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Flutläufe und Kanale gegenüber, in denen die vom
lifjer überhängenden Zweige den Dampfer streisen, der
gewaltigen Strömung im „Nanal“, gegen die bei Hoch-
wasser die kleineren Dampfer nur muhsam ankümpfen
konnen. die secartigen Erweiterungen im Oberlauf des
Rongo, in denen das langsame Gleiten des MWassers
die Spiegelbilder der Uferwälder kaum merklich ver-
zieht. Die beiden Ufer des Stroms sind oberhalb des
Nanals"“ vom Dams#ier aus nur noch ausnahmsweise
sichtbar. Fast ständig durchsetzen flache, bewaldete
Inseln den Fluß und teilen ihn in eine Un zahl von
Armen. Ganz verschieden ist die Wassertiese. Im
„Kanal“ schwankt sie nach den Angaben der franzö-
sischen hydrographischen Mission zwischen 10 und 30//m.
Im übrigen überwiegen die geringen Tiefen bei weitem
und zwingen die Schiffslonstrulteurc., nur flachgehende.
mein kiellose Schiffe zu bauen. Die Zusammendrängung
der Niederschläge in den von den Flüssen durcheilten
Gebieten auf einige Monate des Jahres haben große
Schwankungen des Wasserstandes zur Folge. Die Ver-
teilung dieser Gebiete auf die beiden Sciten des
Aqgnators, von etwa 40 20(7 nördlicher Breite bis ctwa
5— 20 südlicher Breite und dic dadurch bedingte Ver-
schiedenheit in der Verteilung der Jahreszeiten bedingt
auch die Unterschiede des Wassersiundes in den Flüssen,
se nachdem sie auf der nördlichen oder südlichen Oalb-
tugel liegen. Haben wir im Norden die große Regenzeit
von ctwa Mai bis Oktober und demgemaß einen hohen
Wasserstand von Ende Juni bis zum November hinein,
so haben wir im Süden gerade während dieser Monate
die Trockenzeit und Niedrigwasser und während der
übrigen Monate des Jahres Regenzeit und Hochwasser.
(Genau lassen sich jedoch diese Zeiten nicht begrenzen.
Der Unterschied zwischen Höchst= und Niedrigstwasser
beträgt nach den Feststellungen der bereits erwähnten
franzosischen Erpedition zwischen 3 und 7m. je nach
der Lage der Orte und der Regenmenge des Jahres)
Derartige Wasserstandsschwankungen ändern bei
der an sich geringen Wassertiese der Flüsse oberhalb
Tihumbiri am Nordende des „Nanals"“ das äußere
Bild und die Befahrbarkeit der Flußläufe ganz ge-
waltig. Wo bei Hochwasser die Schiffe noch unbehindert
fabren können, erstrecken sich in der Trockenzeit, teils
aus dem Wasser hervorragend. teils noch gerade über-
spült, ausgedehnte Sandbänke und gestatten nur ein
vorsichtiges Vorwärtstasten. Ihnen gesellen sich an
cinzelnen Stellen Steine und Baumstämme als weitere
Hindernisse der Schiffahrt hingu. Die starke Strömung
veründert zudem die Lage der Sandbänke an vielen
Orten ständig. Es kommt z. B. auf dem Kascai vor.
daß dort, wo auf der Bergfahrt der Dampfer noch
ungebindert fahren konnte, auf der Talfahrt ein Sand-
wall ihm den Weg versperrt. Ständig führen die
Ströme neue Baumstämmc herab, die häufig infolge
ihres großen spezifischen Gewichts nicht schwimmen.
sondern unter MWasser auf dem Grunde weiter gerollt
werden. Noch im Frühjahr 1913 ist ein Dampfer
verloren worden, der trotz aller Vorsicht auf einen
bioher nicht bekannten Baumstamm aufgesahren war.
Die Führung der Schiffes ist bei solchen Verhält=
nissen natürlich außerordentlich mübsam und erfordert
die größte Aufmerksamkeit des Kapitäns. GKanz be-
sonders stellen Ssanga, Ubangi und Kasai während
der Zeit des Niedrigwassers hohe Anforderungen an
die Wachsamkeit der Schiffsbesatzung. Ein Fahren bei
Nacht ist im allgemeinen ganz auogeschloisen: auch bei
hellem Mondschein ist ein Fahren nur ansnahmeweise
*! Angl. im einzgelnen den Bericht der franzönischen
Alission hydrieuruphiguc Congo —(Uuhnnani — Sanan
1910 11. Paris 1913, S. 2902 ff.
möglich, da sich bei dem ungewissen Licht die Wasser-
liesen nicht genügend abschäten lassen. Während der
Trocken zeit mum auf den oberen Flußläufen fast dauernd
gelotet werden. Es geschieht dies meist duren zwei an
jeder Seite des Bugs sitende Leutc. die mu langen
Stangen die Wassertiefe feuustellen und in monotonem
Zuruf dem Kapitlän mitnteilen. Aber iroß aller Auf--
merksamkeit läßt eds sich nicht vermeiden, daß das
Schiff bin und wieder auf einer Sandbank auläuft.
Die Mannschaft springt alsdann in dad seichte Wasser
und vernucht mit vereinten Kräften den Dampfer wieder
abezuschieben. Liegt das Schiff in der Näbe des llfers.
so wird wohl ein Drahiseil un einen Baum gebunden
und der Dampfer mit ihm wieder abzuziehen versucht,
oder es wird zu gleichem zweck ein Anker ausgebracht.
Jst alles vergebens, so muß ein Teil der Ladung in
die meist mitgeführten Leichter geladen werden, und
event. müssen auch Mannschaften und Passagiere an
Land geben, um das Schiff zu erleichtern. Mandhnal
nützt aber alles nicht, und das Fahrzeug muß warten,
bis wieder Hochwasser eintritt. So saß 3. B. im
Jahre 1913 ein großer Dampser einer Kompagnie
eiwa 3½: Monate auf einer Sandbank fest. bis endlich
die sleigenden Wasser im Oktober ihn wieder flott
machten.
In den lbergangageiten, d. h. den zwischen der
eigentlichen Regen= und Trockenzeit liegenden Monaten,
kreten zu all diesen der Schiffahrt drohenden Gefahren
noch die sogenannten Tornados, heftige Gemittersturmr,
die der Schiffahrt schon mehr als einmal verhängnisvoll
geworden sind. Dichte vom Minde gepeitschte Regen
versperreu die Fernsicht auf 50 m, stoßweise Byoen und
Mirbelstürme von ungehenerer Gewalt drohen die
flachgehenden Dampfer mit ihren hohen Aufbanten
zum Kentern zu bringen. Und wenn auch wohl heute
nicht mehr die Gefahr besteht, daß, wie bei einem
derartigen Unglückofall vor sechs Jahren, die aus dem
umgestürzten Schiff sich rettenden Menschen von den
feindlichen Uferbewohnern erschlagen und verzohrt
werden, so veranlaßt doch ein aufkommender Tornado
den vorsichtigen Kapitän, schleunigst Schut an einer
überwindigen Stelle zu suchen.
Die Schiffahrtoverbältnisse werden sich jedoch von
Jahr zu Jahr verbessern. Die belgische und die
frauzösische Regierung haben durch Vermarkung und
Vermessung der Fahrstraßen schon viel zu beisern
versucht. Der untere Teil des Stromes ist bereits
mit Seczeichen versehen. Auch weiter oberhalb sind
einzelne gefährliche Stellen durch Bojen und Baken
getennzeichnet.
Die fran zösische Regierung hat auch bereits ihre
Vermessungsarbeiten in einer wundervollen viel-
blättrigen Narte niedergelegt. Die belgischen buydro-
graphischen Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen.
Die Vermarkung durch Land= und Scemarken wird
fortgesenzt.
3. Die vorhandenen Schiffahrtsunternehmen, die von
ihnen befahrenen Linien und die beförderten Personen
und Güter.
Der bedeutendste Schiffahrtounternehmer auf dem
oberen Kongo ist das belgische Gouvernemem. Das
monopolistische Sustem des unabhängigen Kongostaats
brachte es mit sich, daß der Staat zum Transport
seiner Elfenbein= und Rautschukernten und zur Ver-
sorgung seiner Verwaltungs= und Auflaufsstellen eigene
Dampfer verwandte. Nur eingelne der großen Kon-
zeisionsgesellschaften und dir bedentenderen Missions-
gesellschaften hielten sich daneben eigene Dampier.
DLampser in freier Fahrt waren selien. Dar hat sich