Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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von den Wasserstellen. Diese Gewohnheit werden 
sie vermutlich aus der Zeit beibehalten haben, 
wo noch viel großes Raubzeug im Lande war, 
welches nachts an die Wasserstellen kam. Das 
Gerippe der Pontoks besteht aus Asten und 
Zweigen, die bienenkorbförmig gebogen und mit 
Baumrinde zusammengebunden werden. Die 
Zweige werden dann mit Gras bekleidet. An- 
gelegt sind die Werften fast stets an den fast 
undurchdringlichen Hackiesbüschen, in die die Be- 
wohner beim Nahen einer Gefahr fliehen, ohne 
daß es möglich ist, ihnen mit Pferden zu folgen; 
zu Fuß sind sie natürlich in dem ihnen vertrauten 
Gelände erst recht nicht zu erreichen. Werden 
die Eingeborenen beunruhigt, so bauen sie ihre 
Pontoks nur aus Zweigen und Baumrinde im 
dichten Busch. An einer solchen Behausung kann 
man auf wenige Schritte vorbeireiten, ohne sie zu 
bemerken, so wenig hebt sie sich von der Um- 
gegend ab. 
Das Hausgerät ist sehr einfach. Es besteht 
aus Kochtöpfen, alten Eimern und Bilechtassen, 
die sie gefunden oder von ihren früheren Herren 
mitgenommen haben. Ferner aus ausgehöhlten 
Baumstümpfen, in denen die Wasserwurzeln zer- 
quetscht und die roten Beeren der Oschä mit 
Wasser gestampft werden. Außerdem gehören 
hierzu Buschäxte, Pfriemen zur Anfertigung von 
Feldschuhen und Felldecken, eine Büchse mit 
Zünder, dazu Feuerstein und Stahl. Der Zünder 
wird aus morschem Holz oder Baumschwamm 
gewonnen. Außerdem liegen viele alte Eisenteile 
herum, aus denen Pfeil= und Speerspitzen ge- 
schmiedet werden, und die zum Herstellen der 
Fangpützen gebraucht werden. Beim Durchsuchen 
von Werften finden sich in den Wänden der Pon- 
toks im Grase oftmals Verstecke. Auf dem Marsche 
wird das ganze Gerät von den Weibern und 
Kindern auf dem Rücken und Kopf getragen. 
Die Bekleidung ist eine denkbar einfache. Ab- 
gesehen von den paar Lumpen, die einige von 
ihren früheren Herren noch besitzen und für feier- 
liche Gelegenheiten (wenn sie z. B. wieder einge- 
fangen werden) aufsparen, besteht sie bei den 
Männern aus gegerbtem Steenbock= oder Deukerfell. 
Einige tragen Feldschuhe, die sie aus der Haut 
des Gemsbocks und Kudus selbst fertigen. Der 
Gemsbock liefert das Oberleder, der Kudu die 
Sohle und der Steenbock die Riemen zum Nähen 
und Zubinden. Die Weiber sind je nach Alter, 
Schönheit und der Galanterie ihrer Männer in 
einen Mantel oder Umhang aus gegerbtem Deuker- 
oder Steenbockfell oder in Felldecken von Schakal 
und Löffelhund, oft geziert durch einen Leoparden, 
gehüllt. Die Säuglinge werden von den Müttern 
auf dem Rücken getragen, die Kinder laufen 
nackt herum. 
  
Um die Fußknöchel tragen die Weiber einen 
Schmuck aus Eisenkugeln, jede in der Größe einer 
kleinen Walnuß, ausgeret auf einem Riemen. 
In die Kugeln sind Kerben eingefeilt und je nach 
dem Wohlstand werden mehrere dieser schweren 
Fußringe übereinander getragen. Hübsch sieht es 
nicht aus. Um die Handgelenke werden Arm- 
bänder von Eisendraht oder Leder getragen, bei 
Frauen in größerer Zahl. Auch schmücken diese 
ihren Hals mit Ketten aus Glasperlen oder den 
Schalen der Straußeneier. Zum Sammeln der 
Feldkost trägt der Feldeingeborene eine Leder- 
tasche in der Form unserer Jagdtaschen. Hierzu 
benutzen die Weiber ihren Umhang. Um die 
verschiedenen Arten der Feldkost aus dem Sand 
zu graben, wird ein zugespitzter und am Feuer 
gehärteter Stock verwandt. Die Männer tragen 
eine Keule, die ebenfalls zum Kostgraben benutzt, 
am dünnen Ende zugespitzt ist; gewöhnlich dient 
sie als Waffe und wird mit ihr das in Schlingen 
oder Schlageisen gefangene Wild getötet. 
Auch wurden vielfach Bogen; Pfeile und 
Speere gefunden. Der Hererobogen ist nicht so 
klein wie der Buschmannbogen, sondern beinahe 
mannshoch, die Sehne auf beiden Seiten fest. 
Die Pfeile sind teils mit Eisenspitzen, mit oder 
ohne Widerhaken, versehen, teils nur zugespitzt 
und im Feuer gehärtet. Außerdem sind sie mit 
Perlhuhnfedern gefiedert. Vergiftete Pfeile wurden 
nicht gefunden, obwohl der Feldherero auch die 
Zusammenstellung des Buschmanngiftes kennt. 
Als Speer wird ein 2 m langer, etwa daumen- 
dicker Schaft verwandt, an oder in welchem eine 
Eisenspitze mit Riemen von Wildleder befestigt 
ist. Als Jagdgerät finden noch Schlingen aus 
selbstgefertigten Stricken oder Kabeldraht Ver- 
wendung. Die sehr gut und fest gearbeiteten 
Stricke werden aus einer Agavenart gefertigt. 
Diese wird getrocknet geklopft und die gewonnenen 
Fasern verarbeitet. Die Stricke sind so fest, daß 
sie im Handel Verwendung finden könnten. 
Die Sorge für den Lebensunterhalt ist im 
großen und ganzen so verteilt, daß das Sammeln 
der Feldkost und Wasserholen Sache der Weiber 
und Kinder ist, während die Männer der Jagd 
obliegen. Sind nicht genügend Blechgefäße vor- 
handen, so wird das Wasser in Schläuchen von 
gestreiftem Steenbockfell oder in Straußeneiern 
von den entfernten Wasserstellen geholt. Man 
darf nicht vermuten, daß keine Eingeborenen im 
Felde sind, wenn man keine Spuren am Wasser 
findet. Hunderte gewinnen zur Trockenzeit die 
nötige Feuchtigkeit nur aus der Wasserwurzel. 
Eine Werft, die unabhängig von Wasserstellen 
lebt, baut ihre Pontoks an einen Ort, wo viel 
von diesen Knollen wachsen. Es gibt enorme 
Exemplare von Wasserwurzeln. Große Lager von 
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