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Deutsch-Südwestafrika.
Rechtsanwalt Dr. Gumprecht in Swakop-
mund ist zum Notar für das Schutzgebiet
Deutsch-Südwestafrika ernannt worden.
Die Wiederausreise in das Schutzgebiet hat
am 25. Degember 1912 angetreten: Unterzahl-
meister Figowski.
EecssKschtamtlicher Teihmllmmnee)
Nachrichten aus den deutschen Schutzgebieten.
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder teilweise nur mit Quellenangabe gestattet.)
Deutsch-Ostafrika.
Die Batwa-zwerge in Ruanda.
(Mit zwei Abbildungen.)
Von den in Urundi und Ruanda zerstreut
lebenden Zwergenstämmen, den sogenannten
Batwa, lebten schon zur Zeit der Besetzung jener
Länder durch die deutsche Regierung ein Teil
friedlich zwischen der Bevölkerung als Töpfer in
gesonderten Dörfern oder Gehöften, ein Zustand,
der heute noch anhält. Sie bilden neben den
herrschenden viehzüchtenden Watussi und den
ackerbautreibenden Wahntu als Reste einer Ur-
bevölkerung gewissermaßen die niedrigste Kaste,
von den anderen Eingeborenen verachtet, ge-
fürchtet, verhaßt und von der Speisegemeinschaft
ausgeschlossen, aber doch geduldet und sich ge-
legentlich mit den niedrigsten Wahmu ver-
mischend.
Außer diesen schon lange befriedeten Zwergen
gab es in Ruanda südlich der Vulkane in den
Urwäldern und östlich der Vulkane in den großen
Sümpfen, speziell am Mruschaschi-Sumpf,
noch andere unbefriedete Zwerge, die man je
nach ihrem Aufenthaltsort Wald= oder Sumpf-=
Batwa nannte. Diese machten sowohl der Herr-
schaft des Sultans von Ruanda, als auch später
der Residentur viel zu schaffen, da sie sich nicht
nur dem Sultau nicht unterstellen wollten, sondern
auch durch häufige Räubereien und übergriffe
zur Landplage geworden waren. Trotz der
numerisch geringen Zahl dieser Zwerge — es
handelt sich nur um einige hundert waffenfähige
Männer, die durch einige Wahmu-lberläufer,
meist eutflohene Verbrecher, verstärkt wurden —
haben es weder die intelligenten und sonst auch
energischen Watussi, noch die Wahntu mit ihren
großen Massen gewagt, die Zwerge in ihren
Schlupfwinkeln aufzustöbern und zu bestrafen.
Die Stärke der Batwa beruht auf der Unzugäng-
lichkeit ihres Gebiets, der leichten Möglichkeit,
sich Verfolgern durch die Flucht in Sumpf oder
Urwald zu entziehen und auf einen abergläubischen
Schrecken sowohl der Matussi wie der Wahuin
beim Erscheinen auch nur einzelner der kleinen
Gestalten. Es genügten oft ein halbes Dutzend
der aus dem Sumpf auftauchenden Zwerge, um
hunderte und tausende Wahmu zur Flucht zu
veranlassen.
Während die Waldzwerge sich mit dem ge-
legentlichen Stehlen von Kindern oder dem Raub
von Lebensmitteln begnügten und, wenn die um-
liegenden Eingeborenen ihnen Lebensmittel lie-
jerten, die an bestimmten Stellen niedergelegt
werden mußten, ohne daß die Zwerge sich sehen
ließen, sich zeitweise ganz ruhig verhielten,
machten die Sumpf-Zwerge direkt Raubzüge gegen
die umwohnenden Wakiga. Der Sultan von
Ruanda mußte bei der Residentur öfters Klage
führen und unumwunden eingestehen, daß er
trotz der ihm zur Verfügung stehenden großen
Menschenmassen gegen die Hand voll Zwerge
gänzlich machtlos sei. Die Residemur hat sich
von jeher bemüht, mit den scheuen Zwergen Ver-
handlungen anzuknüpfen und ihnen gut zuzureden,
sich den Verhältnissen zu sügen. Es ist denn auch
zeitweise zu erträglichen Zuständen gekommen und
die Zwerge haben sich überreden lassen, sich per-
sönlich zu zeigen. Während die Wald-Zwerge
sich seit Jahren nur wenig zu schulden kommen
ließen und nur unbelästigt in den unergründ-
lichen Urwäldern südlich des Karrissimbi hausen
wollten, haben die Sumpf-Zwerge doch immer
wieder mit Räubereien angefangen und sich so-
gar dadurch in die Politik des Landes gemischt,
daß z. B. der Zwergenhäuptling Bassebja den
Gegensultan Ndunguge bei sich aufnahm.
Gelegentlich der Operationen gegen den
Gegensultan RNdungutze ist auch der Zwergen-
häuptling Bassebja gefaßt und zum Tode ver-
urteilt worden. Dies scheint nach einem nenen
Bericht der Residentur einen derartigen Eindruck
auf die Sumpf-zwerge gemacht zu haben, daß
es gütlichem Zureden gelungen ist, auch diese
zum Versprechen der Unterordnung unter den
Sultan und den Landfrieden zu veraulassen.
Der stellvertretende Resident Oberleumant Gu-
dowins berichtet, daß er sich im September d.
Is. persönlich durch das unwegsame und unbe-
wohnte Gebirgsland südöstlich des Rugesi-Sumpfes