Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Bertraͤgen. 171 
einer Sache oder eines Lokals, z. B. „Expedition eines Blattes“, kann ein Vertrag nicht geschlossen 
werden, es sehlt an dem wesentlichen Erfordernisse eines Vertrags in Ansehung der Personen, nicht 
etwa in Ansehung der Form, wie irrig angenommen worden ist. Vergl. Entsch. des Obertr. Bd. 1V. 
S. 197 und m. Beurtheilung S. 246. Ebenso unmöglich ist es, daß eine Person, welche mehrere 
Personeneigenschaften in sich vereinigt, z. B. Vormund ist, mn diesen verschiedenen Eigenschaften mit 
sich selbst einen Vertrag schließen kann. Gegen dieses Ariom verstößt das zu 1, 20, W. 104 u. 105 
eingezeichnete Pr. 1487 v. 18. September 1844. Der Fall ist die Berpsändung einer Sache für eine 
fremde Schuld. Der Eigenthtmer und Verpfänder des Pfandstücks war Vormund des Glänbigers. 
Der Glänbiger mußte nach §§. 104 und 105 cit. in Besitz gesetzt werden von Seiten des Eigenthü- 
mers. Der Eigenthümer konnte unmöglich an sich selbst die Sache aus seinem Eigenthumbesitze in 
seinen vormundschaftlicen Besitz übertragen, er konme sich nicht in zwei Personen spalten. Nun hatte 
man es so gemacht: er gab dem Schuldner die Sache, um sie zu verpfänden, und der Schuldner 
gab ihm die Sache als Pfand für den Mündel zurück. Das erklär jenes Pr. für eine wirksame 
Pfandbestellung. Aber wo bleibt da die Trennung des Besitzes des Mündels von dem Besitze des 
Eigenthlmers? Ein Pfandstück, was nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner oder Eigenthümer in 
seiner physischen Gewalt hat, ist kein Fanstpfand. 2. Von beiden Seiten muß man ekwas wollen 
(Gegenstand) und zwar 3. genau das Rämliche; jede auch noch so geringe Differenz hindert die Ber- 
einigung, daher einsteht durch eine bedingte oder beschrönkte oder ausgedehnte Acceptation eines Aner- 
dietens (Versprecheus) kein Vertrag, §s. 34. 4. Die Willenslibereinstimmung muß drückt und 
erkennbar gemacht werden. Wenn mehrere Personcn in ihren Gedanken über einen genissen Gegen- 
stand übereinstimmen, und Jeder oder auch nur Einer seine Gedanken verheimlicht, so entsteht kein 
Vertrag. Vergl. Entsch. den Obertr. XIX, 3§s3. 5. Der Gegenstand muß die Bestimmung eines 
Nechteerhöltnißen betreffen: die Willenslbereinstimmnng Über einen gleichen und gleichzeitigen Spa- 
niergang mit einander ist kein Bertrag. 6. Das Rechtsverhältuiß muß diese Personen selbst angehen, 
kein ihnen durchaus fremdes sein. Peehen ist z. B. der Beschluß eines Nichterkollegiums über das 
r# vorgetragene Rechtsverhältuiß kein Vertrag, wenn auch Stimmeneinhelligkeit stattfindct. — (d. A.) 
iie Ungültigkeit in einem Theile des Vertrages hat in der Regel totale Nichtigkeit des Vertrages zur 
Folge. Wenn z. B. die in einem Erbrezesse geschehene Veräußerung eines Nachlaßgrundstücks wegen 
eines wesentlichen Mangels nichtig ist, so sind alle übrigen damit im Zusammenhange stehenden Ver- 
abredungen, resp. der ganze Erbrezeß nichtig. Erk. des Obertr. v. 28. Jumi 1852 (Arch. f. Rechtsf. 
Bd. V. S. 328). Der Rechtesatz kann für richtig gelten, weil eine Theilung des Geschäfts ohne wech- 
selseitige Einwilligung dem Wesen eines Vertrages widerspricht. Doch hat das Obertribunal daran 
nicht sestgehalten. In einem Erk. v. 18. Mai 1837 hat dasselbe ausgesprochen, daß ein Kaufkontrakt, 
der mehrere Grunstücke umfaßt, und in Betreff eines Treunstücks eine cch in der Form des Ge- 
setzes bewirkte Dismembration enthält, nur in Betreff dieses Treunstücks nichtig sei, selbst wenn sitr 
dieses und die Übrigen Grundstücke nur ein ungetrenmer Kaufpreis festgesetzt ist (Arch. k. Rechtss. 
Bd. XXIV, S. 3180. Hiernach soll mithin der Käufer wider seinen Willen zum Kaufe der übrigen 
Grundstücke für einen nicht von seiner Einwilligung abhängigen Preis gezwungen sein, während er 
dieselben, ohne das Treunstilck, nicht gekauft haben würde, und umgekehrt soll der Verkäuser die übri- 
gen Stücke hinlassen und das Trennsiück zurückuehmen, während ihm dieses ohne jene vielleicht nichts 
nütge ist. Das Obertribunal sällt jedoch ans dem Takte. Deun es beißt weiter: Wenn der Käufer 
auf dieses Treunstlick verzichte, ohne Reduktion des in Pansch und Bogen stipulirten Kaufpreises zu 
begehren, so werde der Kauf gültig; der Verkäufer müsse den Verzicht annehmen und dürfe sich 
somit auf den Grundsatz: benelfleln non obtrulntur. nicht berufen. Wenn jedoch der Kanf mit Ans- 
schluß des Treunstückes, nach dem Vordersatze unbedingt gültig ist, so braucht er ja durch Verzicht auf 
die Reduktion des Preises nicht erst gültig zu werden. (5. l In gleichem Sinne und nach derselben 
Theorie entscheidet das Obertrib. einen ähnlichen Fall durch das Erk. vom 6. März 1863 (Entsch. 
Bd. XIIX, S. 49). Hier wird als Grund der Theilbarkeit des Vertrages angegeben: der als nichtig 
zu crachtende §. 3 des Vertrages sei kein integrirender Theil desselben, sondern statuire lediglich ein 
Recht zu Gunsten des Klägers, auf welches dieser einseitig verzichten könne, was er auch gethan habe. 
Der Entscheidungsgrund ist somit rein thatsächlicher Natur. — Läßt sich ein über mehrere Gegen- 
stände sich verhaltender Veränßerungsvertrag, welcher rücksichtlich einer dieser Gegenstände einen Par- 
zellirungsvertrag enthält, nach seinen einzelnen Gegenständen nicht trennen, so êé!b der ganze Vertrag 
im Falle der mangelnden gesetzlichen Form für Parzellirungsverträge nichtig, nach dem Erk. dess. vom 
29. April 1864 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LIV. 140. Der Vertrag war der, daß der Eine dem Andern 
den Andau an sein Hans gestattete und Dieser Jenem dagegen einen Streisen von seinem Hofraume 
abtreten und zwei auf seinem Grunde befindliche Wasserlachen ausfüllen, trocken legen und das Wasser 
von seinem Gehöfte anderswohin als in diese Lachen leiten sollte. Das Versprechen der Ueberlassung 
des Streifens Hofraum war nichtig, im Uebrigen unterlag der Vertrag keiner Nichtigkeit. Die Vor- 
leistung des Einen war aber nicht gleich dem als gültig stehen bleibenden Theil der Gegenleistung des 
Anderen theilbar; deshalb war nicht der ganze Vertrag nichtig, sondern vereitelt. 
3) Die Bejeichuungen: Uebereinkunft, Abkommen, Verabredung, Vereinbarung, Paktum, Kon- 
trakt, Konvention, werden synonym gebraucht; selbst die Bezeichaunng Vergleich kommt in dieser all- 
gemeinen Bedeutung vor.
	        
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