Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Willenserklärungen. 135 
§. 15. Nicht nur durch Natur 26) oder Gesetz 27), sondern auch durch rechtliche 
Privatverfügungen ?) können Sachen dem Verkehre entzogen werden. 
8. 16. Dergleichen Privatverfügung bindet einen Jeden, welchen der Verfü- 
gende zu verpflichten berechtigt war. 
§. 17. Doch darf auch ein Dritter, welchem dergleichen Privatverfügung bekannt 
geworden ist 75), derselben nicht entgegenhandeln. 
8. 18. Die bloße öffentliche Bekanntmachung ist zum Beweise, daß der Dritte 
die Verfügung gewußt habe, noch nicht hinreichend. 
§. 19. Dagegen kann sich Niemand mit der Unwissenbeit einer in das Hypothe= 
kenbuch eingetragenen Verfügung entschuldigen 20). 
— — 
16) Wie Lust, Licht, Merr, Wasser in öffentlichen Seen und Flüssen, die f. g. res communes 
omnium der NRomer. L. 2, S. 1 D. de rerum div. (I. 8); §. 1 J. eod. (II, 1). — A. L.R. II, 15, 
S. 44; 1, 8, 8. 3. 
27) Die Sachen, welche durch Gesetz dem Verkehre entzogen sind, befinden sich alle im Eigen- 
thume einer jurisnuschen Person. Die vorzäglichsten Arten solcher Sachen sind die f. g. öffentlichen, 
welche dem Staale oder einer Kommunität zustehen, als: Land- und Heerstraßen, woran gar keine 
Privatrechte erworben werden konnen (II, 15, §§. 7, 8, 2 und 3); öffeutliche Plätze und Straßen in 
Städten; sowie Häsen und Meeresufer, die öffentlichen Flüsse. Ferner diejenigen Sachen, welche im 
besonderen Eigenthume der Religionsgesellschaften sich befinden und zu religiosen Zwecken bestimmnn 
sind, namentlich: Kirchen, Gebethäuser, Synagogen, Kirchengeräthe, Begräbnihßplätze. So lange diese 
Sachen ihrer Bestimmung dienen, sind sie dem Verkehre entzogen. Vergl. K.O. v. 14. April 18140 
(J. M. Bl. S. 143); v. 26. Oktbr. 1840 (J. M. Bl. 340); I1, 11, §S. 173, 179. Die Bestimmung 
derselben kann jedoch verändert werden, wodurch sie dann in den Verkehr kommen. S§. 173, 180 flf. 
a. a. . — Lirigibse Sachen sind den durch Gesetz dem Privatverkehre entzogenen, nach A. k.R., nicht 
gleichzustellen. Vergl. Entsch. XIII, S. 157. 
28) Dabei ist muthmaßlich au Familien-Fideikommisse gedacht. II. 4, §. 15. Das R. R. kennt 
diese Art von res extra commercium nicht. Um durch Privatbestimmung eine Sache dem Verkehre 
zu entziehen, muß nicht nur die Form, welche das Rechtsgeschäft nach seiner Natur erfordert, beob- 
achtet, sondern es muß auch dafür gesorgt werden, daß diese einer solchen Sache beigelegte Eigenschaft 
keinem Dritten, bei Anwendung der schuldigen Vorsicht, unbekanm bleiben kann. z. 17— 19. — 
„Durch eine Privatverfügung, die den Eigenthümer resp. Besitzer einer Sache in seiner Besugniß, 
Über die Sache zu disponiren, beschränkt oder ihm diese Diepositionsbefugniß ganz untersagt, wird die 
Sache, welche Gegenstand der Verfügung ist, noch nicht kdem Rrivatverkehre entzogen.“ Pr. 691, 
v. 3. Juni 1839. Der Veräußerer kann durch Ueberschreitung des Verbots seine Verbindlichkeit ver- 
letzen, das macht jedoch das Veräußerungsgeschäft nicht unwirksam. Die Sache, welche willkürlich dem 
Privatverkehre entzogen werden soll, muß einem bestimmt ausgesprochenen Zwecke gewidmet werden. 
29) Wenngleich nur durch formlose besondere Anzeige eines Betheiligten. 
30) Von dem, was im Grundbuche gehörigen Orts eingetragen steht, wird fingirt, daß es Ze- 
dermann wisse; ob diese Filtion mit der Wirklichkeit zusammentreffe, wird gar nicht gefragt, der Ein- 
wand, daß man den Jnhalt des Hypothekenbuches nicht gekanm habe, ist unzulässig. Dieser Grund- 
satz gilt nicht bloß hier, soudern er gilt gam allgemein in allen Beziehungen. Vergl. Cutsch. des 
Obertr. Bd. VIII, S. 68; Bd. X, S. 16 u. 199; Bd. XIV. S. 236; Bd. XVII, S. 498; Bd. XXI. 
S. 52. Vergl. Publ.-Pat. v. 5. Febr. 1794, §. XV. Spter ist dieser Grundsatz, unter Aufhebung 
des Pr. 1846 v. 16. Febr. 1847 (Entsch. Bd. XIV, S. 232, 236), auf das Sacheurecht beschränkt, 
und vom Bertragsrechte ausgeschlossen. Dagegen s. m. unten, Anm. 27, Satz 2 zu §. 183, Tit. 11. 
Der Zeitpunkt der Eimragung wird nicht durch den Ingrossationsbefehl, sondern durch den Vermerk 
des Ingrossators: daß und wann die Eintragung geschehen, sestgestellt. Dabei gilt der Tag nicht 
für einen untheilbaren Zeittheil, vielmehr kommt es auf die Stunde au. (1. A.) Bei dem Zusam- 
mentreffen mehrerer gleichzeitig vorliegender Eintragungsgesuche entscheidet das Präsentatum derselben, 
wenn der Besittitel zur Zeit der Präsentation für den Aussteller des Gesuchs schon berichrigt war; 
sonst kommt der Grundsach des §. 408, Tit. 20 zur Anwendung. Die Anwendung der im S§. 19 hier 
gegründeten Rechtsfikrion in der Allgemeinheit, daß, weil die spätere Post dem Naume nud der Zeit 
nach später eingetragen sei als die voranstebende, wenngleich dies auf Grund derselben Verfügung und 
an einem Tage geschehen ist, und das Hypothekenrecht zu einer Zeit gegründet war, wo die vor- 
stedende Post noch nicht eingetragen stand, — angenommen werden müsse, der später Ein- 
getragene habe sich bei Erwerb seines Rechts in bosem Glauben befunden, ist ungerechtsertigt. Erk. 
des Obertr. v. 11. Juli 1859 (Arch. f. Rechisf. Bd. XXXVII, S. 26). 
Vergl. Anm. 77, Abs. 2 zu H. 50, Ti. 1 der Hyp.-Ordn. und §. 2 des Ges. v. 24. Mai 1853 
  
(Zus. 10 dazu).
	        
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