Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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konnten, und die Importeure Lieferungsaufträge 
von 10 000 Tonnen und mehr erhielten, die 
natürlich nicht zu erfüllen waren. Auch in Eng- 
land hob sich das Rindengeschäft um diese Zeit 
wieder; im Zusammenhang damit steht die Grün- 
dung verschiedener Unternehmungen zum Zwecke 
der Mangroverindenverwertung in Australien 
sowie auf Borneo.“) Im letzteren Falle handelte 
es sich um die Anlage einer Extraktfabrik: der 
zweite derartige Versuch nach dem Niedergang 
der Extraktindustrie auf Ceylon. 
Auch für die deutschen Kolonien Ostafrika und 
Kamerun wurden mehrere solche Unternehmungen 
geplant, es kam aber in keinem Falle zu einer 
Realisierung. · 
Der soeben geschilderte Entwicklungsgang der 
Mangroverindenverwertung bis zum Jahre 1905 
findet in nachstehenden, dem „Handbock for East 
Africa, Uganda and Zanzibar- von 1906 ent- 
nommenen Exportziffern Britisch-Ostafrikas 
einen beredten Ausdruck: 
Ausfuhrwert in KL. 
1900.01 1901/02 1902/03 1903·04 1904/05 
999 909 690 1155 2016 
In Portugiesisch-Ostafrika erreichte die 
Mangroverindenausfuhr nach einem Berichte des 
Kaiserlichen Konsuls in Lourengo Marques im 
Jahre 1906 bereits einen Wert von etwa 7100 
Milreis (etwa 32 200 4); davon gingen für 
2722 Milr. nach Deutschland und für 3225 Milr. 
nach den Vereinigten Staaten. 
In Deutsch-Ostafrika dagegen entwickelte 
sich der Rindenexport sehr viel langsamer. Die 
im Jahre 1905 ausgeführte Rindenmenge betrug, 
wie oben erwähnt, nur etwa 1400 Tonnen, 
welche ausschließlich nach Deutschland gingen. 
Es erklärt sich dies damit, daß nur etwa 5600 ha, 
also ein kleiner Teil der in ihrer Gesamtausdehnung 
auf 40 000 ha geschätzten Mangrovewaldungen, 
für die Rindennutzung freigegeben wurden und 
daß die bis dahin alleinige Pächterin, die Firma 
Gebr. Denhardt von der Regierung durch Kontrakt 
zur Übernahme gewisser Bedingungen verpflichtet 
war, die die Nächhaltigkeit der Rindenproduktion 
gewährleisten sollen, ihren Umfang daher inner- 
halb gewisser bescheidener Grenzen halten. Daß 
in den Nachbargebieten, in denen die Mangrove- 
bestände kaum eine derartige Ausdehnung haben 
wie in Deutsch-Ostafrika, die Rindennutzung auf 
die Nachhaltigkeit Rücksicht nimmt, kann nicht an- 
genommen werden; man wird also auf eine Ab- 
nahme der letztjährigen hohen Ausfuhrziffern in 
*) Neuerdings gelangten auch Rindenproben aus 
Borneo nach Deutschland zur Untersuchung. S. Ver- 
handlungen des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees, 
1908, Nr. 1, S. 28. 
  
absehbarer Zeit gefaßt sein dürfen. Auch scheint, 
wenigstens im portugiesischen Gebiet, das über- 
mäßige Abholzen der Mangroven bei der Rinden- 
gewinnung bereits zu Bedenken Anlaß gegeben 
zu haben, und die Regierung soll infolgedessen 
beabsichtigen, die erteilten Konzessionen nach Ablauf 
nicht mehr zu erneuern. 
Durch die vielfältigen größeren Versuche war 
nun zwar erwiesen, daß dem Mangrovegerbstoff 
in Form von Extrakt eine etwas größere Ver- 
wendbarkeit für die Gerberei zukommt; eine regel- 
mäßige Verwendung konnte jedoch auch das 
Mangroveextrakt nicht finden, da es sich eben den 
anderen, im Handel befindlichen Gerbstoffauszügen, 
insbesondere dem Quebrachoextrakt gegenüber, als 
nicht konkurrenzfähig erwies. Die Preisverhältnisse 
konnten sich unter solchen Umständen für die 
Mangroverinde nur wenig bessern.“) Eine Ande- 
rung war nur dann zu erhoffen, wenn der im 
Extrakt enthaltene rote Farbstoff unschäd- 
lich gemacht wurde. Die Entfärbung des Ex- 
traktes war bis dahin nur in ganz unvollkommenem 
Maße gelungen. 
Die große Bedeutung dieser Frage, nicht nur 
für die deutsche Gerbstoff= bzw. Lederindustrie, 
sondern auch für die Ausgestaltung der Mangrove- 
rindenverwertung in unseren tropischen Kolonien 
zu einem selbständigen Produktionszweig, hat der 
Deutschen Kolonialgesellschaft zu Anfang 
des Jahres 1905 Veranlassung gegeben, ein 
Preisausschreiben zu veranstalten"") für die 
Herstellung eines Mangroveextraktes, der dem Leder 
eine möglichst belle Farbe gibt, die auch unter 
dem Einfluß des Lichtes nur wenig nachdunkelt. 
Zwei Jahre gingen hin, bis diese Aufgabe von 
der Firma Carl Feuerlein in Feuerbach-Stutt- 
gart gelöst wurde. Das von ihr ausgearbeitete 
Verfahren, das nach sachverständigem Urteil den ge- 
stellten Anforderungen in jeder Hinsicht genügt, 
da es eine vollständige Entfärbung des 
Mangroveextraktes ohne wesentlichen 
Gerbstoffverlust gestattet, ist bereits patentiert 
worden.“"“"“) Wenn nun noch die Versuche über die 
Haltbarkeit der mit dem entfärbten Mangroveextrakt 
erzielten normalen Lederfarbe, die zur Zeit gemacht 
werden, ein günstiges Ergebnis liefern, dann darf 
die Frage der Unschädlichmachung des Mangrove- 
farbstoffs als gelöst angesehen werden. Hiermit 
wäre die Hauptschwierigkeit, die sich der Verwen- 
dung der Mangroverinde bisher entgegengestellt 
–. 
*) In den Monaten Juli bis September 1908 be- 
wegte sich der Preis der ostafrikanischen Mangroverinde 
zwischen 8 und 10,50 . , derjenige der Madagaskar- 
Rinde zwischen 10 und 11,25.4K (S. die Marktberichte 
des „Tropenpflanzger" für die betreffenden Monate). 
**) Deutsche Kol. Zeitung 1905 vom 15. Juni. 
* ) D. R. P. Nr. 198782.
	        
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