Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Die Verwaltung der Städte regelt die später 
viederholt abgeänderte Towns Ord. Nr. 10/78. Auf 
relche Stödte sie Anwendung findet, bestimmt der 
vouverneur. Sie befaßt sich mit annähernd den gleichen 
Fragen wie die entsprechende Lerorhnung der Goldküste 
und ist auf wichtigere Orte der drei Provinzen aus- 
zedehnt. Für ihre Durchführungistdie „Local Authority-, 
n Ermangelung einer solchen das Native Couneil zu- 
Sändig. lown Councils. wie in der Goldküste, gibt es 
iu Südnigerien icht. Die Zuständigkeit des l-agos 
Aunicipal Boa f Healih ist auf die Uberwachung 
der sanitären Verasl#miste von Lagos und Ebute Metta 
beschränkt. Ihm gehören eine ganze Anzahl von Ein- 
seborenen an. Die Aufwendungen des Councils be- 
rugen 1910 8 18 674.—.—, davon stammten 6 164 aus 
eigenen Einnahmen, das übrige war Gouvernements- 
Die AMarket Ord. Nr. 10/98 sieht die Bildung von 
Marltkommissionen mit dem District Commissioner als 
Vorsivenden, in denen naturgemäß auch Eingeborene 
mitwirken können, für die wichtigeren Marktplätze vor 
und regelt im einzelnen den Marktbetrieb. Besondere 
Verordnungen befassen sich mit der Beseitigung der 
Sümpfe. der Einführung fester Dächer, dem Schutz 
egen Feuersuoi. der Pflege und Verwaltung des Renn- 
blatzes. des Queens Gardens und der Glover Hall in 
der Stadt Lagos und legen hierbei teils den Einge- 
borenen nicht unerhebliche öffentliche Lasten auf, teils 
geben sie ihnen, wie die beiden zuletzt genannten Ver- 
ordnungen, Gelegenbeit, sich als Mitglieder von Körver- 
schaften an Lerwalmngsaufgaben mit zu betätigen. 
Gesundheitsämter (Boar#l of Henlth) für die Stadt 
Lagos und Umgegend und für alle vom Gouverneur 
jonst bezeichneten Orte überwachen die sanitären Ver- 
hältnisse der Ortschaften (val. The Public Hcalth Ord. 
Nr. 5/99, später mehrfach abgeändert und ergänzt). 
Die Bekämpfung der Moskito-Plage ist Gegenstand 
einer besonderen Verordnung (vgl. Nr. 16/10 und 20/11). 
Eingehende Regelung mit einschneidenden Wirkungen 
jür die Eingeborenen hat die allgemeine öffentliche 
geiundheitspstege gefunden. Die Quaruntine Orl. 
Nr. 4 1904, abgeändert durch Nr. 14/08, gibt mit ihren 
Aus P0 007. gögfänder de die gesetzlichen Unterlagen 
für die Verhinderung der Ein= und Verschleppung von 
ansteckenden K Krankheiten. Die später vielfach abge- 
anderte und ergänzte Vaceination Ordl. Nr. 11 73 führt 
in gleicher Weise wie die entsprechende Verordnung der 
Goldküste für ganz Südnigerien die Einsetzung von 
öffentlichen Impfern und den Impfzwang für alle 
Ainder binnen drei Monaten nach ihrer Geburt ein. 
Nach der Lepers Ord. Nr. 10/08 werden nach näherer 
Anordnung des Gouverneurs Lepra-Heime geschaffen, 
le der Oberaufsicht des Bezirksarztes unterstehen und 
in die die Leprösen zu verbringen sind. Leprösen aus 
iremden Kolonien wird der Zutritt zum Lande ver- 
boten. Die Begünstigung der Flucht eines Leprösen 
d dem Heim wird hute Srase. gestellt. Die Lunntic 
Astlum Ord. Nr. t auch hier die Errichtung 
von Irrenhäusern 3 dle banuch haer von Geistes- 
lranken vor und unterstellt die Anstalten ebenfalls dem 
VBezirksarzt. 1910 bestand je ein Irrenhaus in hoba 
und in Calabar mit einer durchschnittlichen täglichen 
elegung von 30 bzw. 8 Kranken. 
as Schulwesen ist ähnlich wie in der Goldküste 
geregelt, und was dort über die angewandte- Schul- 
volitik gesagt ist. gilt huch hier. In Lagos. Onitsba 
und Calabar sind Schulämter für die betreffenden 
Provinzen (Provincial Board of Eiucation) errichtet, 
ie für die Provinz den Po aller Schulen regeln. 
tzerdem können noch für die einzelnen Orte Lokal- 
omitees zur Uberwachung des Schulbetriebes eingesetzt 
  
  
werden. 1910 bestanden in Südnigerien 55 Gouver- 
nementsschulen und 254 Privatschulen mit insgesamt 
33 778 Schülern. 
In Südnigerien, wo, wie in der Einleitung schon 
hervorgehoben, die Eingeborenen-Presse bereits eine 
bedentsame Nolle spielt, findet sich auch schon eine be- 
ondere Pretgesetzgebung. Die Jewspaper . 
Nr. 10/08 macht die Herausgabe einer Zeitung von 
der Hinterlegung einer Kantion von L 250.— abhängig. 
Die Kaution soll zur Deckung etwaiger gegen die 
Drucker und Verleger auf Grund ihrer Veröffentlichung 
zu verhängenden Strafen dienen. Diese Bestimmung 
erwies sich jedoch nicht als ausreichend. Namentlich 
die heftigen und unsachlichen Angriffe gegen die Re- 
gierung und die Verhetzung der Farbigen gegen die 
Weißen in den Zeitungen von Lagos vor einigen Jahren 
führten zum Erlaß der Sedirious offences Or#l. Nr. 28/09, 
die Gefängnis bis zu zwei Jahren und Geldstrafe für 
die Aufreigung oder Verhetzung durch Wort und Schrift 
gegen die Krone oder das Gouvernement und für die 
Weckung des Hasses zwischen den verschiedenen Klassen 
der Bevölkerung androht. Der Erlaß der Verordnung 
wurde von den eingeborenen Mitgliedern im L#egislative 
Council seinerzeit als eine Beschränkung der Preßfreiheit 
auf das lebhafteste bekämpft. Ich möchte ihre Be- 
sinmmge für das Mindestmaß von Kautelen halten, 
die Regierung gegenüber einer Eingeborenen-Presse 
bedarne Einen wirklich wirksamen Schutz dürfte nur 
die Einführung der Zenfur abgeben, die gegenüber dem 
Kulturgrade und dem geringen Verantwortlichkeits- 
bewußtsein der Eingeborenen kaum als Härte aufgefaßt 
werden könnte 
An Zeitungen bestehen in Lagos zur Zeit außer 
der „Government Gauzette 
The Lagos Weckly Rccord 
hhe #os Standard 
The Nigerinn Chronicle 
The Nigerian Times 
unt etuerWochenauIlage von insgesamt 1850 Exemplaren. 
e werden m. W. sämtlich von Eingeborenen heraus- 
gegeben 
Allgemeine direkte Eingeborenensteuern werden in 
Südnigerien ebensowenig erhoben wie in der Gold- 
küste. Das Geldbedürfnis des Landes wird im wesent- 
lichen durch die Eimahme aus den Zöllen, die sich im 
Jahre 1910 auf L 1 440 284.—.— belief. gedeckt. 
An sonstigen öffentlichen rechtlichen Bestimmungen 
mag hier noch kurz erwähnt werden, daß es den Ein- 
seborenen freisteht, sich für die West African Frontier 
orcc und für die Polizei anwerben r! lassen und 
dem Gonvernement ihre Dienste als Volunteers anzu- 
bieten. Aus den gedienten Soldaten wird gemäß der 
Southern Nigeria Reservists Or#l. Nr. 8.09 eine Reserve 
gebildet. 
  
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B. Gerichtsorganisation,. Verfahrensrecht 
und materielles Strafrecht. 
Was oben im allgemeinen bezüglich der Gerichts- 
organisation und des Verfahrensrechts für die Gold- 
küste gesagt ist, insbesondere auch bezüglich der An- 
wendbarkeit von Stammesrecht, der LTätigkeit der 
farbigen Anwälte und dem Betriebe in den Staats- 
gefängnissen. gilt im großen ganen. auch für Süd- 
nigerien. Hier fumktionieren als chte für Colony 
und Protcctorate der Suleee ore annt einer Anzahl 
von Einzelrichtern in den Divisional Courts für die 
höhere Gerichtsbarkeit und für die niedere die District. 
Commissioners Couns. Zu letzteren gesellen sich mit 
gleicher Zuständigkeit in den größeren Orten mit 
uroräischer Bevölkerung — in Lugos, Warri und 
alabar — die Coums der Police Magistrates. Diese
	        
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