Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Kaum tritt man in die Urwaldparzelle ein, 
so neigt sich der Pfad plötzlich und steil in die 
Tiefe, in eine Art Kessel oder richtiger „Trichter“; 
zuerst sieht man nur üppigen wirren Busch, aus 
dem Baumriesen von etwa 30 m Höhe kerzen- 
gerade emporragen. Kommt man bis etwa zur 
Hälfte dieses Bergtrichters hinab, so starrt einem 
von Süden her, aus dem Grün und der Wildnis 
auftauchend, eine senkrechte Felswand entgegen, 
deren Anblick um so mächtiger wirkt, als über 
ihr der Trichter sich in steilem Aufstieg mit den- 
selben Baumriesen fortsetzt. Gegen die Sohle 
hin öffnet diese senkrechte, halbrunde Felswand 
plötzlich einen Schlund von gigantischer Größe, 
in einer Weite von 43 m, in einer Höhe von 
21 m, wie wir nachher durch Messung feststellten. 
Die Schwelle dieses Schlundes und auch die erste 
Hälfte der „Vorhalle“ ist nicht eine Gerade, 
sondern gegen die Mitte hin durch das Wasser 
ausgebuchtet, während die Seitenwände dieses 
Schlundes von an= und eingeschwemmten Erd- 
massen und Steintrümmern verschüttet sind, so 
daß der Schlund ehemals weit größere Dimensionen 
gehabt haben dürfte. Daß die Grundschwelle 
ehedem viel breiter als heute nach mächtigen 
Verschüttungen gewesen sein muß, beweist die 
Innenweite der „Vorhalle“", welche 65 m beträgt, 
sowie eine kleine, fast völlig durch Steintrümmer 
und Erden verschüttete Lichtöffnung in der linken 
Ausbuchtung vom Eingang ans, woselbst man 
auch auf eine Art Brunnen mit trinkbarem Wasser 
von ziemlicher Tiefe stößt. 
Sobald man unter diesem monumentalen 
Portale steht, ist man unwillkürlich überwältigt 
von dem ersten Eindruck, der übrigens die ge- 
waltigen Dimensionen noch gar nicht zum Be- 
wußtsein kommen läßt, dagegen bedeutend ver- 
stärkt wird durch die eigenartige hellgrüne Dämmer-- 
beleuchtung, hervorgerufen durch das einfallende 
Tageslicht und die zarte Algenvegetation, welche 
das ganze Gestein überdeckt. 
Die „Vorhalle“ ist nach ihrem Gewölbe einem 
ungeheuren Backofen zu vergleichen, dessen Vorder- 
wand fehlt, dessen Gewölbe nach rückwärts — 
von der Mündung aus gesehen — in dunkle 
Tiefen, in einen gewaltigen Schlauch, die Fort- 
setzung der Höhle, deren Mittelstück, verläuft. 
Die Höhle insgesamt, wie sich besonders in ihrer 
„Vorhalle“ und in ihrem Ausgange nach Süd- 
osten gut beobachten läßt, zeigt durchweg hori- 
zontale Schichtung des Gesteins, anscheinend fein- 
körnigen Sandsteins. Der schichtenweise Aufbau 
dieses an sich einheitlichen Gesteins zeigt sich 
besonders an den Erosionsspuren der Höhle: das 
Gewölbe verläuft nicht in glattem Halbrundbogen, 
sondern in schmalen, aber öfters ziemlich breiten 
  
Stufen; man wird selten, wenn überhaupt, halb- 
runde Ausschleifung konstatieren können. Der 
Gesamteindruck natürlich, der die Einzelheiten 
verschwinden läßt, ist der eines ungeheuren Ge- 
wölbes, dessen Ausdehnung man sich vergegen- 
wärtige an den Maßen: 21 m Höhe im Scheitel 
— wobei eigentlich die ganze eingeschwemmte 
Erd= und Steinmasse von der Höhlensohle aus 
zu berechnen und zu den 21 m zu addieren wäre —, 
65 m Breite und etwa 140 m Tiefe. Für die 
Tiefe der „Vorhalle“ können wir kein festes Maß 
angeben, weil die „Vorhalle“ nach rückwärts in 
die Mittelpartie unvermerkt übergeht, wir sonach 
nur die Gesamtlänge der ganzen Höhle (329m) 
gemessen haben. Von dieser Gesamtlänge schätzen 
wir etwa 50 m auf die Mündungshöhle im Süd- 
osten, während die Mittelpartie und die „Vorhalle“ 
ziemlich gleich, also je 140 m, lang sein dürften. 
Die „Vorhalle“ weist vom Eingang her gegen 
die Mittelpartie hin ein ziemlich starkes Gefälle 
aus, hervorgerufen durch die eingeschwemmten 
Erd= und Steinmassen, welche die Regenzeiten 
im Laufe der Jahrtausende aus dem Trichter in 
das Innere der Höhle transportiert und ab- 
gelagert haben. Auf gleiche Herkunft dürfen wir 
auch die mehr oder weniger großen Steintrümmer 
zurückführen, welche zerstreut herumliegen, aus 
den Erden aufragen und ganz besonders den 
Zugang zur ersten Strecke der Mittelpartie er- 
heblich erschweren. Die ganze Höhlensohle ist 
mit seit Jahrtausenden angesammeltem Guano 
zahlloser Fledermäuse bedeckt, dessen eigenartiger 
Geruch sich besonders in der Mittelpartie be- 
merkbar macht. 
Folgen wir dem vom „Trichter“ her ein- 
tretenden Wasserriß in die Tiefe gegen den Hinter- 
grund der Höhle zu, so werden wir nach rechts 
hingewiesen, wo die sich ehedem stauenden und 
aufwirbelnden Wasser seltsame Gebilde aus dem 
festen Gestein herausgearbeitet haben. Man glaubt 
plötzlich vor einem Portal zu stehen, dessen untere 
Hälfte verbarrikadiert ist von einem stehengeblie- 
benen Stein, dessen Hinterseite in den Augen der 
Eingeborenen einer ngoma (Negertrommel) gleicht. 
Vielleicht hat von dieser den Neger besonders 
interessierenden Eigenheit die ganze Höhle mit 
ihrem Berge bzw. der ganze Berg mit seiner 
Höhle den Namen nangoma erhalten. 
Soweit ich urteilen kann, ist dieses „Portal“ 
gebilde nicht gleichzeitig mit der Erosion der 
unteren Höhlenhälfte entstanden, sondern — an 
Tropfstein ist hier gar nicht zu denken — erst 
viel später durch Einwirkung der Alluvialwasser; 
wären diese in dauerndem Fluß und in alter 
Gewalt geblieben, so würden sie zweifelsohne 
hier in der Höhle fortgearbeitet und eine Neben- 
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