Der deutsche Reichstag am 23. März 1805.
Am Sonnabend, den 25. März 1895, lehnte eine Mehrheit
von Klerikalen, polen, Welfen, Sreisinnigen und Sozialdemo-
kraten die Beglückwünschung Bismarcks zum 80. Geburtstag
ab. Während der Herhandlung sagte der konservative b-
geordnete von KRardoff: „Wenn dieses Dotum von der Ma-
jorität des Deutschen Reichstags so abgegeben wird, wie es
die herren Abgeordneten Singer, Richter und Graf Hompesch
hier beantragt haben, so sage ich mir, daß gegenüber unse-
rem gesamten deutschen Daterlande, ja, gegenüber ganz
Europa, und nicht bloß gegenüber ganz Europa, sondern
gegenüber der ganzen Welt, und nicht bloß gegenüber der
ganzen Welt der Gegenwart, sondern für alle Jahrhun-
derte der Sukunft, der Reichstag sich unsterblich lächerlich
macht.“ Der Antrag des Dräsidenten von Levetzow, Bismarck
zu beglückwünschen, wurde mit 165 gegen 143 Stimmen ab-
gelehnt. von Levetzow erklärte: „Dieses Resultat veranlaßt
mich, das Präsidium des Hauses niederzulegen.“ — Naiser Wil-
helm II. telegraphierte nach dieser Reichstagsentscheidung
an Bismarck: „Eurer Durchlaucht spreche ich den Zusdruck
tiefster Entrüstung über den eben gefaßten Beschluß des
Reichstags aus. Derselbe steht im vollsten Gegensatz zu den
Gefühlen aller deutschen Fürsten und Dölker.“ Bismarck er-
widerte: „Eure Majestät bitte ich, den ehrfurchtsvollsten
Kusdruck meiner Dankbarkeit für die Kllerhöchste Kundgebung
entgegenzunehmen, durch welche Eure Majestät jene mir noch
unbekannte Unerfreulichkeit meiner alten politischen Gegner
zum Anlaß einer erfreulichen Genugtuung für mich um-
wandeln.“
Kaiser Wilhelm II. an den Fürsten Bismarck.
Bismarck war in Nissingen am 31. Zugust 1895 gefährlich an
Lungenentzündung erkrankt. — Depesche.
Güns (Ungarn), 19. September 1895.
Ich habe zu meinem Bedauern jetzt erst erfahren, daß
Ew. Durchlaucht eine nicht unerhebliche Erkrankung durch-
383