Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Unter-Kongo. Der Bau einer Eisenbahn zwischen 
Brazzaville und Pointe-Noire, die Anlage eingerichteter 
Häfen an den beiden Endpunkten dieses Schienen- 
weges, der Ausbau der Wasserläufe des Kongo= und 
des Ubangibeckens, die Schaffung eines Hafens in 
Bangui, der Bau einer Schmalspurbahn von diesem 
Platze nach Fort Crampel, die Einrichtung des Schari 
für die Schiffahrt, alles das bezieht sich auf den ersten 
Gegenstand. Der Bau der Häfen von Pointe-Noire 
und Cap-Lopeg, die Verbesserung desjenigen von 
Libreville, des Astnars des Gabun, des Deltas des 
Ogooué und dieses Stromes selbst bis hinauf nach 
N Dsjolk, der Bau einer Eisenbahn von N'Djolk nach 
Kandjama (Ober-Iwindo,), der vollständige Leuchtseuer- 
dienst an der ganzen Meeresküste, alles dies wird dem 
zweiten Bedürfnis Genüge tun. Endlich glaube ich, 
daß in das nene Arbeitsprogramm eine Angahl von 
Verwaltungsanlagen aufzunehmen ist, um insoweit das 
bescheidene Programm von 1909 zu ergänzen. So 
empfiehlt es sich, im Anschluß an die Ergebnisse, die mit 
den Versuchen drahtloser Telegraphie gemacht worden 
sind, ein ganges Netz von Funkenstationen zu schaffen, 
das die hauptsächlichsten Zenutreu des Landes verbindet, 
und dieses Netz durch eine Reihe von Telegraphenlinien 
zu vervollständigen, die, von den verschiedenen Funken- 
stationen ausstrahlend, ihren Aktionsbereich aus- 
dehnen und auf diese Weise vervollständigen, was ich 
das Nervensystem der Kolonie nennen möchte. Cs ist 
auch nach Mas#gabe des Fortschritts unseres Vor— 
dringens von Wichtigkeit, daß wir das Land tatsächlich 
in Besitz nehmen und die sanitären Einrichtungen, die 
Schul= und Verwaltungeposten vermehren, um den 
Boölkerschaften klar zu machen, daß unsere Niederlassung 
in den betreffenden Gegenden völlig endgültig ist, und 
um ihnen die Wohltaten unserer Niederlassung sofort 
zugute kommen zu lassen. 
Nun aber trifft es sich, daß das im Jahre 1909 
von Millios-Lacroi festgesetzte Studienprogramm in so 
glücklicher Meise verfaßt war, daß es nach seiner so- 
fortigen Juangriffnahme vor drei Jahren heute die 
Begründung aller Vorentwürfe der Arbeiten gestattet, 
deren Ausführung den aktuellen Forderungen entspricht. 
Die endgültigen, mit allen notwendigen Unterlagen 
(Entwürfen, Plänen und Anschlägen) versehenen Be- 
richte sind von den mit der Prüfung beauftragten 
Kommissionen und den zuständigen Dienst zweigen er- 
stattet worden. Der Juspekteur der öffentlichen Ar- 
beiten wird Ihnen in einem Sonderbericht das Ar- 
beitsprogramm auseinandersetzen, das beschlossen wor- 
den ist. Ich werde mich darauf beschränken, eine 
kurge Ubersicht darüber zu geben, indem ich mich bei 
der Einteilung der Untersuchung von den voraus- 
geschickten politischen und wirtschaftlichen Gesichts- 
punkten werde leiten lassen. 
Der grose Eisenbahn= und Schiffahrtsweg, der 
Franzosisch-Aguatorial-Afrika sein eigentliches wirt- 
schaftliches Leben, seine Einheit und seine internationale 
Unabhängigkeit geben soll, umfaßt: die Bahn von der 
Meeresküste nach Brazzaville, den Ausbau des Kongo 
und lUbangi, die Bahn von Bangui nach Fort Crampel 
und den Ausbau des Schari. Die Richltungspunkte 
dieser Linie sind die Hafenplätze von Pointe-Noirc, 
Brazzaville und Bangui, welche die wesentlichen Glieder 
der zusammenhängenden Kette darstellen, die Frankreich 
mit seinen äguatorialen Besitzungen bis hin zum Herzen 
Afrikas verbindet. 
Die vor allen anderen gerühmte Eisenbahnlinie 
zwischen Brazzaville und der Rüste ist in französischem 
Gebiet der kür zeste Weg zwischen dem Atlantischen 
Ozean und dem Stanley-Pool. Ihr Ausgangspunkt, 
Pointe-Noire, gestattet die Anlage eines großen Hafeus, 
– 
  
der für jede in Zukunft notwendig werdende Eur 
wicklung Raum bietet;: ihr Endpunkt in Brazzadil## 
am Stanley-Pool ist das natürliche Aus= und Em- 
gangstor des oberen Stromes. Sowohl vom poli 
tischen wie vom wirtschaftlichen Standpunkte aus be- 
freit diese Bahn die französische Kolonie von denr 
lästigen Monopol und der gefährlichen Bevormundung 
der belgischen Bahn Matadi-Kinshassa. 
Heutigestags beträgt der Durchgangsverkekt. 
allein nach dem oberen Aquatorial-Afrika, 12.180 Tonnen 
mit einer Einnahme von 4301 621 Franken. IZu 
Jahre 1922 wird sich die Tonnengahl, deren die sram- 
zösische Linie alsdann sicher ist, auf 38 840 Tonne- 
belaufen, ohne die Beförderung von 409. Reisende: 
nach dem Pol zu rechnen, und 10 271288 Franken 
Bruttoeinnahmen ergeben. Ulbrigens wird die iran- 
zösische Bahn nicht nur, wie die belgische, ein „eisetnet 
Kanal“ sein, der die Durchgangswaren von Ünterleng 
in das obere Flußgebiet befördert, eine Babn, die 
lediglich unüberwindliche Schnellen umgeht; sie wird 
vielmehr gegenüber ihrem Konkurrenten den unschäb— 
baren Vorteil haben, daß sie Gegenden durchauert. die 
die Ansbeutung gestatten, das Loangoland und den 
ganzen Nachbarbezirk des Meeres, der reich an Ch— 
palmen ist, die Ausläufer des Mahumbe mit 9) km 
Wald, das VBiehzuchtgebict am mittleren Niari und 
Loudima, endlich das Bergbaugebiet vom Nkenke bis 
zum Djoné, das schon seit einigen Jahren ausgebeutel 
wird. Sehr vorsichtige Aufstellungen ergeben, daß die 
Linic von Pointe-Noire aus schon von allem Aniamg 
an auf diese verschiedenen Gebiete und, ohne den 
Durchgangsverkehr in Rechnung zu stellen, auft einen 
blossen lokalen Verkehr von mehr als 34 825 Tonnen 
mit einer Einnahme von 2 634 000 Franken witd 
rechnen können. * 
Es blieb nur noch übrig, fest zustellen, ob diee 
Eisenbahn technisch möglich ist. Die Uniersuchungen. 
die von der Socicté des Batignolles in den Vorfahun 
1910/11 unter der technischen Kontrolle der Verwalmmg 
vorgenommen worden sind, haben den Beweis it- 
bracht und legen eine ohne besondere Schwierigkeiten 
durchzuführende Linie von 581 km zu einem Koilen- 
aufwande von 85 Millionen Franken fest. Die Trace. 
welche die Billigung gesunden hat, bedeutet einen sebr 
großen Fortschritt gegenüber dem alten Plan der Z- 
genieure. Das maßzgebliche Gefälle beträgt nirgende 
mehr als 20 mm, der Krümmungoradius nirgend: 
weniger als 100 m. Schienen mit einem Gewicht von 
25 ku werden normalerweise den Druck von Zugen 
zu 160 Tonnen aushalten können. Die Anlage des 
Schienenweges, für die ein Zeitraum von # Jabren 
vorgesehen ist, kann ansgeführt werden, indem zu einem 
großen Teil die lokalen Arbeitskräfte und Oilfsmiel 
nutzbar gemacht werden. Der Bau der Bahn von 
Pointe-Noire nach Brazzaville drängt sich durch io 
gewichtige Gründe auf, daß seine Verwirklichung die 
erste Stelle in dem für die Kolonie aufgestellten Pro- 
gramm der wirtschaftlichen Grundlagen einnehmen muf. 
Zu derselben Zeit, in der das Smdium des 
Schienenweges stantgefunden hat, der das Kongobecken 
mit der Meeresküste verbinden soll, galt es, für seinen 
Ausgangspunkt einen bequemen und sicheren Zugangs 
hafen zu finden. Nach einer vergleichenden Prirum 
aller Buchten, die au der Südküste als für gute Anler- 
dlätze geeignet be zeichnet worden sind (die Buchten von 
Nunbi, des Konilo, von Loango, von Pointe-IJuiienue. 
von Pointe-Noire und Côte-Matevel, hat sich die Kem- 
mission für die hydrographische Erkundung der Mecres- 
küste für Pointe-Noire eutschieden und für diesen Punkt 
eingehende Untersuchungen angestellt. Die Mulage 
eines großen Hafens in ruhigem Wasser mit eier
	        
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