Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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gestalten, wie jetzt angenommen wird. Hat doch 
auch die heimische Leitung wiederholt die Vor- 
schläge des Ingenieurs beanstandet und Anderungen 
veranlaßt. Es ist richtig, daß augenblicklich die 
Bahn nicht die sich meldenden Arbeiter anstellen 
und ihre Arbeiter für Pflichtwidrigkeiten mit der 
Entlassung bestrafen kann, während das Gouverne-= 
ment z. B. kaum freiwillige Arbeiter findet. Das 
ist einmal das Verdienst des augenblicklichen, 
besonders geschickten, leitenden Ingenieurs und 
wird auch anders werden, wenn das erste Be- 
dürfnis der Baluba und Lulua nach europäischen 
Artikeln und nach Geld für die Steuerzahlung 
gedeckt ist. Wird doch gleichzeitig diese Zahl der 
Felderbestellung entzogen. Anderseits sind die 
Arbeiter nicht ganz billig. Sie erhalten 12 Fr. 
monatlich plus Ration, die sich im Durchschnitt 
auf 0,07 Fr. pro Kopf und Tag stellt. 
In wirtschaftlicher Beziehung sind für die 
Linienführung folgende Gesichtspunkte maßgebend 
gewesen: 
In erster Linie soll die Bahn die künftigen 
Massenerztrausporte aus Katanga dem belgischen 
Hafen Matadi zuführen und den Transport zum 
Meer einer eigenen Eisenbahn sichern. Alsdann 
soll die Bahn dem an Menschen und Lebensmitteln 
armen Katanga beides in ausreichender Menge 
aus dem Kasai= und Kwangobezirk zuführen und 
schließlich die gesamten durchzogenen Gebiete 
wirtschaftlich erschließen. 
Für die Minenbezirke Katangas ist die Ar- 
beiterbeschaffung und die Heranbeförderung geeig- 
neter Lebensmittel für die Arbeiter eine Lebens- 
frage. Die vorstehenden Ausführungen haben 
gezeigt, daß der Kasaibezirk aus seinem Bevöl- 
kerungsreichtum die zweite Aufgabe zum bedeu- 
tenden Teil erfüllen könnte. Läßt die Linie auch 
die jetzigen Hauptorte links liegen, so durch- 
schneidet sie doch die dichten Bevölkerungszentren 
von Thielen St. Jaques, von Tshitadi und süd- 
lich Hemptinne St. Benoit, und die Orte selbst 
ließen sich wohl für diesen Zweck durch Zu- 
bringerwege in ausreichender Weise an die Bahn 
anschließen. Auch der dritten Absicht wird die 
Bahn in gewisser Weise gerecht. Die Bahn be- 
rührt folgende Bölkerschaften: Am Stanleypool 
die Bateke, ein Fischervolk ohne besonderen all- 
gemeinen wirtschaftlichen Wert. Auf dem 700 m 
hohen Plateau am Pool sitzen Bafumunga, die 
früher in erster Linie die Träger für die berüchtigte 
Route des Caravanes von Matadi nach Léopold- 
ville stellten und auf dieser fast ausgestorben sind. 
Heute sind sie noch zum Teil Kautschuksammler, 
aber ohne besondere Bedeutung. Das gleiche 
gilt von den Banko am Kwango und den Ba- 
jaka und Bajansi zwischen Kwango und Kwilu. 
  
Alsdann folgen dichter bevölkerte Gegenden. Am 
Kwilu selbst sitzen die Pambala, die Barungana, 
die Badinga, am Kamtscha die Babunda, sämtlich 
brauchbare Arbeiter und namentlich die letzteren 
außerordentlich zahlreich. Am Lubue sitzen die 
Bakongo, am Loange die Bashilele, unmittelbar 
westlich des Kasai einige Batshokwe, alle drei ver- 
halten sich jedem europäischen Einfluß gegenüber 
in ihrer Mehrzahl noch gänzlich ablehnend. Östlich 
des Kasai bis zum Luebo wohnen die Biombo 
und die Benawula, beide als Arbeiter brauchbar, 
ebenso zwischen Luebo und Lulua die schon jetzt 
hauptsächlich als Träger und Arbeiter verwandten 
Lulua. Noch besser sind die zwischen Lulua und 
Lubi wohnenden Baluba, ausgezeichnet als 
Träger, Arbeiter und Ackerbauer. Zwischen Lubi 
und Bushimaie wohnen einige Bakete, denen eine 
wirtschaftliche Bedeutung nicht zukommt. Um so 
besser sind dann wieder die östlich bis Bukama 
sich anschließenden Kanioke, die zum Teil mit 
Baluba untermischt sind. Südlich Bukama ist 
das Land angeblich menschenarm. Doch fällt die 
Erschließung dieser Gegend ja nicht mehr in das 
Programm der Bahn Bascongo—Katanga. Es 
dürfte auch kaum einem Zweifel unterliegen, daß 
in der reich bevölkerten Gegend bei systematischer 
und gediegener Arbeit sich Kulturen finden ließen, 
die unmittelbar oder in der Form der ersten 
Verarbeitung oder Aufbereitung eine Ausfuhr 
gestatteten. In Frage kommen Palmöl, Palm- 
kerne, Kapok, Baumwolle, Erdnüsse, Tabak, 
Kaffee, Vanille, Kakao, Agaven und auch Kaut- 
schuk aus den westlichen und südöstlichen Ge- 
genden, in denen sich noch reiche Bestände finden, 
als Ausfuhrprodukte für die westliche Richtung 
dem Meere zu, für die südöstliche Richtung sämt- 
liche Nahrungsmittel für die Eingeborenen: Mais, 
Sorghum, Maniok, Hirse, die bisher für die Ar- 
beiter im Katanga noch immer aus Rhodesfien 
bezogen werden müssen. Die in der Konzession 
vorgesehenen Maximaltarife suchen eine Ausfuhr 
dieser Produkte zu begünstigen. Es fragt sich 
aber, ob nicht dieser Zweck wesentlich billiger und 
einfacher einmal durch den Ausbau des Wasser- 
straßen= und des sich anschließenden Wegenetzes 
geschehen könnte. Alle jene Ausfuhrprodukte find 
bisher auf ihre Ausfuhrfähigkeit nicht untersucht 
worden, weil einmal der Kautschuk das gesamte 
Interesse in Anspruch nahm und andererseits die 
hohen Tarife der Kongobahn und der Dampferlinien 
jeden derartigen Versuch fast unmöglich machten. 
Mit einer wesentlichen Herabsetzung der Tarife 
der Kongobahn muß aber die Bahn Bascongo— 
Katanga selbst rechnen, soll sie überhaupt der- 
artige Güter ausführen können. Die Schiffahrts- 
gesellschaften haben schon mit einer erheblichen 
Herabsetzung der Tarife begonnen und werden
	        
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