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Sand, auf die unsere Kamele auf den Knieen
hinaufkletterten; auf der Abstiegseite traten sie den
Sand ab. Hierbei, wie auf dem Marsch auf den
schmalen Spitzenkämmen, kamen die Kamele öfters
zu Fall. Sie mußten dann abgesattelt und der
Boden mußte abgetreten werden, um den Kamelen
eine möglichst wagerechte Flüche zum Aufrichten
und Aufstehen zu geben. Während bei den mit
Stechgras bewachsenen Dünen im allgemeinen
Dünen und Dünentäler in der Richtung von
Nordnordwest nach Südsüdost zogen, war im
Flugsand eine bestimmte Richtung nicht erkennbar.
Es herrschte ein wildes Durcheinander von Dünen
und Kesseln.
Nach zwölfstündigem Marsch trafen wir am
13. August in Hauchab ein. Um zu der Wasser-
stelle Harus (Rietgras) zu gelangen, mußte ein
Paß überschritten werden, der bis zu seiner Höhe
mit Flugsand bedeckt ist und zu einer von Bergen
eingeschlossenen, nach Nordwest offenen kleinen
Fläche führt. Nach Überschreiten der Fläche
kommt man an der westlichen Seite in eine
Schlucht, in der zwei Quellen mit leicht brackigem
Wasser liegen. In der Schlucht und an ihrem
Ausgang wächst etwas Gras, am Fuße der Berge
stehen Brackbüsche.
In Hauchab (Plattklippe) fanden wir Leute,
die in der Gegend nach Diamanten schürften.
Von diesen wurde die Wasserstelle Mios genannt
und als das sagenhafte „Paradies“ bezeichnet.
Der Irrtum wird wohl dadurch entstanden sein,
daß Buschleute von Bergen erzählt hätten, die
weiß seien und, wenn die Sonne hinausscheine,
blendeten. Hauchab und Uri-Hauchab (weißer
Hauchab) dürften vielleicht demnach als die sagen-
haften Diamantberge anzusehen sein, die aber
aus Quarz bestehen.
An der Wasserstelle Harus fanden wir an
einem Felsen Buschmannszeichnungen, mit
Holzkohle gemalt, anscheinend einen Mann und
Pfeile darstellend. Die von mir über die Be-
deutung befragten Buschleute gaben an, daß es
Spielereien von Buschmannskindern seien.
Auf dem Marsche mußte bei Dunkelheit alles
aufgeschlossen bleiben, weil bei dem Uberklettern
und Umgehen der Dünen leicht der Anschluß ver-
loren gehen konnte. So war einmal nur für
kurze Zeit durch ein hingefallenes Kamel die
Verbindung verloren gegangen. Ein Leuchtpistolen-
signal des schließenden Unteroffiziers benach-
richtigte die Spitze, die mit einem Signal ant-
wortete. Es wurde gehalten und bis Tages-
anbruch gewartet. Trotz der nur kurzen Ent-
fernung der beiden Trupps war eine Augen-
verbindung nicht möglich, und da die Spur
während der kurzen Pause bereits verweht war,
mußte ich Eingeborene auf hohe Dünen schicken,
um die Verbindung wiederherzustellen.
Während der Dunkelheit waren wir nach den
Sternen marschiert und richteten uns jetzt nach
Kompaß und Sonne. Am Morgen des 14. kamen
wir an ein etwa 3 km breites Dünental, das
von Nordwest nach Südost führte. Hier stellten
die Buschleute fest, daß wir während der Dunkel-
heit zu weit südlich gekommen waren. Wir folgten
dem Tal nach Nordwesten und machten halt, um
uns von einer hohen Düne aus zu orientieren.
Hier hatten wir den ersten Blick auf das Meer,
von dem wir durch einen etwa 7 km breiten
Dünengürtel getrennt waren. Im Nordwesten
zeigte der Buschmann einige Kuppen, hinter denen
die Wasserstelle am Strande liegen sollte. Nach
unseren Berechnungen und mit Hilfe der Karte
wurde festgestellt, daß diese Kuppen die Sylvia=
Höhen sein müßten. Im Osten sahen wir die
Berge von Guinasib, im Südosten Hauchab.
Weiter wurde festgestellt, daß der auf der Kriegs-
karte östlich Oster Kliffs eingezeichnete Berg
Hauchab ist, der tatsächlich aber weiter nord-
östlich, als auf der Karte verzeichnet, liegt.
Abends trafen wir an der Sylvia-Höhe, einem
kleinen Gebirge, ein, bei dem besonders deutlich
zwei Kuppen hervortraten. Hier fanden wir
auch die ersten Schürffelder. An einigen Schürf-
pfählen konnte man besonders deutlich das Wandern
der Dünen beobachten. Die Schürftafeln zeigten
das Datum des 17. Juli. Seit dieser Zeit waren
Schürfpfähle frei geweht, so daß sie auf der Erde
lagen; andere auf einer Düne aufgestellte Schürf-
pfähle ragten nur noch mit dem oberen Teil der
Tafel aus dem Sande heraus. Da die Schürf-
pfähle mindestens meterhoch sein müssen, hatte
sich demnach die Höhe der Düne in nicht ganz
vier Wochen um etwa einen Meter verändert.
Während der Nacht fanden wir hinter den 250 m
hohen Bergen Schutz gegen die kalten, feuchten
Winde, unter denen besonders die Kamele zu leiden
hatten. Die niedrigen, an den Felsen wachsenden
Büsche gaben zum ersten Male wieder Brennholz.
Der alte Buschmann Kheib, der seit Gorab
ein Kamel ritt, war am 13. erkrankt und am
14. gestorben; er wurde am Fußc einer Düne
begraben. Da er der einzige gewesen war, der
Meob kannte, waren wir jetzt ohne Führer
dorthin. Die Hoffnung, daß die beiden anderen
Buschleute nach seinen Beschreibungen Meob finden
würden, war recht gering. Zum Glück war
einem der Buschleute die Wasserstelle an der
Sylvia-Höhe bekannt. Wir marschierten bei Tages-
anbruch nach dem Strande, wozu wir trotz der
kurzen Entfernung noch etwa zwei Stunden
brauchten. Die letzte Düne fällt nach dem Meere
zu steil ab, ist etwa 60 m hoch und besteht aus