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Hinzugefügt wird, daß der Vorfall ebenso wie
derjenige in Nord-Mozambique (Ostafrika) streng
untersucht werden, und das Ergebnis demnächst
erwartet würde.
Nun sollen aber die Deutschen außer Revolvern
keine Waffen bei sich gehabt haben. Danach kann
es sich kaum um eine reguläre deutsche Truppe
gehandelt haben. Es ist auch nicht recht ersicht-
lich, aus welchem Grunde die Deutschen aus
Südwest zwecks Viehkaufs gerade nach Angola
hätten gehen sollen, da sie doch im eigenen
Lande wahrlich genügend mit Vieh versorgt sind.
Wahrscheinlich — und diese Auffassung wird
von Kennern der Verhältnisse Angolas unter-
stützt — handelt es sich bei dem geschilderten
Vorfall nur um einen Zusammenstoß der portu-
giesischen Posten besatzung mit dort herumziehenden
zweifelhaften Elementen, die den „Viehankauf“
auf ihre eigene Art betreiben und so in Konflikt
mit Gesetz und Recht geraten. Derartige Vor-
fälle sollen sich in Südangola alljährlich abspielen.
Sie mögen zu jetziger Zeit, da der Belagerungs-
zustand über das Land verhängt ist, und eine
gewisse politische Gereiztheit unleugbar besteht,
von den örtlichen Dienststellen ernster genommen
werden als zu Friedenszeiten. Daraus ergibt
sich aber noch nicht ohne weiteres die Berechti-
gung zur Ausnutzung gegen Deutschland durch
die portugiesische Presse. Vor allem erscheint es
sonderbar, daß die maßgebenden Stellen in Por-
tugal selbst über diesen angeblichen deutschen
Einfall in Angola, über den sie inzwischen längst
sichere Mitteilungen hätten erhalten können, noch
immer keine amtliche Darstellung veröffentlicht
haben.
Das gleiche gilt von dem, angeblich am
31. Oktober erfolgten Einfall einer wohlausge-
rüsteten deutschen Expedition bei Fort Cuangar
am Cubango (Okawango) 900 km von Massa-
medes entfernt an der deutsch-portugiesischen
Grenze gelegen. Hierbei sollen zwei portugiesische
Offiziere und die Mehrzahl der europäischen
Unteroffiziere und Mannschaften gefallen oder
verwundet worden sein. Auch die Richtigkeit der
bisherigen Angaben über diesen Vorgang muß
so lange bezweifelt werden, als nicht amtliche Be-
stätigungen vorliegen. Trotzdem die portugiesische
Regierung sich auch hierzu noch nicht geäußert
hat, hält es doch die Reuterpresse für
nmötig, zu verkünden, daß die deutsche
Regierung der portugiesischen wegen der
angeblichen Ubergriffe südwestafrikanischer
Truppen Entschuldigung angeboten habe.
Deutscherseits ist diese Meldung bereits als Er-
findung gekennzeichnet, und es ist amtlich mit-
geteilt worden, daß von einem deutschen Einfall
in Angola in Berlin überhaupt nichts be-
kannt ist, also auch von dem Angebot einer
Entschuldigung nicht die Rede sein kann.
Endlich wurde am 28. Dezember über Madrid
gemeldet, daß nach Meldungen aus Lissabon das
portugiesische Expeditionskorps unter dem
Oberbefehl des Obersten Rocadas gegen deutsche
Kolonialtruppen eine schwere Niederlage er-
litten hat. Das Expeditionskorps des Obersten
hatte die deutsche Grenze überschritten, als es
von einem starken deutschen Truppenteil
angegriffen und zur Flucht gezwungen
wurde. Die portugiesischen Truppen versuchten
dann, sich in das auf portugiesischem Gebiete
gelegene Naulila, einen befestigten Platz, zurück-
zuziehen. Die Verfolgung seitens der Deut-
schen war jedoch so heftig, daß es den Por-
tugiesen nicht gelang, die Festung Naulila zu
halten, so daß sie den Ort ebenfalls sofort auf-
geben mußten. Naulila befindet sich in deutschem
Besitz.
Der portugiesische Kolonialminister gab diese
Tatsache in der Kammer zu Lissabon den Abge-
ordneten selbst zur Kenntnis.
Wir beschränken uns vorläufig darauf, diese
Mitteilung nur zu registrieren, da noch sämtliche
Anhaltspunkte für die Beurteilung der Sachlage
im ganzen wie auch der zuletzt gemeldeten Vor-
gänge fehlen.
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V. Besitzungen in der Südsee.
1. Deutsch-Neuguinea.
Altes Schutzgebiet. Über die dortigen Er-
eignisse liegen seit Abschluß der ersten Mitteilung
nähere schriftliche Nachrichten noch nicht vor und
können auch, da die Post von dort nach Deutsch-
land über sechs Wochen unterwegs ist, noch nicht
hierher gelangt sein. Die inzwischen eingetroffenen
englischen Zeitungsnachrichten enthalten ausführ-
lichere Darstellungen der anläßlich der Besetzung
des Schutzgebiets stattgehabten Gefechte, bringen
aber im übrigen gegenüber den bereits von hier
aus veröffentlichten Mitteilungen nichts wesentlich
Neues. Es wird indessen auch wiederum aus-
drücklich bestätigt, daß die deutschen Streitkräfte
hartnäckigen Widerstand leisteten, und daß sich
auch die schwarzen Polizeitruppen sehr gut ge-
halten haben. Unter den in Kriegsgefangenschaft
geratenen Offizieren sind der Forstassessor Kempf,
der als Leutnant d. R. in die Truppe eingestellt
war, und der Pflanzungsbesitzer Wuchert, der
offenbar auch als Offizier in der Truppe diente,
genannt. Im ganzen sind nach den hier vor-
liegenden privaten Nachrichten außer dem stell-