Bewegungs-
grund.
164 Erster Theil. Vierter Titel.
§. 145. Wird bei einer Erklärung eine gewisse Begebenheit oder Thatsache, als
eine solche, die entweder schon geschehen ist, oder noch geschehen soll, bloß vorausge-
setzt, so ist sie nur als ein Bewegungsgrund 1%) anzusehen.
8. 146. Der angeführte Bewegungsgrund dient hauptsächlich nur zur Erklärung
einer zweifelhaften Absicht.
8. 147. Ist also die Absicht klar, so wird durch die Unrichtigkeit des angeführ-
ten Bewegungsgrundes die Willenserklärung selbst noch nicht entkräftet 1 32).
§. 148. Hat der Erklärende den falschen Bewegungsgrund 132d) aus Irrthum
für richtig angenommen, so kann der, welcher diesen Irrthum vorsätzlich veranlaßt hat,
daraus keinen Vortheil ziehen 1).
theil ziehen? Die Wirkung des Betruges ist doch nur die: daß der Betrogene das Geschäft umsto-
ßen kann, wenn er will. Will er nicht, so muß er auch seinerseits leisten. In diesem Falle gelaugt
der Betrüger, wenn er der audere Theil ist, allerdings zu seinem Vortheile aus der Erklärung des
Betrogenen. Nach den hier, i#in §. 144, gebrauchten Ausdrücken könnte man denken, der Betrogene
könne zwar von dem Berrüer dessen Leistung einfordern, aber sich selbst könne er durch die exe. doli
von der Gegenleistung frei machen, denn der Betrüger kann „aus der Erklärung keinen Vortheil zie-
den“. Gewiß ist das nicht gemeint, die Fassung ist aus der Neigung zur Abwechselung in den Aus-
drücken hervorgegangen, und es hat hier nichts anderes als die gewöhnliche Wirkung des Betruges
gesichert werden souen.
145) Der Bewegungsgrund (causa) ist zwar verschieden von der bloßen Voraussetzung, doch wird
Beides hier gleich behandelt. Die Thatsache oder Begebenheit, welche vorausgesetzt wird oder den Erklä-
renden bewogen hat, sich so zu erklären, kann, wie die Bedingung, bereits eingetreten oder auch als zu-
kÜnftig gedacht werden. Nicht diese Aehnlichkeit allein hat der Beweggrund mut der Bedingung, sondern
er kann auch zugleich als Bediugung beigefügt werden, d. h. er kann Bedingung oder auch Beides
zugleich sein, und als Beide oder als Bedegung allein wirken. Das hängt lediglich von der Willkür
des Erklärenden ab. Aber im einzelnen Falle kann es zweifelhaft sein, welche Bedeutung die Erklä-
rung haben soll, welches festzustellen Sache der Auslegung ist. §. 31 J. de leg. (II. 20). So, wenn
der Hypothekengläubiger in die Löschung der Post, „wegen welcher er vollständig befriedigt zu sein“
erklärt, willigt, wird die Erklärung der Befriedigung in Beziehung auf die Entsagung des Pfandrechts
nur als Bewegungsgrund anzusehen sein. Pr. des Obertr. v. 30. August 1849 (Emsch. Bd. XVIII,
S. 264). Die Erklärung in solcher Faqsung u wohl kaum zweiselhaft. Es kommt aber auch vor,
daß die Partikel „wenn“ gebraucht wird. ispielsweise: „wenn ich nun wegen meiner Forderung
befriedigt worden, so“ u. f. w., wie in den alten Bestätigungsformeln: „wenn wir nun bierbei nichts
zu erinnern gefunden haben, so konfirmiren“ u. s. w., wo sie statt „weil“ gelten soll. Dann kommt
es auf die Auslegung an.
145 #à) (5. A.) S. oben die Anm. 73 „ , Abs. 2 zu H. 65 d. T.
145b) (s. A.) Den ange führten Bewegungsgrund nämlich. Denn die Ersichtlichkeit
des Beweggrundes einer Willenserklärung ist bei Abgebung derselben nothwendig, wenn diese we-
gen eines Irrthumes in dem Beweggrunde soll angefochten werden können. 88. 146, 147, 150. In
welcher Form der Beweggrund bei Abgebung der Erklärung erkennbar gemacht werden müsse, kann
weiselhaft gefunden werden. Nahe liegt es, anzunehmen, daß das. Gesetz unter dem „angeführten
weggrunde“ der Erklärung einen integrirenden Theil der Erklärung verstehe, also daß bei schrift-
lichen Erklärungen der Beweggrund in denselben selbst „angeführt“ werden muß und nicht mit Er-
solg nebenher bloß mündlich ausgesprochen werden kann. Indeß ist die Kundgebung des Beweggrun-
des keine verpflichtende oder befreiende Willenserklärung, zu deren Rechtsgürtigkeit eine gewisse Form
erforderlich sein würde, sondern sie ist die Mittheilung einer Thatsache; und da die Schriftlichken der
„Anführung“ des Beweggrundes nirgend vorgeschrieben ist, so läßt sich nicht behaupten, daß eine
iu deutlichen Worten bei Abgebung der Erklärung ausgesprochene Kundgebung wegen Formmangels
nicht vernommen worden sei. Das Obertr. ist sogar der Meinung, daß in einzelnen gegebenen Fällen
jene Ersichmichkeit möglicherweise selbst dadurch hergestellt werden könne, daß nach der ganzen Sach-
lage das von dem Erklörenden später geltend gemachte irrige Motiv mit Evidenz als der allein denk-
bare Beweggrund seiner Erklärung hervortritt. Erk. v. 10. Juli 1856 (Emsch. Bd. XXXIII. S. 29).
Dies ist weniger bedenklich als die wortliche „Anführung“ des Beweggrundes, da die Anführung viel-
leicht nicht den wahren Gedanken des Sprechenden auedrückt. Allein entscheidend ist der Grundsatz,
daß einseitige Willens- oder Meinungsäußerungen, welche nicht eine Verpflichtung oder Verzichtleistung
des Erklärenden begründen sollen, nur in den Fällen der schriftlichen Form bedllirsen, wo die Gesetze
solche ausdrücklich vorschreiben. Pl. des Obertr. v. 1. März 1847 (Entsch. Bd. XIV., S. 33).
146) S. o. die Anm. 144. Was mit dem „daraus keinen Bortheil ziehen“ gemeint ist, ergiebt
sich hier noch bestimmter aus dem Schlusse des folg. 5. 145.