Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Sand, auf die unsere Kamele auf den Knieen 
hinaufkletterten; auf der Abstiegseite traten sie den 
Sand ab. Hierbei, wie auf dem Marsch auf den 
schmalen Spitzenkämmen, kamen die Kamele öfters 
zu Fall. Sie mußten dann abgesattelt und der 
Boden mußte abgetreten werden, um den Kamelen 
eine möglichst wagerechte Flüche zum Aufrichten 
und Aufstehen zu geben. Während bei den mit 
Stechgras bewachsenen Dünen im allgemeinen 
Dünen und Dünentäler in der Richtung von 
Nordnordwest nach Südsüdost zogen, war im 
Flugsand eine bestimmte Richtung nicht erkennbar. 
Es herrschte ein wildes Durcheinander von Dünen 
und Kesseln. 
Nach zwölfstündigem Marsch trafen wir am 
13. August in Hauchab ein. Um zu der Wasser- 
stelle Harus (Rietgras) zu gelangen, mußte ein 
Paß überschritten werden, der bis zu seiner Höhe 
mit Flugsand bedeckt ist und zu einer von Bergen 
eingeschlossenen, nach Nordwest offenen kleinen 
Fläche führt. Nach Überschreiten der Fläche 
kommt man an der westlichen Seite in eine 
Schlucht, in der zwei Quellen mit leicht brackigem 
Wasser liegen. In der Schlucht und an ihrem 
Ausgang wächst etwas Gras, am Fuße der Berge 
stehen Brackbüsche. 
In Hauchab (Plattklippe) fanden wir Leute, 
die in der Gegend nach Diamanten schürften. 
Von diesen wurde die Wasserstelle Mios genannt 
und als das sagenhafte „Paradies“ bezeichnet. 
Der Irrtum wird wohl dadurch entstanden sein, 
daß Buschleute von Bergen erzählt hätten, die 
weiß seien und, wenn die Sonne hinausscheine, 
blendeten. Hauchab und Uri-Hauchab (weißer 
Hauchab) dürften vielleicht demnach als die sagen- 
haften Diamantberge anzusehen sein, die aber 
aus Quarz bestehen. 
An der Wasserstelle Harus fanden wir an 
einem Felsen Buschmannszeichnungen, mit 
Holzkohle gemalt, anscheinend einen Mann und 
Pfeile darstellend. Die von mir über die Be- 
deutung befragten Buschleute gaben an, daß es 
Spielereien von Buschmannskindern seien. 
Auf dem Marsche mußte bei Dunkelheit alles 
aufgeschlossen bleiben, weil bei dem Uberklettern 
und Umgehen der Dünen leicht der Anschluß ver- 
loren gehen konnte. So war einmal nur für 
kurze Zeit durch ein hingefallenes Kamel die 
Verbindung verloren gegangen. Ein Leuchtpistolen- 
signal des schließenden Unteroffiziers benach- 
richtigte die Spitze, die mit einem Signal ant- 
wortete. Es wurde gehalten und bis Tages- 
anbruch gewartet. Trotz der nur kurzen Ent- 
fernung der beiden Trupps war eine Augen- 
verbindung nicht möglich, und da die Spur 
während der kurzen Pause bereits verweht war, 
  
mußte ich Eingeborene auf hohe Dünen schicken, 
um die Verbindung wiederherzustellen. 
Während der Dunkelheit waren wir nach den 
Sternen marschiert und richteten uns jetzt nach 
Kompaß und Sonne. Am Morgen des 14. kamen 
wir an ein etwa 3 km breites Dünental, das 
von Nordwest nach Südost führte. Hier stellten 
die Buschleute fest, daß wir während der Dunkel- 
heit zu weit südlich gekommen waren. Wir folgten 
dem Tal nach Nordwesten und machten halt, um 
uns von einer hohen Düne aus zu orientieren. 
Hier hatten wir den ersten Blick auf das Meer, 
von dem wir durch einen etwa 7 km breiten 
Dünengürtel getrennt waren. Im Nordwesten 
zeigte der Buschmann einige Kuppen, hinter denen 
die Wasserstelle am Strande liegen sollte. Nach 
unseren Berechnungen und mit Hilfe der Karte 
wurde festgestellt, daß diese Kuppen die Sylvia= 
Höhen sein müßten. Im Osten sahen wir die 
Berge von Guinasib, im Südosten Hauchab. 
Weiter wurde festgestellt, daß der auf der Kriegs- 
karte östlich Oster Kliffs eingezeichnete Berg 
Hauchab ist, der tatsächlich aber weiter nord- 
östlich, als auf der Karte verzeichnet, liegt. 
Abends trafen wir an der Sylvia-Höhe, einem 
kleinen Gebirge, ein, bei dem besonders deutlich 
zwei Kuppen hervortraten. Hier fanden wir 
auch die ersten Schürffelder. An einigen Schürf- 
pfählen konnte man besonders deutlich das Wandern 
der Dünen beobachten. Die Schürftafeln zeigten 
das Datum des 17. Juli. Seit dieser Zeit waren 
Schürfpfähle frei geweht, so daß sie auf der Erde 
lagen; andere auf einer Düne aufgestellte Schürf- 
pfähle ragten nur noch mit dem oberen Teil der 
Tafel aus dem Sande heraus. Da die Schürf- 
pfähle mindestens meterhoch sein müssen, hatte 
sich demnach die Höhe der Düne in nicht ganz 
vier Wochen um etwa einen Meter verändert. 
Während der Nacht fanden wir hinter den 250 m 
hohen Bergen Schutz gegen die kalten, feuchten 
Winde, unter denen besonders die Kamele zu leiden 
hatten. Die niedrigen, an den Felsen wachsenden 
Büsche gaben zum ersten Male wieder Brennholz. 
Der alte Buschmann Kheib, der seit Gorab 
ein Kamel ritt, war am 13. erkrankt und am 
14. gestorben; er wurde am Fußc einer Düne 
begraben. Da er der einzige gewesen war, der 
Meob kannte, waren wir jetzt ohne Führer 
dorthin. Die Hoffnung, daß die beiden anderen 
Buschleute nach seinen Beschreibungen Meob finden 
würden, war recht gering. Zum Glück war 
einem der Buschleute die Wasserstelle an der 
Sylvia-Höhe bekannt. Wir marschierten bei Tages- 
anbruch nach dem Strande, wozu wir trotz der 
kurzen Entfernung noch etwa zwei Stunden 
brauchten. Die letzte Düne fällt nach dem Meere 
zu steil ab, ist etwa 60 m hoch und besteht aus
	        
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