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Entsprechend niedrig mußte die Bewertung
der Mangroverinde ausfallen. Die Direktion
der deutschen Gerberschule in Freiberg i. S. sprach
sich in einem Gutachten dahin aus, daß der
Rindenpreis am europäischen Hafenplatze sich nicht
höher stellen dürfe als derjenige der billigsten im
Gebrauch befindlichen Gerbmaterialien, das wäre
35 bis 40 Pf. pro Kilogramm Gerbstoff bzw.
12.“¾ für 100 kg lufttrockene Rinde, wovon noch
die Kosten für das Mahlen und den Transport
der Rinde bis zur Gerberei in Abzug zu bringen
wären.
Indessen haben die in den Jahren 1900 bis
1902 sowohl unter Vermittlung des Kaiserlichen
Gouvernements in Daressalam, als durch die
Firma G. Denhardt in Lamu versuchten größeren
Mangroverindenverkäufe an die Firma Her-
kommer & Bangerter in Stuttgart gezeigt,
daß die Rinde verschiedentlich nicht einmal um
diesen geringen Preis Abnahme finden konnte,
vielmehr, um nicht unverkäuflich liegen zu bleiben,
erheblich niedriger abgesetzt werden mußte. Bei
der großen Auswahl an Gerbmitteln, die der
Markt bietet, brachten eben die Gerber einem mit
derartigen Mängeln behafteten Material nur ge-
ringes Interesse entgegen, umsomehr, als seine
Verwendung nach den bisherigen unzureichenden
Erfahrungen immer noch im Versuchstadium bleiben
mußte, was immerhin ein gewisses Risiko be-
deutete.
Bei einem so niedrigen Erlös konnte für den
Importeur kaum mehr ein nennenswerter Ge-
winn herausspringen, da die Selbstkosten, welche
der Transport der Rinde bis zum europäischen
Hafenplatz verursachte, verhältnismäßig hoch waren;
an eine Verbilligung der Kosten, insbesondere der
Seefracht, die von der Deutsch-Ostafrika-Linie auf
32,50 “ per Tonne Rinde festgesetzt worden
war, konnte aber solange nicht gedacht werden,
als die Linie nicht auf regelmäßige Beförderung
großer Quantitäten rechnen konnte.
Die Forstverwaltung im Rufiyi-Delta konnte
unter solchen Umständen nur diejenige Rinde ver-
werten, die beim Stammholzeinschlag für die
Rufiyi-Industrie-Gesellschaft anfiel und deshalb
keine besonderen Gewinnungskosten verursachte, da
die geschlagenen Stämme vertragsgemäß entrindet
zur Ablieferung gelangten. Dieses Rindenquantum
wurde zu 800 bis 1000 Tonnen pro Jahr (da-
von 600 bis 800 von Bruguiera) angenommen;
man ermittelte es unter Zuhilfenahme eines be-
stimmten, den heimischen Erfahrungen entlehnten
Rindenprozents (12 bzw. 15), das indessen unter
den vorliegenden Verhältnissen viel zu hohe
Zahlen geben mußte. In der Folge zeigte es
sich auch, daß ein derartiges Rindenquantum nicht
im entferntesten geliefert werden konnte, zumal
noch als weiterer nachteiliger Umstand hinzu-
trat, daß ein Teil der Rinde nicht gewonnen
werden konnte, weil das Holz zu ungünstiger
Jahreszeit gefällt war.
Die baren Auslagen, die der Forstverwaltung
für die Tonne Rinde entstanden, waren etwa die
folgenden:
1. Sammeln, Transport vom Schlagort bis
zum Verschiffungsplatz am Rufiyi, Trocknen
und Zerkleinern daselbst, i. Sa.rund 5 Rup.
2. seemäßige Verpackung einschl. Ver-
packungsmaterial 7
3. Verladen und verfrachtung nach
Daressalam .. . 8-
4. Umladekosten daselbst . ..5-
5. Fracht Daressalam—Hamburg 25
6. Lösch= und bagerspesen in Ham-
burg 7,50 „ = 5
55 Rup.
Hierzu kämen dann noch die mittelbaren Aus-
gaben, wie Verwaltungskosten, Verzinsung und
Amortisation der Anlagekapitalien (insbesondere
der Transporteinrichtungen) mit ihrem ent-
sprechenden Anteil. Damit würden die Selbst-
kosten annähernd den Betrag von 60 Rupien oder
80 “ erreichen. Stellt man nun die Holz-
fällungs= und Entrindungskosten noch in Rech-
nung, was geschehen müßte, wenn die Nutzung
nur der Rinde wegen erfolgen würde, dann wird
nach Abzug der Selbstkosten vom Erlös kaum
mehr soviel übrig bleiben, um das Rindengeschäft
zu lohnen. Denn die im Rufiyi-Delta vor-
handenen Mangrovebestände, wenn auch in ihrer
Gesamtausdehnung (etwa 1600 ha) recht beträch-
lich, sind, da die Mangroven sich in mehr oder
weniger schmalem Saum dem Meeresufer entlang
und eine bestimmte Strecke weit die Flußmün-
dungen hinauf ziehen, über eine viel zu große
Fläche verteilt und können deshalb bei weitem
nicht so vorteilhaft ausgenutzt werden als eine
gleich große, regelmäßiger gestaltete Waldfläche.
Außerdem müßte ein nicht geringer Teil der
Mangrovenbestände von der Rindennutzung über-
haupt ausgeschlossen bleiben, entweder wegen zu
geringen Alters bzw. buschartiger Beschaffenheit,
oder auch, weil die bestandbildenden Baumarten
nicht auf Rinde verwertbar sind.
Die jährliche Nutzungsmasse, welche sich unter
Wahrung der Nachhaltigkeit, bei Zugrundelegung
eines 60 jährigen (dem Wachstum der Mangrove
ungefähr entsprechenden) Umtriebes, einer durch-
schnittlichen Holzmasse von 100 Festmetern pro
Hektar sowie eines Rindenprozentes von 8 be-
rechnet, nämlich:
½ oo X 100 X 0,08, also rund 1800 Tonnen,