Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

257 20 
Flutläufe und Kanale gegenüber, in denen die vom 
lifjer überhängenden Zweige den Dampfer streisen, der 
gewaltigen Strömung im „Nanal“, gegen die bei Hoch- 
wasser die kleineren Dampfer nur muhsam ankümpfen 
konnen. die secartigen Erweiterungen im Oberlauf des 
Rongo, in denen das langsame Gleiten des MWassers 
die Spiegelbilder der Uferwälder kaum merklich ver- 
zieht. Die beiden Ufer des Stroms sind oberhalb des 
Nanals"“ vom Dams#ier aus nur noch ausnahmsweise 
sichtbar. Fast ständig durchsetzen flache, bewaldete 
Inseln den Fluß und teilen ihn in eine Un zahl von 
Armen. Ganz verschieden ist die Wassertiese. Im 
„Kanal“ schwankt sie nach den Angaben der franzö- 
sischen hydrographischen Mission zwischen 10 und 30//m. 
Im übrigen überwiegen die geringen Tiefen bei weitem 
und zwingen die Schiffslonstrulteurc., nur flachgehende. 
mein kiellose Schiffe zu bauen. Die Zusammendrängung 
der Niederschläge in den von den Flüssen durcheilten 
Gebieten auf einige Monate des Jahres haben große 
Schwankungen des Wasserstandes zur Folge. Die Ver- 
teilung dieser Gebiete auf die beiden Sciten des 
Aqgnators, von etwa 40 20(7 nördlicher Breite bis ctwa 
5— 20 südlicher Breite und dic dadurch bedingte Ver- 
schiedenheit in der Verteilung der Jahreszeiten bedingt 
auch die Unterschiede des Wassersiundes in den Flüssen, 
se nachdem sie auf der nördlichen oder südlichen Oalb- 
tugel liegen. Haben wir im Norden die große Regenzeit 
von ctwa Mai bis Oktober und demgemaß einen hohen 
Wasserstand von Ende Juni bis zum November hinein, 
so haben wir im Süden gerade während dieser Monate 
die Trockenzeit und Niedrigwasser und während der 
übrigen Monate des Jahres Regenzeit und Hochwasser. 
(Genau lassen sich jedoch diese Zeiten nicht begrenzen. 
Der Unterschied zwischen Höchst= und Niedrigstwasser 
beträgt nach den Feststellungen der bereits erwähnten 
franzosischen Erpedition zwischen 3 und 7m. je nach 
der Lage der Orte und der Regenmenge des Jahres) 
Derartige Wasserstandsschwankungen ändern bei 
der an sich geringen Wassertiese der Flüsse oberhalb 
Tihumbiri am Nordende des „Nanals"“ das äußere 
Bild und die Befahrbarkeit der Flußläufe ganz ge- 
waltig. Wo bei Hochwasser die Schiffe noch unbehindert 
fabren können, erstrecken sich in der Trockenzeit, teils 
aus dem Wasser hervorragend. teils noch gerade über- 
spült, ausgedehnte Sandbänke und gestatten nur ein 
vorsichtiges Vorwärtstasten. Ihnen gesellen sich an 
cinzelnen Stellen Steine und Baumstämme als weitere 
Hindernisse der Schiffahrt hingu. Die starke Strömung 
veründert zudem die Lage der Sandbänke an vielen 
Orten ständig. Es kommt z. B. auf dem Kascai vor. 
daß dort, wo auf der Bergfahrt der Dampfer noch 
ungebindert fahren konnte, auf der Talfahrt ein Sand- 
wall ihm den Weg versperrt. Ständig führen die 
Ströme neue Baumstämmc herab, die häufig infolge 
ihres großen spezifischen Gewichts nicht schwimmen. 
sondern unter MWasser auf dem Grunde weiter gerollt 
werden. Noch im Frühjahr 1913 ist ein Dampfer 
verloren worden, der trotz aller Vorsicht auf einen 
bioher nicht bekannten Baumstamm aufgesahren war. 
Die Führung der Schiffes ist bei solchen Verhält= 
nissen natürlich außerordentlich mübsam und erfordert 
die größte Aufmerksamkeit des Kapitäns. GKanz be- 
sonders stellen Ssanga, Ubangi und Kasai während 
der Zeit des Niedrigwassers hohe Anforderungen an 
die Wachsamkeit der Schiffsbesatzung. Ein Fahren bei 
Nacht ist im allgemeinen ganz auogeschloisen: auch bei 
hellem Mondschein ist ein Fahren nur ansnahmeweise 
*! Angl. im einzgelnen den Bericht der franzönischen 
Alission hydrieuruphiguc Congo —(Uuhnnani — Sanan 
1910 11. Paris 1913, S. 2902 ff. 
  
möglich, da sich bei dem ungewissen Licht die Wasser- 
liesen nicht genügend abschäten lassen. Während der 
Trocken zeit mum auf den oberen Flußläufen fast dauernd 
gelotet werden. Es geschieht dies meist duren zwei an 
jeder Seite des Bugs sitende Leutc. die mu langen 
Stangen die Wassertiefe feuustellen und in monotonem 
Zuruf dem Kapitlän mitnteilen. Aber iroß aller Auf-- 
merksamkeit läßt eds sich nicht vermeiden, daß das 
Schiff bin und wieder auf einer Sandbank auläuft. 
Die Mannschaft springt alsdann in dad seichte Wasser 
und vernucht mit vereinten Kräften den Dampfer wieder 
abezuschieben. Liegt das Schiff in der Näbe des llfers. 
so wird wohl ein Drahiseil un einen Baum gebunden 
und der Dampfer mit ihm wieder abzuziehen versucht, 
oder es wird zu gleichem zweck ein Anker ausgebracht. 
Jst alles vergebens, so muß ein Teil der Ladung in 
die meist mitgeführten Leichter geladen werden, und 
event. müssen auch Mannschaften und Passagiere an 
Land geben, um das Schiff zu erleichtern. Mandhnal 
nützt aber alles nicht, und das Fahrzeug muß warten, 
bis wieder Hochwasser eintritt. So saß 3. B. im 
Jahre 1913 ein großer Dampser einer Kompagnie 
eiwa 3½: Monate auf einer Sandbank fest. bis endlich 
die sleigenden Wasser im Oktober ihn wieder flott 
machten. 
In den lbergangageiten, d. h. den zwischen der 
eigentlichen Regen= und Trockenzeit liegenden Monaten, 
kreten zu all diesen der Schiffahrt drohenden Gefahren 
noch die sogenannten Tornados, heftige Gemittersturmr, 
die der Schiffahrt schon mehr als einmal verhängnisvoll 
geworden sind. Dichte vom Minde gepeitschte Regen 
versperreu die Fernsicht auf 50 m, stoßweise Byoen und 
Mirbelstürme von ungehenerer Gewalt drohen die 
flachgehenden Dampfer mit ihren hohen Aufbanten 
zum Kentern zu bringen. Und wenn auch wohl heute 
nicht mehr die Gefahr besteht, daß, wie bei einem 
derartigen Unglückofall vor sechs Jahren, die aus dem 
umgestürzten Schiff sich rettenden Menschen von den 
feindlichen Uferbewohnern erschlagen und verzohrt 
werden, so veranlaßt doch ein aufkommender Tornado 
den vorsichtigen Kapitän, schleunigst Schut an einer 
überwindigen Stelle zu suchen. 
Die Schiffahrtoverbältnisse werden sich jedoch von 
Jahr zu Jahr verbessern. Die belgische und die 
frauzösische Regierung haben durch Vermarkung und 
Vermessung der Fahrstraßen schon viel zu beisern 
versucht. Der untere Teil des Stromes ist bereits 
mit Seczeichen versehen. Auch weiter oberhalb sind 
einzelne gefährliche Stellen durch Bojen und Baken 
getennzeichnet. 
Die fran zösische Regierung hat auch bereits ihre 
Vermessungsarbeiten in einer wundervollen viel- 
blättrigen Narte niedergelegt. Die belgischen buydro- 
graphischen Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. 
Die Vermarkung durch Land= und Scemarken wird 
fortgesenzt. 
3. Die vorhandenen Schiffahrtsunternehmen, die von 
ihnen befahrenen Linien und die beförderten Personen 
und Güter. 
Der bedeutendste Schiffahrtounternehmer auf dem 
oberen Kongo ist das belgische Gouvernemem. Das 
monopolistische Sustem des unabhängigen Kongostaats 
brachte es mit sich, daß der Staat zum Transport 
seiner Elfenbein= und Rautschukernten und zur Ver- 
sorgung seiner Verwaltungs= und Auflaufsstellen eigene 
Dampfer verwandte. Nur eingelne der großen Kon- 
zeisionsgesellschaften und dir bedentenderen Missions- 
gesellschaften hielten sich daneben eigene Dampier. 
DLampser in freier Fahrt waren selien. Dar hat sich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.