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Die Gummifladen werden von dem anhaftenden
Sande durch Bearbeitung auf eisernen Kratzern ge-
reinigt. Diese Arbeitsmethode ist sehr einfach, sie
erfordert verhältnismäßig wenig Zeitaufwand und
geringe Ubung der Arbeiter. Die Qualität des
Kautschuks ist aber infolge von Sand= und Staub-
beimischung minderwertig. Versuche, die Gummi-
milch nach einer Zentralstelle zu bringen und dort
durch rationelle Bearbeitung reineren Gummi zu
gewinnen, scheitern daran, daß die Milch sehr schnell
nach dem Austritt aus der Rinde koaguliert. Die
Milch gerinnt beim Zapfen am höheren Teil des
Baumes schon am Stamm und ergibt nur Sernamby,
der noch geringer bewertet wird, als die am Boden
gewonnenen Fladen. Auch das Auffangen der Milch
in Tigelinhas ist nicht vorteilhaft, weil die ganze
Feuchtigkeit in der koagulierten Masse verbleibt und
nicht, wie in den Erdgruben, von dem trockenen
Boden aufgesogen wird. Solcher Gummi ist dem
Verderben leichter ausgesetzt oder er müßte besonders
getrocknet werden. Der in den Erdgruben ge-
wonnene Gummi hat, wenn er trocken ist, eine
grauschwarze Farbe und, wie der meiste Manicoba=
Gummi, einen unangenehmen fauligen Geruch.
Die Zapfarbeit wird auf jener Plantage von
Männern und erwachsenen Knaben ausgeführt,
während das Einsammeln und Reinigen der Fladen
die Frauen und Mädchen besorgen. Die Arbeit
wird durchgängig mit Tagelohn bezahlt. Der Lohn
für zehnstündige Arbeit beträgt: für Männer 1500,
für Knaben 1000, für Frauen und Meädchen
500 Reis. Zur Zeit sind in Serra do Vicente
etwa 120 Leute, meist Frauen und Knaben, beschäf-
tigt. Die Produktion wurde in diesem Jahre auf
etwa 10 Tons trockenen Gummi geschätzt; die
Arbeitskosten stellten sich pro Kilo auf 900 bis
1000 Reis.
Während in den anderen Manicoba-Pflanzungen
meist ebenso wie in Serra do Vicente gearbeitet
wird, wendet man auf der Pflanzung „Brazilian
Plantation Estate Ltd., Monte Alegro“, eine andere
Arbeitsmethode an. Diese Gesellschaft besitzt 1000 ba,
zum Teil natürlichen Manicobabestand, zum Teil
Anpflanzungen. Zwischen den alten Stämmen be-
findet sich unregelmäßig viel junger Nachwuchs,
so daß man dort schon mehr von einem Manicoba=
wald, als von einer Pflanzung sprechen kann.
Schätzungsweise dürften hier etwa 2000 alte und
junge Bäume per Hektar stehen. Die Pflanzung
liegt zwischen 600 und 800 m über dem Meeres-
spiegel. Die Bewirtschaftungsweise ist folgende:
Jedem Arbeiter sind etwa 400 bis 600 zapffähige
Bäume zur selbständigen Bearbeitung übertragen,
sein Verdienst richtet sich nach dem Quantum Milch,
welches er aus seinen Bäumen gewinnt. Der
Tagesertrag ist durchschnittlich 2½ 1 Gummimilch.
Die Arbeit beginnt hier schon nachts 3 Uhr.
Hierdurch sowohl wie durch die höhere, kühlere Lage
wird erreicht, daß die gezapfte Milch noch flüssig
nach der Verarbeitungsstelle gebracht werden kann.
Die Bäume werden an der zu bearbeitenden
Stelle von der äußeren Rinde entblößt. In die
darunter liegende grüne Rinde gibt man mit der
Machadinha zwei sich im spiyen Winkel gegenüber-
stehende Schläge. Das Ende des einen Schenkels
geht über die untere Spitze des Winkels hinaus;
der Anschlag bildet so etwa die Zeichnung eines
verschobenen V, dessen einer Schenkel nach unten zu
um so viel herausragt, wie er nach oben zu kurz
ist. Diese Einschnitte werden in Abständen von
etwa 5 cm nach unten zu in Zwischenräumen von
etwa zwei Tagen wiederholt. Hierbei wird die
äußere Rinde jedesmal nur so weit abgenommen, als
dies für den Anschlag in die darunter liegende grüne
Rinde notwendig ist, denn ein vorheriges Ablösen
der äußeren Rinde würde die Pression in den Milch-
kanälen verringern. Unter dem tiefsten Punkt des
Einschnittes wird eine Tigelinha in die Rinde ge-
preßt, um die Milch darin aufzufangen. Je nach
Stärke der Bäume werden auch hier ein oder zwei
Tigelinhas angesetzt, d. h. ein oder zwei Streifen
an jedem Baum angeschlagen. Nach etwa zwei
Stunden, also noch vor Ausgang der Sonne, be-
ginnen die Arbeiter mit dem Einsammeln der in
den Tigelinhas zusammengeflossenen Milch; sie
gießen diese in ein größeres Gesäß, und schon um
8 bis 10 Uhr vormittags sind die Arbeiter
mit der Milch in der Faktorei, wo sie von ihnen
nach Litern übernommen wird.
Die gewonnene Milch wird, nachdem sie durch
ein Tuch filtriert worden ist, auf Teller gegossen,
um darauf zu koagulieren. Wenn die Teller nicht
ausreichen, wird die Gummimilch in zylindrische
Blechgefäße gegossen. Nach etwa 24 Stunden ist
der Kautschuk in der Milch koaguliert, ohne daß
irgend ein Zusatz gemacht worden ist. Dann
nimmt man den koagulierten Kautschuk aus den
Gefäßen und wäscht ihn mit Wasser tüchtig aus.
Der gewaschene Kautschuk wird auf einer Holzplatte
ausgerollt, so daß er die Form runder Platten an-
nimmt. Die in den Blechzylindern koagulierte Milch
wird vorher in Scheiben von 1 cm Dicke geschnitten.
Der so vom Wasser möglichst befreite Kautschuk
wird dann auf einige Stunden in die Sonne gelegt,
um schnell weitere Feuchtigkeit zu verlieren und
schließlich mehrere Wochen oder Monate lang, je
nachdem die Witterung es erfordert, zum vollstän-
digen Trocknen in luftigen Räumen ausgelegt.
Der auf diese Art gewonnene Kautschuk ist von
reinerer Qualität als der in den Erdgruben ge-
wonnene; immerhin behält auch dieser einen unan-
genehmen Geruch und die Qualität erreicht nicht
die des Hevea-Kautschuks.
Für jede abgelieferte Kanne mit 2½ 1 flüssiger
Gummimilch erhält der Arbeiter 1600 Reis. Zu-
weilen kommt es auch vor, daß die Arbeiter teilweise
schon koagulierte Milch nach der Faktorei bringen.