Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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vorläufig keine Aussicht, von den Eingeborenen 
der näheren Umgebung übernommen zu werden. 
Die Regenmenge ist zu groß, als daß man andere 
als bis jetzt heimische Kulturen bei den hiesigen 
Negern einführen könnte; außerdem ist der Boden 
zu steinig. Es ist jedoch in Aussicht genommen, 
daß dem Vorwerk, wenn es in seinem Betriebe 
eine größere Erfahrung gewonnen hat, eine 
landwirtschaftliche Schule zweiter Klasse an- 
gegliedert wird. 
Hier würden junge Bakwiri in der Viehzucht 
und in der intensiveren Pflege der von ihnen 
bisher angebauten Nahrungsmittel auszubilden sein. 
Neben der ursprünglichen Absicht, lediglich 
Viehzucht zu treiben und Züchtungs= und Kreu- 
zungsversuche anzustellen, ohne Rücksicht auf Ren- 
tabilität, ist jetzt das Bestreben vorhanden, beide 
Betriebe möglichst rentabel zu gestalten. Die Er- 
fahrungen haben gezeigt, daß eine sichere Rente 
abgeworfen werden könnte, wenn nicht die großen 
Regenmengen der Entwicklung feindlich gegenüber- 
stünden und infolge der Unbeständigkeit des Wetters 
einerseits und der großen Feuchtigkeit der Luft 
anderseits Saat und Ernte oft verdürben. 
III. Viehzucht im Dschangbezirk. 
Sehr an Bedeutung für die Viehzucht im 
Schutzgebiet hat in den letzten Jahren der Bezirk 
Dschang gewonnen. 
Hier haben die Eingeborenen bis vor kurzem 
nur das kleine Waldlandvieh und dieses in nur 
geringer Menge besessen. Selbst die größeren 
Häuptlinge haben davon nur Herden von 30 bis 
60 Stück. Der engere Dschangbezirk, das Dschang- 
hochland, ist eine der bevölkertsten Gegenden des 
Schutzgebiets. Es kommen hier auf den Quadrat- 
kilometer im Durchschnitt 35, in einzelnen Gegenden 
sogar 45 Einwohner. 
Das Land ist ein stark welliges Grasland- 
gebiet mit flachgründigem Boden. Die Be- 
völkerungsdichte und die primitive Wirtschaftsweise 
der Eingeborenen bedingen hier eine außerordent- 
liche Ausdehnung der Lebensmittelfarmen und 
eine lange Brache der Felder, die aus Not oft 
gekürzt werden muß. Die Bodenerträge sind 
daher meist ganz kümmerlich. Exportprodukte sind 
in diesem Gebiete nicht vorhanden. 
Auf den Abhängen der Berge und auf den 
Brachländereien wächst hier ein vorzügliches Weide- 
gras. Es lag deshalb nahe, der Wirtschaft der 
Eingeborenen durch Hebung der Viehzucht, ver- 
bunden mit Pflugkultur und Düngerwirtschaft, 
aufzuhelfen. Dazu schien aber das Waldland- 
vieh, das hier einen sehr schlechten Eindruck 
macht, von vornherein nicht geeignet zu sein. 
Es zeigte sich dagegen, daß im Jahre 1907/08 
  
importiertes Buckelvieh aus dem Bezirk Banjo 
an den Weidehängen der Bambutoberge vor- 
züglich gedieh. Da das Adamaua-Buckelvieh 
sowie das hier importierte Bororo-Buckelvieh 
aus dem Bezirke Banjo sehr viel wertvollere 
Rinderrassen darstellen als das Waldlandvieh, so 
war durch das vorzügliche Gelingen dieser Ver- 
suche der Weg für das weitere Vorgehen der 
Verwaltung gegeben. 
Es wurde in den Bambutobergen eine 
Viehzuchtstation gegründet und versucht, die dort 
stehende Buckelrinderherde nach Maßgabe der 
vorhandenen Mittel durch Zukauf von aus- 
gesuchtem Zuchtvieh aus dem Banjobezirk mög- 
lichst schnell zu vergrößern. Diese Herde soll 
die Stammherde für die in diesem Bezirke 
zu begründende Landesviehzucht werden, 
und es ist beabsichtigt, sie bis auf einen 
dauernden Bestand von etwa 1000 Stück 
zu bringen. Dieser Bestand wird es ermög- 
lichen, jährlich etwa 100 zur Zucht geeignete 
Rinder an die Eingeborenen des Bezirkes ab- 
zugeben. 
Zu gleicher Zeit ist man bemüht, die Ein- 
geborenen zur Beschaffung von Buckelrindern 
anzuhalten, und ihnen beim Ankauf behilflich zu 
sein. Einige größere Häuptlinge haben bereits 
bei den letztjährigen Versteigerungen von Tribut- 
vieh in Banjo durch Vermittlung der Station 
Rinder gekauft, und andere haben bei der Station 
um Ankauf von Rindern gebeten. 
Wenn dem auch vorläufig eine gewisse Groß- 
mannssucht zugrunde liegt, so ist es doch immerhin 
ein erfreulicher Anfang, der unter der dauernden 
Aufsicht der Station gute Früchte bringen kann. 
Große Schwierigkeiten bietet bei der Begründung 
der Landesviehzucht das Unverständnis, welches 
der Bantuneger der Pflege des Viehs entgegen- 
bringt. 
Es ist deshalb vom Oberleutnant Rausch, 
der sich um die Begründung dieser Viehzucht 
große Verdienste erworben hat, auf dem Stamm- 
hof in Dschang eine landwirtschaftliche 
Schule errichtet worden. In dieser werden 
jüngere Eingeborene, größtenteils Häuptlingssöhne, 
in der Behandlung des Viehs unterrichtet. Die 
hier erzielten Erfolge haben die Erwartungen 
übertroffen. Die Schüler, die am 1. Oktober 
ihre zweijährige Lehrzeit beendigt haben, sollen 
in ihre Dörfer entlassen werden und dort in der 
erlernten Weise die Häuptlingsherden beauf- 
sichtigen und Landwirtschaft betreiben. Aber es 
ist nicht anzunehmen, daß das Gewollte mit dem 
ersten Schlage erreicht wird. Alle etwaigen Miß- 
erfolge dürfen jedoch nicht davon abschrecken, das 
Endziel weiter zu erstreben: Viehzucht und Pflug- 
wirtschaft der Eingeborenen.
	        
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