser Ziel muß daher Verbilligung der Pro- 
duktion und daneben Erzeugung feinster Qualmin 
sein. 
Kautschuk in den deutschen Kolonien. 
Über Kautschuk in den deutschen 2° 
lonien berichtet Professor Warburg: 
Die Plantagenkultur der Kautschukbäume 
schreitet in unseren Kolonien erfreulich wei#ml. 
Man wendet sich in den regenreichen Kolonien 
wie Kamerun, Neu-Guinea und Bismarc-
	        
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