412 Kurfürst Friedrich August II.
übernehmen, überließ er seinem geschäftigen Gegner das Feld.
Bei seiner Rückkehr durch den Pater Liegeritz von Brühls
Machinationen unterrichtet, drang er auf dessen Entfernung;
es war zu spät: am 5. Februar 1738 wurde er „wegen gegen
den König bewiesenen respectwidrigen Benehmens“ seiner sämt-
lichen Würden mit Ausnahme der eines Kabinetsministers und
eines Generals der Infanterie enthoben und zog sich nach
Polen zurück, wo er 1752 vom Kaiser zum Fürsten erhoben
sich im Privatstande dem Genusse seines ungeheuren aber wie
es scheint mehr auf Kosten Polens als Sachsens zusammen-
gescharrten Vermögens überließ. Am Abend seines Sturzes
ließ Brühl die Oper Clemenza di Tito aufführen. Kaum
aber sah er sich am Ziele, als er auch die Königin und
Guarini wieder beiseite schob und sich durch die raffinirtesten
Mittel im Alleinbesitze der Macht festsetzte. Das Vertrauen
des Königs in seinen Günstling war unbegrenzt. Zufrieden,
nie mit den ihm so verhaßten Negierungsgeschäften behelligt zu
werden, seinen Liebhabereien ungestört nachgehen zu können und
die einzige Sorge, die ihn beschäftigte, nämlich die, woher das
Geld zur Fortführung des Hofstaats zu beschaffen, sich abge-
nommen zu sehen, überließ er seine Person und den Staat
willenlos seiner Leitung, während Brühl mit großem Geschick
den trotz seiner Charakterschwäche auf seine Auctorität eifersüch-
tigen Monarchen in dem Wahne erhielt, als ob er selbst re-
giere. Im Jahre 1746 wurde er zum Premierminister er-
nannt, eine bis dahin in Sachsen unbekannte Würde. Allein
weit entfernt sich damit zu begnügen machte er sich dadurch,
daß er sich Amt auf Amt aneignete, zum Herrn aller wichtigen
Verwaltungszweige, die er daun, ohne die Möglichkeit und ohne
die Fähigkeit sie selbst auszufüllen, lauter von ihm abhängigen
Kreaturen überließ 1). Die Zahl seiner zuverlässigen Werk-
1) In Sachsen war er Premier-, Kabinets= und Conferenzminister,
wirklicher Geheimerrath, General der Infanterie, Oberster über ein Re-
giment Chevanxlegers und über eins zu Fuß, Oberkämmerer, als welcher
er an Stelle des zeitherigen Oberhofmarschalls an der Spitze des gesamten
Hosstaates stand, Kammerpräsident, Obersteuer-, Generalaccis -, Ober-