Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Die koagulierten Teile bleiben beim Durchgießen der 
Milch durch ein Tuch auf demselben zurück und 
werden zum Sernamby getan. Die schon koagulierte 
Milch, sowie der von den Bäumen abgesammelte 
Gummi (Sernamby) wird zum halben Preise be- 
rechnet. Die Milch wird bei der Ablieferung mit 
Marken bezahlt, die beim Wareneinkauf in der 
Venda, dem Verkaufslokal der Pflanzung, sowie bei 
den Geschäftsleuten der Umgebung als Bargeld in 
Zahlung genommen werden. Am Ende jeder Woche 
werden die Marken auch auf der Pflanzung selbst 
gegen Bargeld umgewechselt. Die Arbeiter, welche 
die Milch weiter verarbeiten, stehen im Tagelohn 
und erhalten 1000 bis 1500 Reis pro Tag, andere 
Feldarbeiter 600 bis 1000 Reis. Handwerker, 
wie Zimmerleute usw., bekommen bis zu 5000 Reis 
pro Tag. 
Die Gummimilch liefert je nach der Feuchtigkeit 
der Witterung und der Eigenart der Bäume 50 bis 
60 v. H. trockenen Gummi, so daß aus 2¼ 1 Milch 
etwa 1¼ kg trockener Gummi gewonnen wird. Der 
auf das Kilo Gummi entfallende Arbeitslohn stellt 
sich demnach auf etwa 1500 Reis. 
Der Ertrag des einzelnen Baumes an trockenem 
Gummi ist schwer festzustellen, da während der 
sechsmonatlichen Arbeitszeit nicht alle Bäume täglich 
gezapft werden. Nach Schätzung des Leiters der 
Pflanzung beträgt er etwa ½ Pfund per Baum, 
und die Lebensdauer eines Baumes kann bei regel- 
mäßiger, vorsichtiger Zapfung auf 10 bis 14 Jahre 
angenommen werden. Da die Zapfung erst mit 
dem sechsten Jahre beginnt, ist die Ertragsfähigkeit 
auf 6 bis 8 Jahre beschränkt. Während dieser 
Zapfzeit entwickelt sich aber so viel junger Nach- 
wuchs zu zapffähigen Bäumen, daß die Produktions= 
fähigkeit auf gleicher Höhe erhalten werden kann. 
Auf den Manicobapflanzungen im Staate Cearáä+ 
wird meistens noch etwas andere Bodenkultur ge- 
trieben, gewöhnlich werden Mandioca, Mais, Bohnen, 
Kaffee und Zuckerrohr angepflanzt. Während Man- 
dioca, Mais und Bohnen nur dem eigenen Bedarf 
oder dem des Arbeiters dienen, werden Kaffee und 
Zuckerrohr oder der aus dem Zuckerrohr gewonnene 
Branntwein (Cachaca) auch verkauft. Auf der 
„Brazilian Plantation-Estate Ltd.“ wird die Ver- 
arbeitung von Zuckerrohr in größerem Maßstabe 
betrieben; die Produktion beträgt dort jährlich etwa 
75 000 1 Branntwein (Cachaca). Die Art der 
Herstellung ist die gleiche wie im Staate Pernam- 
buco; davon wird noch die Rede sein. 
Die von mir besuchten Manicobapflanzungen 
im Staate Ceará werfen, soweit sie sich im Besitze 
ausländischer Gesellschaften befinden, meist keine oder 
nur eine geringe Rente ab, trotzdem die hohen 
Preise des Gummis unter normalen Verhältnissen 
wohl einen Gewinn lassen müßten. Teilweise liegt 
dies daran, daß die Anlage sich zu teuer stellt, 
weil nicht ökonomisch gewirtschaftet, teilweise auch 
daran, daß die Pflanzung bei ihrer Umwandlung 
  
in eine Gesellschaft zu hoch bewertet wurde. So 
wird z. B. von der „Brazilian Plantation-Estate 
Ltd.“ erzählt, daß diese Pflanzung seiner Zeit für 
150 000 Milreis angekauft und daß sie bei ihrer 
Umwandlung in eine Gesellschaft mit 180 000 S 
bewertet worden ist. (Schluß folgt.) 
Die Baumwollindustrie in Oittel-Europa. 
Von dem Spezialagenten des Department of 
Commerce and Labor W. A. Graham Clark ist 
kürzlich in Washington eine Druckschrift unter dem 
Titel „Cotton Fabrics in Middle Europe: Ger- 
many, Austria-Hungary, Switzerland“ erschienen, 
welche dem amerikanischen Repräsentantenhause 
vorgelegt worden ist. In der Schrift sind be- 
sonders eingehend die Verhältnisse der deutschen 
Baumwollindustrie geschildert und durch Berichte 
der amerikanischen Konsuln in den beteiligten 
Hauptindustrieplätzen erläutert worden. 
— — 
Baumwollentkörnung der Ernte 1908 in den 
Vereinlgten Staaten von Amerika. 
Die Zensusabteilung des Bundesamts für 
Handel und Arbeit in Washington hat am 
20. März 1909 ihren Bericht über die Menge 
der bis Ende Februar durch die Entkörnungsan— 
stalten der Vereinigten Staaten von Amerika ge— 
gangenen Baumwolle der Ernte 1908 heraus- 
gegeben, welcher annähernd die ganze Saison 
umfaßt, jedoch Anfang Mai durch einen Schluß- 
bericht ergänzt werden wird. 
Das Durchschnittsgewicht der Baumwollballen 
im Baumwollerntejahre 1908/09 beträgt diesem 
Berichte nach 505,8 amerik. Pfund gegen 502,2 
im Vorjahre und 510,9 im Jahre 1906/07. 
Um einen sicheren Vergleich des Ernteergeb- 
nisses zu ermöglichen, ist das Gewicht der Ernte 
in Ballen von 500 Pfund umzurechnen, wonach 
sich das diesjährige Ergebnis auf schätzungsweise 
13 563 942 Ballen (je zwei zylindrische gleich 
einem würfelförmigen gerechnet) stellt gegen 
11 375 461 Ballen im Vorjahre und 13 595 498 
Ballen 1906/07. 
Zu dieser Gesamtmenge lieferten in 1000 
Ballen: Alabama 1372, Arkansas 1056, Ge- 
orgia 1977, Louisiana 486, Mississippi 1702, 
Nordkarolina 661, Oklahoma 705, Süd-Carolina 
1193, Tennessee 359, Texas 3908, andere 
Staaten 136. 
Sämtliche Zahlen schließen Linters (die den 
Samenkörnern anhängenden Fasern, welche erst 
in den Olmühlen von denselben entfernt werden 
und in diesem Jahre eine Menge von annähernd 
400 000 Ballen ausmachen dürften) ein.
	        
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