Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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Koloniatwirtschaftliche Mitteilungen. 
Der Baumwollbau in Togo, 
seine bisherige Sntwickiung und sein jetziger Stand. 
Durch geschichtliche Überlieferung ist erwiesen, 
daß der Baumwollbau und die Kunst Baumwoll- 
zeuge zu weben, bei den Eingeborenen Westafrikas 
schon im 17. Jahrhundert bekannt, ja sogar 
ziemlich verbreitet gewesen ist. Auch in Togo 
haben die Eingeborenen von altersher fast im 
ganzen Schutzgebiet Baumwolle gebaut. Das Ver- 
spinnen der selbsterzeugten Rohbaumwolle und 
das Verweben der einheimischen Garne ist in 
den meisten Teilen des Schutzgebiets schon lange 
vor der Besitzergreifung durch das Deutsche Reich 
in Übung gewesen. Die Eingeborenen sind also 
mit dem Baumwollbau seit langer Zeit bekannt. 
Die Baumwollproduktion der Eingeborenen des 
Schutzgebiets hatte freilich immer nur den Zweck, 
ihren Eigenbedarf an Baumwolle für die An- 
fertigung der einheimischen Gewebe zu decken. 
Ein Export von Rohbaumwolle, eine Beschickung 
des europäischen Marktes hatte nicht stattgefunden. 
Eine Anderung hierin brachte der amerikanische 
Bürgerkrieg und der in seinem Gefolge auftretende 
„Baumwollhunger“, der die Preise für Rohbaum- 
wolle gewaltig emporschnellen ließ; damals — in 
den Jahren 1865 bis 1870 — trat auch die 
westafrikanische Baumwolle zum ersten Mal auf 
den Plan. 
Ein in Lome lebender, in Ague bei Anecho 
gebürtiger angesehener Eingeborener weiß noch zu 
erzählen, daß sein Vater zu jener Zeit in Porto- 
Seguro und Ague Baumwollpflanzungen anlegte, 
40 bis 45 Sklaven allein für den Baumwollbau 
hielt und auch einen Entkörner sowie eine Ballen- 
presse betrieb, deren Reste der Sohn noch heute 
in Verwahrung hat. Von sehr vielen Eingebo- 
renen soll damals Baumwolle angebaut worden 
sein. Der Vater des genannten Eingeborenen 
soll 20 bis 40 Ballen zu etwa 200 kg monatlich 
mit Segelschiffen nach Liverpool verschifft haben. 
Mehrere englische und französische Firmen kauften 
gleichfalls Baumwolle auf und verschifften sie mit 
Segelschiffen. Das Pfund erzielte damals bis 
über 2 .. Dieser Baumwollexport war jedoch 
nicht von langer Dauer; nachdem der Preis 
wieder gesunken war, wurde das Geschäft wegen 
der darauf lastenden hohen Transport= und Ver- 
arbeitungskosten unrentabel und der Export wieder 
aufgegeben. 
Schon bald nach Übernahme der Schutzherr- 
schaft durch das Deutsche Reich im Jahre 1889 
hatte der damalige Reichskanzler Fürst Bismarck 
gutachtliche Außerungen darüber einholen lassen, 
  
„ob und in welcher Weise die Baumwoll-= 
kultur in unseren westafrikanischen Be- 
sitzungen eingeführt werden könne". Denn: 
„dem Reichskanzler erscheine der Anbau 
der Baumwolle da, wo er möglich ist, als 
eines der wichtigsten Mittel zur wirtschaft- 
lichen Förderung überseeischer Gebiete“. 
Gleich nach Gründung der Forschungsstation 
——* sind dort im Jahre 1889 Versuche 
mit dem Anbau von Baumwolle gemacht worden. 
Im Jahre 1890 wurde ein Sachverständiger 
nach dem Schutzgebiet entsandt, der „durch prak- 
tische Versuche feststellen sollte, ob die Vorbedin- 
ungen zu einer lohnenden Baumwollkultur im 
Schutzgebiet vorhanden seien“. Er nahm die 
schon vor seinem Eintreffen in Sebe bei Anecho 
in Angriff genommenen Baumwollkulturversuche 
in die Hand, legte noch weitere Versuchsfelder in 
Porto-Seguro und Lome an, führte u. a. ver- 
schiedene amerikanische Upland-Sorten ein und 
versuchte die Eingeborenen für den Baumwollbau 
zu interessieren. 
Wiederholt an die Bremer Baumwollbörse 
eingesandte Baumwollproben wurden bis zu 80 Pf. 
für ½ kg bewertet. Darunter befand sich eine 
Sorte, welche von der Baumwollbörse besonders 
zum weiteren Anbau empfohlen wurde. 
Leider wurden diese Versuche wieder auf- 
gegeben. Als Hauptgrund dafür muß die Be- 
schränktheit der der Verwaltung zur Verfügung 
stehenden Mittel bezeichnet werden. 
Die neueren Bestrebungen zur Förde- 
rung des Baumwollbaus in Togo setzten im 
Jahre 1900 ein, als das Kolonial-Wirtschaft- 
liche Komitee eine aus vier amerikanischen 
Farbigen bestehende „Baumwollexpedition“ nach 
Togo entsandte. Zunächst wurden bei Tove (Be- 
zirk Misahöhe) eine größere Baumwollversuchs- 
Pflanzung angelegt, dort eine Entkörnungsanlage 
nebst Ballenpresse aufgestellt und außerdem in 
verschiedenen Gegenden des Schutzgebiets noch 
mehrere kleine Versuchsfelder angelegt. Die Mit- 
glieder der Expedition hatten unter anderem die 
Aufgabe, die Bevölkerung zum rationellen Anban 
von Baumwolle planmäßig anzuleiten. Hierzu 
fehlte ihnen jedoch die nötige Kenntnis der Ge- 
wohnheiten der Eingeborenen und der erforder- 
liche Einfluß. Um bei den Bewohnern dieses 
Landes eine neue Exportkultur einzuführen, bedarf 
es langjähriger enger Fühlung mit den betreffenden 
Stämmen und weitreichender Autorität. Deshalb 
mußte die Verwaltung des Schutzgebiets 
einspringen, die über ein erfahrenes und im Ver- 
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