62 III. Das hygienische Gleichgewicht in der Erziehung.
schnittsleistung zu erzielen. Es kommt vor, daß fleißige Schüler
bis in die Nacht hinein sitzen, um ihr Pensum zu erledigen).
AXEL Key verlangt für l14jährige Schüler eine 9stündige,
für 15jährige eine 8ysstündige, für 16jährige eine 8stündige
Schlafenszeit. LOBEDANK für 11—12jährige 10—101/% Stunden,
für 15—16jährige 9—91/%, für 17—18jährige 81), für 19—20-
jährige 8 Stunden. DÖRNBERGER und GRASSMANN fanden bei
etwa 110% der untersuchten Schüler eine Schlafzeit von 7 bis
8 Stunden, die für alle Altersstufen zu gering ist; etwa drei
Viertel der Schüler notierten eine 8—10stündige Schlafperiode.
Des Abends oder Nachts mit ermüdetem Hirn und Körper soll
der Schüler seine Arbeiten nicht anfertigen, wie DÖRNBERGER
und GRASSMANN für Münchener Verhältnisse leider nachzu-
weisen in der Lage waren und wie es auch wohl in anderen
sroßen und kleinen Orten vorkommen dürfte. Die Nachtarbeit
wächst in demselben Maße, als die Gesamtsumme der häus-
lichen Arbeit zunimmt. Sie beträgt für die oberste Klasse un-
gefähr ein Drittel der gesamten häuslichen Leistung, ein zweites
Drittel machen die schulfreien Halbtage und die Sonntage aus,
so daß für Erholung, Spiel und Sport wenig Zeit übrigbleibt.
Gegen das Mißverhältnis zwischen 50—60stündiger, mit
intensiver geistiger Anstrengung verbundener Sitzarbeit und
den drei (früher nur zwei) Turnstunden sind Hygieniker und
Pädagogen nicht müde geworden, sich rügend zu äußern. Denn
dieses Mißverhältnis in der Erziehungsweise der höheren Lehr-
anstalten dauert volle neun Jahre an. Wenigstens eine Kurz-
stunde am Tage?) sollte nach GRIESBACH auf systematische
Turnübungen und zwei Stunden in der Woche auf gym-
nastische Spiele verwandt werden. Aus physiologischen,
hygienischen und pädagogischen Gründen. Wir fügen heute
hinzu: aus Gründen der militärischen Ertüchtigung.
Selbstverständlich hat es auch nicht an gegenteiligen Stim-
men gefehlt. Wir geben zu, was ALTSCHUL über Ermüdung
Übermüdung und Erholung in der Schule schreibt: jene ist
!) JOH. SCHULZE, verantwortlicher Leiter des höheren Schulwesens
1814—1858, war der Meinung, daß man den Schülern der Oberklassen wohl
zumuten könne, sich täglich „fünf“ Stunden außer der Schulzeit zu beschäf-
tigen, während für die Schüler der unteren Klassen ‚drei“ genügen mögen.
?) Diese Forderung wurde schon in der Schulkonferenz 1890 von Prof.
GÜSSFELD aufgestellt.