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auch nicht genügend, wenn überhaupt, gedüngt
zu werden. Infolge des Holzmangels wird
nämlich der (Kuh-) Dünger in den meisten Fällen
als Brennmaterial benutzt und so dem Lande
entzogen.
Die Baumwollpreise waren im Jahre
1910/11 anormal hoch. „Fine Broach“ wurde
beispielsweise Anfang Januar 1910 in Liverpool
mit 7⅝ d gegen 4/ d um die gleiche Zeit des
Vorjahres quotiert, also nicht viel billiger als
„Middling American“, welche zur nämlichen Zeit
mit 8,05 d notiert wurde. Zwar muß gleich-
zeitig bemerkt werden, daß die Durchschnittspreise
für das ganze Jahr 1910/11 sich von 6,7 annas
pro lb Good Broach in Bombay zu 7,96 d für
Middling Upland in Liverpool verglichen. Immer-
hin nur ein verhältnismäßig kleiner Unterschied
gegen ehedem.
Die Ausfuhr stellte sich während der letzten
drei Jahre folgendermaßen: 1908/09: 1903440
Ballen im Werte von 266 874750 .77, 1909/10:
2 496 456 Ballen im Werte von 422 240 000%
und 1910/11: 2716 200 Ballen im Werte von
473 886 450 .7.
Hiervon wurden in 1000 Ballen verladen nach:
Deutschland Belgien England JZtalien Japan
1908/09 330 254 100 238 624
1909/10 375 299 144 262 918
1910/11 388. 302 162 299 758.
Deutschland zahlte für seine Abnahmen in
direkter Verschiffung in diesem Jahre die be-
deutende Summe von annähernd 72 Millionen
Mark gegen 55 im Vorjahre. Dieser Betrag
dürfte in Wirklichkeit selbst noch bedeutend höher
sein, denn manche Verschiffung, die nach Belgien
(Antwerpen) verladen wird, dürfte wohl end-
gültig in den nordwestdeutschen Industriebezirken
ihre Verarbeitung finden.
Wie bereits angedeutet, wird die Ausfuhr von
Baumwolle vornehmlich über Bombay geleitet.
Die Bedeutung dieses Hafens in dieser Beziehung
läßt sich aus der folgenden Aufstellung, die die
ungefähren, zur Ausfuhr gelangten Quantitäten
wiedergibt, erkennen: Es wurden verladen (Ballen
zu 400 lbs): von Bombay 1732 900, Madras
272 200, Karachi 269 500, Calcutta 71 800,
Rangoon 16 900.
Die Ernte, welche von der Aussaat des
Herbstes 1910 hereinkommen wird, wurde im
Februar 1911 bei einem Areal von annähernd
22 Millionen Acres auf ungefähr 4 385 000
Ballen geschätzt, die jedoch erst im Rechnungsjahre
1911/12 für den Ausfuhrhandel greifbar sein
werden.
(Aus einem Berichte des Handelssachverständigen
bei dem Kaiserl. Generalkonsulat in Caleutta.)
Tientsiner Baumwolle.
In früheren Jahren wurde in Tientsin Baumwolle
nur in geringen Mengen gehandelt. Das starke Steigen
der amerikanischen Baumwollpreise Ende 1908 lenkte
dann das Interesse in höherem Maße anderen Baum-
wollbe zugsquellen zu. Auf dem chinesischen Markte
waren derzeit Schanghai und Hankau die Haupt-
lieferanten. Die dortige Ware, soweit sie nicht von
Schanghaier Spinnereien konsumiert wurde, ging aber
größtenteils nach Japan. Ihre Preislage war außer-
dem für den Export im allgemeinen zu hoch, um so mehr
als sich die Qualität andauernd verschlechterte. Allein
der Wassergehalt stieg auf durchschnittlich 20 bis 25 v. H.
Demgegenüber hatte sich in Tientsin die Qualität
allmählich im ganzen gebessert. Die Baumwolle wurde
von den Bauern besser gepflegt und mit Maschinen
japanischen Modells besser als früher gereinigt. Das
sich nach dort wendende Interesse begegnete 1909 gerade
einer ausnehmend reichen und guten Ernte, welche die
Hauptvorzüge des Tientsiner Produkts, geringen Wasser-
gehalt, weiße Farbe und gleichmäßigen Ausfall, be-
sonders hervortreten ließ. Damit war der Ware eine
gute Aufnahme gesichert, nachdem sich besonders die
Spinnereien zu Hause auch auf die Verarbeitung eines
kurzstapeligen Produkts eingerichtet hatten. Die Aus-
fuhr nahm einen rapiden Aufschwung, wiec die nach-
stehenden Zahlen zeigen:
1905 1906 1907 1908 190909 1910
Pikuls 11640 10634 7933 3824 25128 125246
Taels 189 887 212680 150 727 68832 439 740 2849346
Die in Tientsin gehandelte Baumwolle kommt
vornehmlich aus der Gegend von Paoting und Chengting
(Südwest-Chihli) bis nach der Grenze von Honan hin.
Ein weiteres Produktionsgebiet ist die Gegend von
Töchon und Lienchen an der Tientsin — Pukow-Bahn
nahe der Schantung—Chihli-Grenze gelegen. Im Ver-
gleich zu der Paotingwarc ist die dort gezogene Baum-
wolle besser in der Farbe sowie weicher und seidiger.
Ein bedeutend kleineres Produktionsgebiet, und erst im
Jahre 1911 für den Erport hervorgetreten, ist die
Gegend von Tongshan. Diec dortige Baumwolle wird
scheinbar in der Pflanze sehr gut behandelt, ist von
sehr schöner weißer Farbe, seidigem „touch"“ und Aus-
sehen, sowie lüngerem, aber etwas „mosigem“ Stapel.
Die Baumwolle wird aus einheimischen Samen
gezogen. Die in der Techou-Gegend, wie überhaupt
in der Schantung-Provinz gemachten Versuche mit
amerikanischer Saat haben sich nicht bewährt. Die
amerikanische Pflanze verliert durch Akklimatisierung
schon nach wenigen Saisons ihre charakteristischen
Eigenschaften, besonders ihren langen Stapel.
Sehr förderlich sind dem Erport die für die Pro-
duktionsgebiete günstigen Eisenbahnverbindungen ge-
wesen. Hervorzuheben ist besonders die Tientsin—
Pukow-Bahn, die dem bisherigen Wasserverkehr auf
dem Kaiserkanal einen nennenswerten Teil der Baum-
wolltrausporte bereits entzogen hat. Der Wettbewerb
von Tsingtau ist für den Handel Tsientsins noch
wenig fühlbar gewesen, wenn auch die Bahnverbindung
an sich einen solchen Wettbewerb nur natürlich er-
scheinen ließe. Tsingtau bleibt aber zunächst noch da-
durch benachteiligt, daß dort keine Pressen eristieren
und deshalb die höheren Frachten nach Schau#hal ins
Gewicht fallen.
Von der Tientsiner Produktion wird ein ver-
hältnismäßig geringer Teil im Großbetriebe ver-
arbeitet. Die einzige Fabrik der nördlichen Provinzen
ist die Kmang yih-Spinnerei in Chang # fu (Honan).
Sie arbeitet mit einem nominellen Kapital von