Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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vertretenden Gouverneur, Geheimen Ober-Regie- 
rungsrat Haber noch über 50 kriegsgefangene 
Deutsche nach Sydney gebracht worden. Nach den 
Kapitulationsbedingungen sollte, von den gefangen 
genommenen Offizieren abgesehen, den übrigen 
Kriegsgefangenen die Heimreise gestattet werden; 
doch weigerten sich neuerdings die Behörden in 
Sydney, trotz der schriftlich niedergelegten Be- 
dingungen, die Gefangenen abreisen zu lassen. 
Die Namen der Kriegsgefangenen stehen noch nicht 
fest; nur der Pflanzungsbesitzer R. von Blumen- 
thal ist in einem hier eingegangenen privaten 
Schreiben als unter ihnen befindlich genannt. 
Die provisorische Verwaltung des Schutzgebiets 
ist dem Sekretär des Departements für auswärtige 
Angelegenheiten, Arthur Atlee Hunt, übertragen 
worden. 
Am 13. September fand nach den vorliegenden 
englischen Zeitungsnachrichten die feierliche In- 
besitznahme des Schutzgebiets durch die englischen 
Streitkräfte statt. Dabei wurde eine militärische 
Proklamation erlassen, die folgenden Inhalt hatte: 
Proklamation. 
Proklamation im Namen Seiner Majestät Georgs V. 
usw., erlassen durch den Oberst William Holmes, 
Brigadier und Kommandant Seiner Majestät See- 
und militärischen Erpeditionskorvs. 
Nachdem die Streitkräfte unter meinem Befehl die 
Insel Neupommern besetzt haben, und nachdem auf 
Grund dieser vorausgegangenen Besetzung das deutsche 
Gouvernement aufgehört hat zu eristieren, und es 
demgemäß erforderlich geworden ist, für die Verwal- 
kung der genannten Kolonie und für den Schust von 
Leben und Eigentum ihrer friedlichen Einwohner Sorge 
zu tragen, erkläre und bestimme ich folgendes: 
1. Von dem hbeutigen Tage ab befinden sich die Insel 
Neuvommern und die zu ihr gehbrigen übrigen 
Gebietsteile unter meinem militärischen Kommando 
im Namen Seiner Majestät des Königs. 
Krieg wird nur gegen die bewaffneten Streirkräfte 
des Deutschen Reiches und seine ihm in diesem 
Kriege Verbündeten geführt. 
3. Das Leben und private Eigentum der friedlichen 
Einwohner wird geschutzt. und die Gesetze und die 
Gewohnbeitsrechte der Kolonie bleiben in RKraft, 
soweit dies mit der gegenwärtigen Lage verein- 
bar ist. 
4. Sofern die Bedürfnisse der Truppen es erfordern, 
kann privates Eigentum requiriert werden. Solches 
Eigentum wird nach seinem angemessenen Wert 
begahlt. 
5. Bestimmte Beamte des früheren Gonvernements 
werden, sofern siec es wünschen, unter ihren üblichen 
Gehaltsbezügen im Dienste behalten. 
6. Jn Erwiderung dieses Schutzes ist es die Pflicht 
aller Cinwohner, absolnten Frieden zu halten, 
ihren Geschäften wie bisher. soweit irgend möglich, 
nachzugehen, weder mittelbar noch unmittelbar an 
irgendwelchen Feindseligkeiten teilzunehmen, sich 
jeden Verkehrs mit Seiner Majestat Feinden zu 
enthalten und allen etwa ergehenden Befehlen 
gehorsam nachzukommen. 
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7. Alle männlichen Bewohner europäischer Abstam- 
mung sind verpflichtet, den vorgeschriebenen Neu- 
tralitätscid im Hauptquartier der Garnison zu 
leisten und alle Waffen, Munition und Kriegs- 
material sofort abzuliefern, wie gleicherweise alles 
Eigentum des vorigen Gouvernements in den Besitz 
der neuen Regierung übergeht. 
8. Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen dieser 
Proklamation und Ungehorsam gegen die ver- 
öffentlichten Verordnungen werden nach dem Kriegs- 
recht abgeurteilt werden. 
9. Es wird hierbei bekanntgemacht, daß diese Prokla- 
mation auf der ganzen Insel Neupommern und den 
zu ihr gehörigen Gebietsteilen vom heutigen Datum 
an in Rraft tritt. 
Sodann wurde noch von dem Oberst Holmes 
folgende Verordnung in deutscher und englischer 
Sprache erlassen: 
Das Militärgouvernement von Neupommern. Ver- 
ordnung Nr. 1. Erlassen von Oberst Holmes: 
1. Alle Einwohner haben sich den Befehlen und An- 
ordnungen der Offiziere und des Besatzungskorps 
zu unterwerfen. 
2. Den Einwohnern ist verboten. zwischen abends 
10 Uhr und morgens 6 Uhr ohne besondere Er- 
laubnis sich außerhalb ihrer Behaunsungen auf- 
zuhalten. 
3. Den Einwohnern ist verboten, irgendwelche Ver- 
sammlungen abzuhalten oder solchen beizuwohnen. 
4. Keine Zeitungen, kein Zirkular oder sonstige Druck- 
sachen dürsen ohne Erlaubnis gedruckt, veröffent- 
licht oder ausgegeben werden. 
Weder Spirituosen noch sonstige alkoholhaltige 
Getränke dürfen ohne Erlaubnis verfertigt oder 
verkauft werden. 
6. Beschreibungen aller im privaten Eigentum stehen- 
den Boote und Fahrzeuge sind dem „Provost- 
Marshall“ des Okkupationskorps aus zuhändigen. 
Es ist verboten, die Telegraphen= oder Telephon- 
linien zu beschädigen oder durchzuschneiden. Wenn 
Telegraphen= oder Toelephonlinien beschädigt wer- 
den und der Täter nicht ermittelt werden kann, 
so wird den Ansiedlern, die in der Nachbarschaft 
der beschädigten Leitungen wohnen, eine ange- 
messene Strafe auferlegt. 
Die Verbindung des Schutzgebiets mit der 
Außenwelt ist anscheinend wieder ausgenommen 
worden, und zwar durch die bekannte australische 
Schiffahrtslinie Burns, Philp & Co. Am 15. Ok- 
tober soll der erste Dampfer nach Neuguinea ab- 
gegangen sein, und ihm sollten in monatlichen 
Zwischenräumen je ein weiterer Dampfer folgen. 
Es ist daher anzunehmen, daß die sonst wohl 
eingetretenen Verproviantierungsschwierigkeiten 
durch diese Maßnahme behoben worden sind. 
Nach einer hier vorliegenden weiteren Notiz 
des „Sydney Morning Herald“ ist auch die 
Wiederaufnahme einer Schiffsverbindung mit 
Hongkong in die Wege geleitet worden. 
Im Schutzgebiet scheint infolge anhaltender 
Trockenheit eine große Dürre geherrscht zu haben. 
Die Wasserversorgung in Rabaul hat darunter 
anscheinend gleichfalls gelitten; doch ist von der 
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