Lebenssicherung des deutschen Volkes, weitgehende
Vorbereitungen getroffen hatten, um auf dem
Wege friedlicher Verständigung und Vereinbarung
eine unseren dringendsten kolonialen Bedürfnissen
entsprechende Ausgestaltung unseres überseeischen
Besitzes zu erlangen. Das erklärte Ziel der eng-
lischen Regierung ist heute, dem deutschen Volke
sein Recht auf friedliche Entwicklung zu ver-
kümmern. England beabsichtigt, Deutschlands
Kolonien zu annektieren. Bisher hatte England
gezögert, sich auf diesem Punkte festzulegen. Viel-
leicht mit Rücksicht auf Amerika, wo man es für
nötig hielt, zur Erleichterung der englischen Pro-
paganda die absolute Uneigennützigkeit der eng-
lischen Kriegsziele zu betonen. Jetzt scheinen
diese Bedenken geschwunden zu sein. Wir haben
nunmehr die nötige Klarheit über die Ziele der
englischen Regierung erhalten. Ich wende mich
zunächst zu der Rede von Lord Robert Ceril,
die er am 16. im Unterhause gehalten hat, als
er dazu aufgefordert wurde, sich zum Programm
der russischen Regierung „Friede ohne Annexion“
zu äußern: Ich muß Ihre Nachsicht anrufen,
wenn ich Sie, meine Herren, mit Zitaten auf-
halte, aber die englischen Absichten auf unsere
Kolonien treten mit einer so seltsamen Begründung
auf, enthalten so viele Schmähungen gegen die
Kolonialpolitik des Deutschen Reiches und gegen
unsere tapferen Kolonialtruppen, daß ich es für
meine Pflicht halte, hier die Antwort darauf zu
geben. Lord Nobert Cecil sagte wörtlich:
„Wir haben fortdauernd erklärt, daß wir in
diesen Krieg eingetreten sind ohne einen Plaun „im-
perialistischer Eroberung und Vergrößerung“. Ein
solcher Plan bestand im Geiste keines britischen
Bürgers (Beifall) — und ich glaube nicht, daß im
letzten Stadium des Krieges irgendwer etwas Der-
artiges wünscht . . . .“
Meine sehr verehrten Herren, die Botschaft
höre ich wohl, aber, glauben Sie, daß es einen
englischen Imperialisten gibt, der nicht z. B. die
Lostrennung Arabiens, Syriens und Palästinas
vom türkischen Reiche wünschte? Das weiß Lord
Robert Cecil ganz genau, und da er Imperialist
und Engländer ist, wünscht er es auch! Wie soll
dieser Wunsch aber in Einklang gebracht werden
mit der Erklärung, daß England in diesen Krieg
eingetreten ist ohne den Plan imperialistischer
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Eroberung und Vergrößerung? Wie soll und
kann der Wunsch nach Annexion dieser großen
türkischen Provinzen und nach Annexionen über-
haupt erfüllt werden angesichts der Proklamation
des verbündeten Rußlands „Keine Annexion“?
Nichts leichter als dies! Hören Sie Lord Robert
Cecil selbst:
R. „Nehmen Sie Arabien.
Unabhängigkeit von der Türkei erklärt. Ich weiß
nicht, ob das auf eine Gebietsannexion heraus-
kommen würde. (Zuruf: Das ist Unabhängigkeit.)
Kein Mensch würde vorschlagen, daß wir unsere
Macht des Einflusses anwenden sollten, um Arabien
wieder unter die türkische Herrschaft zu bringen.
Nehmen Sie Armenien. Ich weiß nicht, ob man
sich schon klar macht, was Armenien wirklich be-
deutet und was für Verbrechen an Armenien be-
gangen worden sind # Die imperialistische An-
nexion würde ein Segen für ein Volk sein, das
solche Verbrechen erduldet hat! (Beifall.) Nehmen
Sie die Fälle von Syrien und Palästina. Ob-
wohl in Syrien die Zahlen nicht so hoch sind, hat
dort dem Wesen nach das gleiche stattgefunden.
Ich gestehe, daß ich zögere, gegen Annexionen zu
sprechen, wenn damit gesagt sein soll, daß kein Ge-
biet, das während dieses Krieges mit Gewalt ge-
nommen worden ist, seinen ursprünglichen Besitzern
nicht zurückgegeben werden soll. Soll das die
Meinung sein, dann bin ich sicherlich außerstande.
die Politik „Keine Annexionen“ anzunehmen.“
Auf diese Art und Weise wird plausibel ge-
macht, warum die Annexion der Landstriche, die
England als strategische Bollwerke haben will,
keine Annexion ist, sondern ein gottgefälliges
Werk! Die Errichtung englischer Bollwerke ist
immer Gott wohlgefällig! Die Liste der zu be-
freienden und zu annektierenden Länder ist aber
mit den drei türkischen Provinzen nicht erschöpft.
Lord Robert Cecil will auch beweisen, daß die
Annexion der deutschen Kolonien ebenfalls
eine Tat selbstloser Weltbeglückung ist. Es wird
Sie interessieren, wie er diesen Beweis zu führen
sucht, und zwar gelingt ihm dies — aus dem
Beifalle seiner Hörer zu schließen — nach eng-
lischer Auffassung in überzeugender Weise:
„Ich sage nicht, daß wir die deutschen afrila-
nischen Kolonien angegriffen haben, um die Ein“
geborenen von deutscher Mißregierung zu erretten.
Wir haben es als Teil des Krieges gegen Deutsch'
land getau. Ich sage nicht, daß es unter irgend
welchen Umständen richtig gewesen wäre, Krieg m
machen, um die afrikanische Bevöllerung von der
Arabien hat seine