Von Sachen und deren Rechten überhaupt. 97
S. 44. Dagegen haben sowohl bewegliche als unbewegliche 3.) Sachen, die ei-
nem andern Ganzen durch die Handlung oder Bestimmung eines Menschen?") zuge-
schlagen werden, die Eigenschaft eines Pertinenzstückes ?°).
(A. A.) Den Rechtsgrundsatz des §. 43 hat die Praxis auch über die Besitzfrage in possessorio
zum Anhalte genommen und 3. B. in dem Falle, wo von einem unstreitigen Forstreviere ein mitten-
innebelegenes Terrain besitzstreuig geworden, dafür gehalten, daß der unstreitige Besitz des Forstreviers
auch hinlänglichen Beweis für den Besitz des, einen integrirenden und gleichartigen andtheil jenes
Forstes bildenden streitigen Terrains gebe und deshalb die Possessorienklage des Forstdesitzers nicht um
deswillen, weil darin ein besonderer Beweis bezüglich des streitigen Terrains nicht augetreten ist, ab-
iesen werden könne. Erk. des Obertr. v. *n2 1859 (Emsch. Bd. XI1ILL. S. 69). (5. A.) Zur
tscheidung darüder: wo die Greuze eines Grundstücks liegt, kann der Inhalt des 8. 43 nicht ge-
braucht werden, wie es von einem Appell.-Gericht doch geschehen ist. Erk. des Obertr. vom 15. und
24. Nov. 1864 (Archiv f. Rechtef. Bd. LVII, S. 130).
33) Die Zuschlagung unbeweglicher Sachen erfordert ausdrückliche Erklärung in schriftlicher Form.
Die bloß faktische Vereinigung einer unbeweglichen Sache mit einer anderen unbeweglichen macht die
eine noch nicht zum Pertinenz der anderen, z. B. wenn der Besitzer sie zusammen bewirhffchalert
Vergl. Struben, rechtl. Bed. 1. n. 75; II, u. 130. (5. A.) Das Obertr. ist anderer Meinung,
denn „eine besondere Form für die Handlung oder Bestimmung ist nicht vorgeschrieben. Die Hand-
lung oder Bestimmung des Eigenthümers muß nur erkennen lassen, daß die zugeschlagene Sache mit
der Hauptsache nicht bloß zu vorübergehenden Zwecken, sondern dauernd verbunden sein soll.“ Erk.
vom 26. Januar 1866 (Arch. f. Rechtef. Bd. LX1. S. 337). Richtig, darauf allein kommt es an.
Es handekt sich nicht um die verbindende Form eines Negotiums, soudern nur um die für Jedermann
zugängliche Erkennbarkeit eines gewissen Rechtsstandes, wobei das Publikum in Betreff des Eigen-
thums- und Hypotheken-Verkehrs interessirt. Giebt es ein sicheres Kennzeichen außer der bei dem #
pothekenamte niederzulegenden Schrift, so ist es gut, man muß es nur wissen; das Obertr. spricht
davon nicht. Giebt es aber kein solches Kennzeichen, so macht der Ausspruch des Obertr. den Rechts-
zustand unsicher; einer stillschweigend und einsam unternommenen Handlung eines Menschen vermag
niemand hinterher anzusehen, in welcher Absicht sie geschehen.
34) D. h. durch menschliche Willkür, im Gegensatze zur Natur, von deren Wirksamkeit der vor-
hergehende §. spricht. Es muß nicht heißen: „des Eigenthümers“. Vergl. 1, 20, §s. 470; L. 17,
S. 7 D. de act. emti (XIX, 1), L. 242 FH. ult. D. de verbor. signif. (L, 16). — (4. A.) Zur Be-
ründung der Pertinenz-Eigenschaft einer Guteparzelle ist der Nachweis erforderlich, daß diese Parzelle
herhin selbstständig Lesessen und durch menschliche Bestimmung als Nebensache mit dem Gute ver-
bunden worden ist. Erk. des Odertr. vom 20. Jannar 1854 (Arch. s. Rechtss. Bd. X1. S. 353).
(A. A.) Bei der von den bäuerlichen Wirthen der Gutsherrschaft abgetretenen Landentschädigung
bedarf es ausnahmsweise einer besonderen Zuschlagung nicht. Anm. 56 zu §. 147 der Gem. Th.-O.
v. 7. Juni 1821 (Tit. 17, Abschn. 4).
((4. A.) Durch die Vermerkung der Zuschlagung im Hypothekenbuche wird die Pertinenzqualität
nicht erst bewirkt, sondern kundgethan und konstatirt. Erk. des Obertr. v. 9.-Nov. 1860 (Archiv f.
Rechtsf. Bd. XXXIX, S. 197). Vergl. das Präjudikat Bd. III, S. 229.
35) Dieser §. scheint zwar dasselbe zu sagen, was schon der §. 42 enthält. Denn im §. 42 wird
angedeutet, daß die mit einer anderen Sache in dauerude Verbindung gesetzte, d. h. durch menschliche
Willkür damit verbundene, Sache ein Zubehör derselben sei; und der §. 44 sagt gleichsalls, daß die von
dem menschlichen Willen ausgegangene Zuschlagung einer Sache zu einer auderen die Pertinenzqnali=
tät gebe. Doch sind Verschiedenheiten zwischen beiden Satzungen, die nämlich, daß der §. 42 sich auf
eme einzelne Sache bezieht und eine solche Verbindung beider Körper meint, daß beide ohne mechani-
schen Zusammenhang nebeneinander bestehen, soust würden sie Eine Substanz bitden, wogegen der
F. 44 von einem Ganzen (Inbegriff von Sachen) spricht, mit welchem eine körperliche Bereinigung
einer anderen körperlichen Sache nicht denkbar ist, daher hier von der juristischen Vereinigung (Zu-
schlagung) gehandelt wird. Jede dieser beiden Stellen hat nutthin verschiedene, einander ausschließende
Begriffe zum Gegenstande ihrer Bestimmung; sie verordnen aber von beiden das Gleiche, nämlich:
die körperliche oder juristische Verbindung einer körperlichen Sache mit einer auderen körperlichen Sache
macht solche zum Pertinenz derselben (§. 42), und: die juristische Vereinigung einer körperlichen Sache
mit einem Begriffsganzen macht solche gleichfalls zum Pertinen; desselben. Dadurch ist nicht ausge-
schlossen, daß, wenn einem Inbegriffe von Sachen eine Sache gleicher Art einverleibt wird, diese nicht
Pertinenz, sondern Bestandtheil desselben wird. Neu angescha e Schafe, welche der Eigenthümer in
seine Schafheerde nimmt, sind nicht Pertinenz, sondern Theile derselben. Vergl. Anm. 31. So bei
Bübliotheken, Gemäldegallerien u. s. w. Das Gleiche gilt aus gleichen Gründen bei einem Landgute
(auch ein Begriffsganzes) durch Einverleibung eines neuerworbenen Ackerstückes. Dieses ist dann edenso
t ein Gutstheil wie die älteren Ackerstücke, oder man käme zu der Absurdität, daß ein aus unzu-
ammenhängenden Ackerstücken bestehendes Landgut nur Pertinenzstücke, aber gar keine Substanz hätte,
Koch, Allgemeine# Landrecht 1. 5. Aufl. 7