Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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nach dem Zweck, den das Unternehmen verfolgt, 
wird bald ein Lager bevorzugt, bei dem alle Woh- 
nungen, Bureaus, Magazine und Reparaturwerk- 
stätten in fahrbaren Eisenbahnwaggons unter- 
gebracht sind, und das an einem Tage seinen 
Platz wechseln kann, oder das Lager wird gleich 
für längere Zeit mit festen Häusern, kleinen 
Gärten und Brunnen eingerichtet als Beginn 
einer dauernden Ansiedlung"). 
Wo man auf schwarze Arbeiter angewiesen ist, 
müssen die Unterkunftsräume für Neger und 
Weiße getrennt werden. Im allgemeinen wird 
aber der „lumber-jack“, der Amerikaner kana- 
discher oder skandinavischer Abstammung, bevor- 
zugt; denn auch hier ist die beste und am höchsten 
bezahlte Arbeitskraft die billigste. 
Steigerung der Leistungen. In 
Amerika herrscht bekanntlich die Zahlen= und 
Rekordwut; einen neuen Rekord aufzustellen in 
bezug auf Besitz, Arbeitsleistung oder Spart, ist 
das Streben jedes echten Amerikaners. Diese 
Charaktereigenschaft macht sich auch die Holz= 
industrie zu nutze. Wenn ein Unternehmen 
mehrere logging-camps (Holzhauerlager) in Be- 
trieb hat, so wird eines davon (Lager Nr. 1) mit 
ausgesuchten Arbeitern belegt, die auch in bezug 
auf Verpflegung usw. besondere Bevorzugung 
genießen. Die Zahl der Arbeiter und Maschinen 
ist in allen Lagern gleich. Die tägliche Arbeits- 
leistung der einzelnen Lager wird in sämtlichen 
Lagern jeden Abend angeschlagen, so daß durch 
den Vergleich jedes Lager angespornt wird, die 
Leistungen zu erreichen oder womöglich zu über- 
treffen. Wenn das Lager Nr. 1 längere Zeit, 
etwa einen Monat lang, von einem anderen in 
seiner Arbeitsleistung übertroffen wird, so geht 
seine bevorzugte Stellung auf das anderc, tüch- 
tigere Lager über. 
Damit ein Lager als ganzes konkurrenzfähig 
gegenüber den anderen bleibt, muß jeder einzelne 
Arbeiter bestrebt sein, eine Rekordleistung aufzu- 
stellen: der Mann am fahrbaren Ladekrahn will 
rascher fertig werden als der Skidder, der Skidder 
rascher als die Holzhauer usw., so daß immer eins 
das andere treibt. 
Wie groß bei weitgehender Anwendung von 
Maschinen die so erzielten Arbeitsleistungen sind, 
mag man daraus ersehen, daß ein Holzhauer- 
lager, das den Rundholzbedarf eines Sägewerkes 
mit einer Leistungsfähigkeit von täglich 2500000 fr 
bm. — 1700 fm stehendem Holz zu decken hat, 
einschließlich aller Maschinisten, Reparaturschlosser 
und Buchhalter nur 250 Mann beschäftigt. Mit 
dieser Handvoll Arbeiter wird das Holz gefällt, 
*) Eine ausführliche Beschreibung eines „logging 
camp“ habe ich im „Forstwissenschaftl. Zentralblatt" 
1909, S. 488 ff., veröffentlicht. 
  
in Blöcher abgelängt, an die Bahn geschleift, auf- 
geladen und in den Mühlweiher geworfen, da- 
neben noch die öfter vorkommenden, kleineren 
Reparaturen ausgeführt. 
Bei farbigen Arbeitern, Negern und Mexika- 
nern kommt diese Methode der Steigerung der 
Arbeitsleistung durch Reizung des Ehrgeizes nur 
in ganz beschränktem Maße in Betracht; da muß 
das Treibsystem allein in Verbindung mit gut be- 
zahlten Vorarbeitern und Aufsehern angewendet 
werden. 
Sägewerk. 
Ursprünglich suchte man mit dem Sägewerk 
den Wald auf: eine fahrbare Lokomobile lieferte 
die Antriebskraft für eine große Kreissäge, dazu 
kam noch eine Besäumkreissäge und eine Pendel- 
säge zum Ablängen. Ein paar mit Klammern 
verbundene Stämme bildeten das Fundament und 
ein paar Schwartlinge das Dach. Das war alles. 
Die Farmer der nächsten Umgegend lieferten die 
auf ihrer „homestead"“ gefällten Bäume. Ver- 
einzelt kann man solche Zwergbetriebe auch heut 
noch sehen. 
Mit der Zeit bemächtigte sich aber das Groß- 
kapital der Sägeindustrie. Wo rein kapitalistische 
Grundsätze maßgebend sind, drängt die Entwick- 
lung zur Konzentration, zum Ersatz der teuren 
menschlichen und tierischen Arbeitskraft durch 
Maschinen und zum möglichst raschen Umsatz des 
investierten Kapitals, — alles Voraussetzungen, 
die nur der Großbetrieb erfüllen kann. 
Platzfrage. Die erste und wichtigste Frage 
ist die Platzfrage. Wohin soll das Werk zu stehen 
kommen? Für den Export ist es am günstigsten, 
wenn das Werk so gelegt werden kann, daß die 
fertigen Produkte direkt in Seeschiffe verladen 
werden können (in Florida die Sägewerke am 
St. Johns-River, an der Pazifischen Küste vor 
allem die Werke am Puget-Sound und am Co- 
lumbia-River). 
Bei zu großer Entfernung des Waldes von 
der Küste, oder wenn der Absatz wenigstens zum 
Teil ins Inland geht, muß das Sägewerk an eine 
Hauptbahn gelegt werden. Gewöhnlich ist es so, 
daß die Eisenbahngesellschaft am Sägewerk finan- 
ziell beteiligt ist, oder umgekehrt; das ist die Regel 
bei den großen Sägemühlen im Pitch-Pine-Gebiet. 
Bei dem Mangel an Arbeitskräften und den 
hohen Löhnen muß bei der Anlage eines in- 
dustriellen Unternehmens, wie ein Sägewerk, die 
Ersparung von menschlicher Arbeit der leitende 
Gedanke sein. Da neue Industrien dieser Art 
immer in ganz menschenleeren Gegenden an- 
gesiedelt werden, macht jeder Arbeiter mehr eine 
dauernde Mehrbelastung des Unternehmens für 
Wohnung, Beköstigung und Fürsorge aus.
	        
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