Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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verwundet wurde. Am 19. Januar 1908 griffen 
dreizehn berittene Hottentotten in einer stürmischen 
und finsteren Nacht das Lager einer bei Nanib 
tätigen Bohrkolonne an. Die Wachsamkeit des 
auf der Düne patrouillierenden Postens vereitelte 
den Überfall. Diese Fälle bewiesen zur Genüge, 
daß der Feind nicht willens war, sich auf die 
Abwehr zu beschränken, sondern, wo sich ihm 
nur eine Gelegenheit bot, sein Räuberhandwerk 
in alter Weise fortzuführen, und daß er darum 
sich auch nicht scheute, seine Späher weit ins 
deutsche Gebiet hinein vorzuschieben. Eine Ver- 
folgung scheiterte jedesmal bei dem Vorsprung, 
den der Gegner sich zu wahren wußte, an 
Wassermangel. 
Daß die gefährlichen Friedensstörer unschädlich 
gemacht werden mußten, darüber konnte kein 
Zweifel herrschen. Bildeten doch die wohlbe- 
waffneten Banden eine stete Gefahr für jeden 
Farmer und Frachtfahrer, für jede Transport-- 
kolonne am Auob und Nossob, so daß von einer 
ruhigen Farmbesiedelung ohne starke militärische 
Besatzung in der Nähe der Kalahari keine Rede 
sein konnte. Aber das bisher geübte Verfahren 
versprach keinen Erfolg. Man entschloß sich da- 
her auf deutscher Seite im Sommer 1907 dazu, 
einen neuen entscheidenden Schlag erst zu unter- 
nehmen, wenn alle für eine Expedition in die 
wasserlose Wüste notwendigen Vorbereitungen im 
weitesten Umfange getroffen sein würden. Bei 
der Vielseitigkeit der entgegenstehenden Hindernisse 
mußten Monate darüber hingehen. Es fand sich 
der rechte Mann, das schwere Werk durchzuführen. 
Seit April 1907 führte Hauptmann v. Erckert 
das Kommando im Nord-Namas-Lande und be- 
trieb die Vorbereitungen zur Erpedition mit rast- 
loser Tatkraft, Meisterschaft und einer selbst bei 
entmutigenden Vorfällen stets gleichbleibenden 
Hoffnungsfreudigkeit. 
Die Kalahari, das Operationsgebiet Erckerts, 
ist eine leicht gewellte Ebene, ein ausgeprägtes 
Dünengelände mit üppigem Graswuchs und strich- 
weise mit lichtem, oft auch dichtem Busch be- 
standen. Der Boden ist tiefer, roter Sand mit 
Kalksteinunterlage, von zahllosen Löchern durch- 
siebt und von Wildspuren durchkreuzt. An den 
Ufern des unteren Nossob ziehen sich lichte Wald- 
streifen entlang, die sich nach Osten in Dornen- 
wald fortsetzen und später in dichtesten Buschwald 
— wie im Herero-Lande — übergehen. Das 
Vorwärtskommen, besonders von Kamelen, ist da- 
durch sehr erschwert. Die Uferränder des Auob 
und Nossob sind steil abgesetzt und bestehen aus 
häufig eingerissenem Kalk. Längs des unteren 
Nossob steigt das Dünengelände zu beiden Seiten 
beträchtlich an, die Talsohle aller Reviere ist eben 
und fahrbar. Der Auob führt wenigstens noch 
  
in seinem Oberlauf bis Haruchas meist reichlich 
Wasser, weiter südlich versiegt er mehr und mehr 
und wird schließlich ganz trocken. Der Elephanten- 
Fluß verdient kaum noch den Namen eines 
Flusses, er bildet auf lange Strecken nur ein 
flaches und ebenes Dünental, das nicht einmal 
immer als Revier erkennbar ist. Der Nossob 
weist das letzte sichere Wasser bei Arahoab auf 
und ist für gewöhnlich noch ärmer an Wasser als 
der Auob. Ostlich von ihm fehlt fließendes 
Wasser vollständig. In diesem oder jenem Vley 
kann bestenfalls in ergiebigen Regenzeiten auf 
Wasser von wechselnder Genießbarkeit gerechnet 
werden. 
Die größte Schwierigkeit, die es zu überwinden 
galt, lag mithin in der Wasserversorgung der 
Truppe. Ursprünglich hatte man geglaubt, durch 
den Genuß von Tsamasfrüchten,) wilden Wasser- 
melonen, einen Ersatz für das fehlende Wasser 
zu finden. Angestellte Versuche erwiesen jedoch 
bald, daß dies für eine größere Expedition un- 
durchführbar war. Wohl brachten es einzelne 
Patrouillen auf diese Weise dahin, bis zu zehn 
Tagen und noch länger in der Wüste zu leben 
und dabei wasserlose Strecken von über 300 km 
Länge zu durchziehen, aber größere Unterneh- 
mungen konnten auf die Versorgung mit Tsamas- 
früchten nicht basiert werden. Denn die Gegenden, 
in denen sie sich in reicher Fülle finden, find 
durch weite Durststrecken voneinander entfernt, 
und nur Buschleuten ist ihre genaue Lage be- 
kannt.““") Auf Pferde, die nicht von jung auf 
an die Frucht gewöhnt sind, wirkt der Genuß 
der Tsamas ungünstig ein, die Gelenke schwellen 
dick an und die Leistungsfähigkeit vermindert 
sich dadurch erheblich. Schon die Witbois, die 
1905 auch in die Kalahari gewichen waren, hatten 
dort infolge der Anstrengungen und besonders 
durch Wassermangel viel Menschen und Vieh ver- 
loren und drängten nach einiger Zeit aus Ver- 
zweiflung an die alten Wasserstellen zurück. Nur 
die Simon Kopper-Hottentotten und Buschleute 
sind seit Menschenaltern an den ausschließlichen 
Tsamasgenuß für längere Zeit gewöhnt. Ohne 
Wasser kann die Werft samt Tieren wochenlang 
leben, ohne Tsamas nicht. Diese gibt ihnen feste 
und flüssige Nahrung. Allerdings find dazu 
große Mengen der Frucht erforderlich, die Werft 
ist daher in ihren Bewegungen an die Tsamas- 
  
  
*) Diese Frucht wächst an Erdranken, wird o 
groß wie eine Kegelkugel und enthält in ihrer Reife 
neben vielen Kernen einen fade schmeckenden, aber sehr 
reichlichen Saft. 
") Diese legen sich für ihre Patrouillen auch in 
den Durststrecken kleine Tsamasmagazine an. (UVgl. 
auch den Aufsatz des Leutnants v. Gersdorff über 
„Feldkost" im „Deutschen Kol. Bl.“ 1908, Nr. 19, 
S. 949 ff.)
	        
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