Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

160 Erster Theil. Vierter Titel. 
8. 122. Ist dieses nicht geschehen, so kann der Berechtigte nur in dem Falle zur 
Sicherheitsbestellung angehalten werden, wenn eine erhebliche 1 32) Besorgniß entsteht, 
daß er sich selbst außer Stand setzen werde, bei eintretender auflösender Bedingung 
fäner Verbindlichkeit, wegen Zurückgabe der Sache oder des Rechtes, ein Genüge zu 
leisten 124). 
8. 123. Die Kaution dauert alsdann so lange, als die auflösende Bedingung 
noch eintreffen kann. 
§. 124. Sind unschätzbare Rechte oder Vortheile unter einer auflösenden Bedin- 
gung eingeräumt worden, so tritt in Fällen, wo selbst Kaution geleistet werden muß, 
die Verbindlichkeit zur Uebernehmung einer Konventionalstrafe an deren Stelle. 
8. 125. Dies muß von dem Pcchter nach den Umständen bestimmt, und von 
  
Der 8. 13 bezicht 14 nur auf Eisenbahnen und kann auf den vorliegenden Fall nicht angewendet wer- 
den. (S. 212.) Diese Abweisung ist nicht zutreffend. Zwar ist es richtig, daß der §. 13 sich un- 
mittelbar nur u Eisenbahnen bezieht, aber er legt klar, wie die Gesexgebung das in Rede ste- 
hende Verhälmiß ausgefaßt hat und daß sie nur einen aus der rechtlichen Natur des Rechtsverhält- 
nisses solgenden allgemeinen Rechtssatz größerer Sicherheit halber ausdrücklich ausspricht. Die 
Rechtsanwendung des Obertr. in dem vorliegenden Falle legt einen sehr traurigen Rechtezustand auf, 
der, bei richtiger Erkenntniß, als in der That vorhanden nicht anerkannt werden kann. Schon mit 
dem §. 121 komme' man zu dem Ergebnisse, daß der Bergbauende für seine erst künftig fällige Ge- 
genleistung Kaution zu bestellen habe. Das Obern. sen hiergegen: „Die Bedeutung des §. 121 ist 
die, daß, wenn derjenige, welcher einem Anderen ein Recht unter einer auflösenden Bedingung ein- 
räumt, von demselben Kautionsstellung erlangen will, er dieses bei Einräumung dieses Rech- 
tes thun muß." Aber welche Nutzanwendung davon auf die Expropriation zu machen sei, wird nicht 
gesagt. Augenscheinlich paßt der Rechtefatz nicht buchstäblich auf die Expropriation, denn der Eigen- 
thümer der Sache oder des Rechtes thut gerade das Gegentheil von der Einräumung, er räumt das 
Recht nicht ein und will es auch nicht einräumen, vielmehr bemächtigt sich in Vollziehung der Exr- 
kution die Obrigkeit des Gegenstandes und räumt dem Bergbauenden das Recht ein. Wie ist das ju- 
ristisch aufzufassen? Hängt das Vermögensrecht der Gezwungenen von dem guten Willen oder don 
der Vorsicht der Obrigkeit ab: ob und was sie sich von dem Empfänger als Gegenleistung für jenen 
ausbedingen will? Kann sie das Eigemhum des Gezwungenen verschenken? Oder muß sie als ein 
vorsichtiger Geschäftsführer alle möglichen Vortheile ausbedugen und dirse dann dem Gezwungenen, 
dem ste sein Eigenthum genommen hat, dafür cediren? Nichts von alle Dem. Die Obrigkeit hat 
sich mit dem Expropriationsberechtigten in keine Unterhandlungen einzulassen; sie nimmt lediglich das 
Grundstück dem Eigenthümer weg und setzt den Expropriationsberechtigten in den Besitz. Damit ist 
ihre Sendung vollendet; was die Schadloshaltung des Gezwungenen betrifft, so überlaßt sie diesem 
deshalb zu thun was er will. Von felbst versteht es sich, daß er Herr seines Eigenthums ist. So 
ut er, wenn er sich zur freiwilligen Einräumung herbeigelassen hätte, dafür gar nichts zu verlangen 
fugt gewesen wäre, kann er auch jetzt die ganze Sache sallen lassen; ebenso gut aber, wie er bei 
persönlicher Einräumung vollständige Entschädigung und Sicherstellung für erst künftig eintretende Ge- 
genleistung hätte sordern können, warum soll er nun, wo er felbst kine Sache in die Hand nimmt, 
nicht Alles fordern dürsen, was er sogleich für sein Eigenthum zu fordern berechtigt gewesen wärc, 
wenn er sich zur Eingehung des Geschäftes verstanden hätte? Quod erit demonstrandum. Schlechter 
kaun er jetzt nicht zu stehen kommen, als er gestanden sabm würde, wenn er sich zur persönlichen 
Abschließung des Geschäftes bereit gesunden hätte. Thatsächlich liegt die Sache so, daß das Geschäft 
erst zur Hälfte fertig ist; jetzt soll dasselbe vollständig zum Abschlusse gebracht werden und nun kann 
er immer noch fordern, was er von Anfang zu fordern berechtigt war. — Die Maciaus cautio ist 
eine Anwendung des Prinzips auf die aufschiebende negative Potestativbediugung für Erben und Lega- 
tare (L. 7, 73 D. de cond. IXXXV, 10)). Der umer einer anderen Bedingung cingesetzte Erbe erhielt 
die bonor. poss- gegen Kautionsleistung. L. 5 pr., L. 10 D. de bon. Poss. sec. tab. (XXXVI, 11). 
125) D. i. eine begründete, durch die Umstände gerechtsertigte Besorgniß. 
126) Tritt der Fall der Unsicherheit, oder doch der gegründeten Besorgniß einer Gefährdung ein, 
fo ist die Klage auf Sicherheitsleistung zulässig, wie in den Fällen 1, 11, S§. 759, 760; I, 20, §F. 442. 
Die Sicherheitsleistung geschieht nach den Grundsäyen I, 14, 59. 186 ff. Das Recht, Sicherstellung 
zu fordern, wird durch die Art der Resolutidbedingung, namentlich dadurch bestimmt, daß die Be- 
dingung auf eine freie Handlung desjenigen, dem das Recht zufallen foll, gestellt ist. Denn die so- 
sortige Anfbebung des Rechtsverhälmisses durch willkürliche Vollziechung der Handlung ist ein Recht, 
aber keine Pflicht; durch Verschiebung der Ausübung dieses Rechts gebt das audere Recht auf Sicher- 
siellung niche verloren; beide Rechte sind von einander unabhängig. Vergl. I, 11, 5. 159; I, 20, 5. 44.
	        
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