74 IV. Vaterländische Erziehung und Wehrübungen.
gegenwärtigen Organisation nur mit beachtlichen Opfern durch-
führbar erscheint, so empfiehlt es sich, ihr nach Friedensschluß
allmählich eine neue Gestalt zu verschaffen.
Wir kennen den Weg, politische, hygienische, soziale For-
derungen durch die Schule, nicht neben der Schule zu ver-
wirklichen. Dieser Weg ist auch hier gangbar und sogar be-
reits geebnet. Das vorhandene dringende Bedürfnis, an den
Schulen das hygienische Gleichgewicht zwischen körperlicher
und geistiger Erziehung herzustellen, könnte durch einen neben
dem Turnen zu schaffenden obligatorischen Wehrunter-
richt befriedigt werden, der seinerseits der vaterländisch-
militärischen Forderung gerecht wird. Eine durch die Übungen
bewirkte Ablenkung der Jugend von ihren anderweitigen
Pflichten gegen die Schule würde auf diesem Wege völlig
beseitigt, jede verfrühte Überleistung der Jugendlichen aus-
geschaltet, der Beeinträchtigung der allgemeinen und Berufs-
bildung von vornherein begegnet.
Die bisherigen Vorschläge über die künftige Organisation
der Jugendkompagnien empfehlen sich noch nicht zur Annahme,
weil nicht sämtliche Schwierigkeiten und Hemmnisse, die es
zu überwinden gilt, und auf der andern Seite nicht alle erzieh-
lichen und gesundheitlichen Vorteile, die sie der Jugend er-
öffnen, volle Berücksichtigung gefunden haben.
Militärische Fachmänner und Patrioten verschiedener Be-
rufe schätzen die Wehrübungen so hoch ein, daß sie sie auf
eine Stufe mit den wissenschaftlichen und technischen Fächern
der Schule stellen und bereit wären, ihnen einen Teil der
wissenschaftlichen Pflichtstunden zu opfern. Daß dies ohne
Beeinträchtigung der Schulziele geschehen kann, ist nachge-
wiesen. Viele Pädagogen zeigen sich wohl nicht abgeneigt,
jene Übungen und den zugehörigen Dienstunterricht an die
Stelle von Turnen, Wandern, Spiel und Sport treten zu lassen,
scheuen aber vor dem Gedanken zurück, daß wissenschaft-
liche Disziplinen eine Stundenkürzung erfahren sollen. Der
Schulhygieniker kann das ausschlaggebende Wort sprechen,
wenn er die Erweiterung der Leibesübungen an den Schulen
von mehreren Wochenstunden befürwortet. Diese würden dann
der militärischen Erziehung vorzubehalten sein und sich den
wissenschaftlichen und technischen Aufgaben der Schule har-
monisch einzufügen haben.