IV. Vaterländische Erziehung und Wehrübungen. 17
sie sollten sich auch über die psychologischen Bedingungen
ihrer Arbeit möglichst klar sein.“
Bei sorgfältiger Berücksichtigung aller hygienischen Er-
fahrungen und erprobten pädagogischen Grundsätze können die
militärischen Übungen der deutschen Jugend ganz gewiß eine
Fülle von Kraft, Wissen und Können neben wertvollen Charak-
tereigenschaften einbringen, die dem beabsichtigten Sonder-
zweck zugute kommen und zugleich im Berufsleben und der
gemeinbürgerlichen Betätigung nachwirken. Sie haben eben
keinen ausschließlich militärischen, vielmehr einen hohen all-
gemein bildenden Wert und fallen zum großen Teil in den
Rahmen der praktischen Ausbildung, die die Schule durch das
Arbeits- und Beobachtungsprinzip im Reformunterricht, Werk-
unterricht, in den biologischen Fächern, in Geographie, Physik
und Chemie anstrebt. Sie ergänzen die Veranstaltungen der
Schule auf das glücklichste. An Stelle von passivem Lernen
und Behalten hier immer das Selbstsehen, Selbstdenken und
Selbsthandanlegen. An Stelle von Anschauungen und Mit-
teilungen in den Schulsälen der Wirklichkeitsunterricht vor
den Dingen und das selbständige Handeln mit dem Bewußtsein
der Verantwortlichkeit.
Es erscheint wichtig, dies näher auszuführen. Die Schule legt
z. B. einen starken Nachdruck auf die Erziehung der Jugend
zum selbständigen Beobachten und bringt sie ganz allmählich an
dieses schwierige Ziel heran, indem sie es in einzelnen Stufen
zu erreichen trachtet. Psychologisch unterscheiden wir: I. die
Inaugenscheinnahme bei der Demonstration; der Lehrer zeigt
vor, der Schüler nimmt wahr, worauf er absichtsvoll hin-
gewiesen wird; der Lehrer führt die wesentlichen Einzel-
heiten des Bildes oder Gegenstandes nacheinander vor Augen,
der Schüler stellt die Sinnesorgane auf sie ein; der Lehrer faßt
die Merkmale sprachlich und begrifflich zusammen oder läßt
es vom Schüler tun. Pädagogisch höher steht 2. das konsta-
tierende Beobachten des Schülers, das der Lehrer nur
vorbereitet, indem er Vermutungen über einen einfachen Tat-
bestand erzeugt und diesen vom Schüler dann in allen Einzel-
heiten feststellen läßt; hier rückt die Tätigkeit der Sinne und
die Selbständigkeit des Schülers in den Vordergrund, es ist
ihm ein planmäßiges Suchen und Finden als Aufgabe vor-
geschrieben; die Aufmerksamkeit wird gleichförmig gespannt