Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Verbesserung ihrer Weideverhältnisse anzuhalten 
und sie so allmählich zu Viehzüchtern zu erziehen. 
Auch in den Bakossi= und sonstigen Land- 
schaften, in denen Waldlandrinder von Ein- 
geborenen gehalten werden, ist die Bevölkerung 
noch nicht soweit fortgeschritten, daß man sich 
von einer Landesviehzucht Erfolg versprechen könnte. 
Die Sennerei in Buea ist daher vorläufig 
in dieser Richtung ohne Bedeutung. Die Ab- 
gabe von Zuchtbullen erfolgt zur Zeit, wie aus 
dem Folgenden zu ersehen ist, nur an die Re- 
gierungs-Viehzuchtstationen. Dagegen hat der 
weitere Zweck der Sennerei, die Abgabe von 
Molkereiprodukten an die hier und in der Um- 
gebung angesessenen Europäer, einen großen Um- 
fang angenommen. Es ist zu hoffen, daß hier- 
durch vielleicht in Kürze sogar eine gowisse 
Rentabilität des Betriebes wird erzielt werden 
können. 
Um hier klar zu sehen, ist eine genaue Buch- 
führung eingeführt worden. Der Jahresbericht 
der Sennerei über das Rechnungsjahr 1912/13 
wird hierüber genaueres bringen. 
Eine große Schwierigkeit für den Betrieb der 
Sennerei besteht darin, daß infolge der gebirgigen 
Lage und des zum Teil sehr steinigen Bodens 
nur wenig Kraftfutter gewonnen werden kann. 
Die Grasflächen stehen, soweit sie regelmäßige 
Düngung mit Stallmist erhalten, das ganze Jahr 
hindurch sehr gut. In der Regenzeit aber, wo 
das Vieh ebenfalls dauernd auf der Weide gehen 
muß, ist es schwierig, Durchfall und Erkältungs- 
krankheiten zu verhindern. Infolge der häufigen 
Nebelbildung ist es sehr erschwert, Hen und 
Körnerfrüchte in der Regenzeit zu konservieren. 
Es erscheint aber unbedingt notwendig, die 
Leistungen des Viehs in bezug auf Milch durch 
Fütterung mit Kraftfutter zu erhöhen. Es soll 
deshalb in der nächsten Trockenzeit der Versuch 
in größerem Maßstabe ausgeführt werden, brauch- 
bares Heu zu gewinnen. Ein im letzten Jahre 
ausgeführter Versuch mit dem Anbau von „Makabo“ 
(Colocasia esculenta) hat sehr gute Erfolge ge- 
zeitigt, und augenblicklich erhält das Vieh neben 
Maisschrot eine tägliche Beigabe von gekochten 
Knollen. 
Mais kann die Sennerei selbst nicht anbauen, 
doch wird, wenn das Vorwerk, wie beabsichtigt, 
ausgebaut ist, von dort eine größere Menge 
als bisher geliefert werden können. 
Diezüchterischen Aufgaben der Sennerei 
sind aus der anliegenden Instruktion") ersichtlich. 
Hierbei sei auf folgendes hingewiesen: 
Die hier befindliche Allgäuer Herde ist, wie 
schon erwähnt, aus zwei Transporten heran- 
*) Siehe Anlage 1. 
  
gezüchtet, deren Ankauf der ehemalige Gouverneur, 
jetzige Kabinettschef Seiner Majestät des Königs 
von Württemberg, Staatsminister Frhr. v. Soden, 
seinerzeit persönlich ausgeführt hatte. Die Tiere 
stammten aus dem bayrischen Allgäu, vornehmlich 
aus Höfen in der Nähe von Immenstadt, und 
gehörten zum Teil auch der sogen. Montafuner 
Rasse an, und zwar einem minder verfeinerten 
und minder empfindlichen Schlage. 
Die Herde besteht jetzt 13 Jahre und ist hier 
akklimatisiert in einem Lande, das für die Vieh- 
zucht die extremsten Bedingungen bietet. Es. 
wäre daher von großem wissenschaftlichen und 
praktischen Interesse, wenn einmal vergleichende 
Messungen im Allgäu und hier an den Rindern 
vorgenommen und die etwaigen Veränderungen 
wissonschaftlich festgelegt würden. Es hat nämlich 
den Anschein, als ob die Durchschnittsgröße der 
Rinder hier abgenommen habe, und als ob sich 
diese auch sonst verändert hätten. 
II. Vorwerk Buca. 
Schwieriger als bei der Sennerei liegen die 
Verhältnisse beim Vorwerk Buca. In der an- 
liegenden Instruktion") ist der Zweck dieses Be- 
triebes folgendermaßen bezeichnet: 
Das Vorwerk Buca züchtet Kreuzungen zwischen 
Allgäuer Bullen und Waldlandrindern. Das Vor- 
werk hat den Zweck, den Schlachtviehbedarf von 
Buca, Soppo und Victoria zu decken, soviel 
Zugvieh heranzuziehen, als für die eigenen Zwecke 
und den Betrieb des Gonvernements in Buca 
und Victoria notwendig ist. Es fällt ihm ferner 
die Maisversorgung von Buca und Soppo zu. 
Auch auf dem Vorwerk macht der Viehbestand 
auf den Laien einen guten Eindruck. Aber auch 
hier wie auf der Sennerei fehlen besonders in 
der Regenzeit genügende Mengen von Kraftfutter. 
Man hat, da auch die europäische Bevölkerung 
von Buca mancherlei Bedürfnisse (Kartoffeln, 
Mais usw.) hat, schon frühzeitig versucht, hier 
einen geschlossenen landwirtschaftlichen Betrieb ein- 
zurichten, und hat in der Hauptsache Mais und 
Kartoffeln angebaut. · 
Um diesen Arbeiten eine feste betriebstechnische 
Grundlage zu geben, ist das ganze, dem Vorwerk 
zur Verfügung stehende Gelände durch Kompaß— 
Meßbandzüge aufgenommen und das Ackerland 
vorläufig in vier Schläge eingeteilt worden. Es 
ist ferner ebenso wie auf der Sennerei eine land— 
wirtschaftliche Buchführung eingerichtet worden. 
Sie wird in den nächsten Jahren zeigen, ob der 
landwirtschaftliche Betrieb als solcher Aussicht auf 
Rentabilität hat. Die Einführung der Pflugkultur, 
wie sie auf dem Vorwerk betrieben wird, hat 
  
*) Siehe Anlage 2.
	        
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