Bon Verträgen. 173
§. 10. Verträge, wodurch unfähige Personen verpflichtet werden sollen, müssen
durch die im Gesetze oder vom Richter ihnen bestellten Vormünder ) geschlossen werden.
(Tit. 4, §§. 20 —26.)
§. 11. Soll eine Person, welche durch Willenserklärungen nur Vortheile zu er-
werben fähig ist 70), durch einen von ihr geschlossenen Vertrag zugleich Lasten überneh-
men, so hängt die Gültigkeit des ganzen 11) Vertrages von der vormundschaftlichen
Genehmigung ab 119).
§. 12. So lange der Vonnund ½2) sich noch nicht erklärt hat, kann der andere
Theil von dem Vertrage nicht 12) zurücktreten.
§. 13. Doch steht demselben zu allen Zeiten frei, dem Vormund eine Frist zu
bestimmen 14), binnen welcher er sich über die Ertheilung oder Versagung 1½) seiner
Genehmigung erklären müsse.
§. 14. Minderjährige und Verschwender werden in Ansehung der Fähigkeit,
Verträge zu schließen, den Unmündigen gleich geachtet.
§. 15. Die Unfähigkeit eines Verschwenders, sich durch Verträge zu verpflich-
ten, nimmt mit der Mittagsstunde desjenigen Tages ihren Anfang, an welchem das
9) Die bestellten Vormünder selbst sind die Vertreter der Persönlichkeit des Unfähigen, nicht das
Bormundschaftsgericht; auch reicht zur Ungültigkeitserklärung eines vom Vormunde für den Mündel
abgeschlossenen Vertrages, der Umstand allein, daß die Genebmigung des Vormundschaftsgerichts vor-
geschrieben aber nicht eingeholt ist, nicht hin. Pr. 1758 (Plenarbeschl.) v. 22. Juni 1846 (Entsch.
XIII. S. 3). Vergl. II. 18, §§. 236—239. Die Fälle, wo die Gesetze etwas Anderes festsetzen,
sind Ausnahmen. S. 12 ebend. (5. A.) Namemtlich machen die §8. 597 ff. a. a. O. eine solche Ge-
nehmigung. nicht zur Bedingung der Rechtsgültigkeit, sie beschränken die Legitimation des Vormundes
resp. des Kurators nicht. Unten, Anm. 10 zu §. 598, II, 18. Daher hat auch die bedingte Wei-
gerung des Vormundschaftegerichts, einen von dem Vormunde eines Minderjährigen abgeschlossenen
aufkontrakt über ein Grundstück zu genehmigen, nicht die Wirkung, daß der Verläusfer von dem
Vertrage zurücktreten könne; jene Weigerung des Vormundschaftsgerichts ist ohne allen rechtlichen Ein-
fluß. Erk. des Obertr. vom 8. März 1867 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LXVI, S. 268).
10) D. i. ein Unmündiger oder eine Person zwischen 7 und 14 Jahren. Ti. 4, §S. 21. (1. A.)
Diese Grundsätze sind auch auf Ebefrauen, welche ohne Zuziehung ihrer Männer lästige Verträge ge-
schlossen haben, anwendbar. Bergl. Erk. des Obertr. v. 28. Juni 1860 (Entsch. Bd. XLIII. S. 33).
11) Des ganzen; der Vertrag ist kein pactum clandicans. S. o. Anm. 34 zu 5. 22, Tit. 4.
((t. A.) Aber der Andere muß die Erklärung des Vormundes, oder den Verlauf der ihm dazu be-
stimmten Frist, abwarten. 88. 12, 13. Das Röm. Recht hatte cinen anderen Grundsatz: der Hand-
lungssähige war seinerscits dem nichthandlungsfähigen Kontrahenten unbedingt verbunden und konnte
ohne weitere Erklärung des Vormundes mit der aus dem Rechtsgeschäfte entsprungenen Klage belangt
werden, und seinerseits nicht zurücktreten. Pr. Inst. de auctor. tutor. (I, 21); 5. 9 lust. de inutil.
Stip. (III, 19); L. 13, f. 29 D. de act. emt. vend. (XIX, 1); L. 9 pr. D. de auctor., et consensu
tutorum (XXVI. 8). Deshalb war er nicht ohne Rechtsschutz bei einem zweiseitigen Vertrage; er
konnte den Anspruch durch den Einwand des nicht erfüllten Vertrages abwehren.
11 8) (t. A.) Diese Genehmigung kann bei gewagten Geschäften auch nach der Zeit, in welcher
die Entscheidung des Wagnisses eingetreten ist, mit Ersfolg ertheilt werden. Erk. des Obertr. vom
28. Juni 1860 (Entsch. Bd. XI.III„ S. 34). Vorausgesetzt ist dabei, daß keine Erklärungsfrist be-
stimmt, oder daß die bestimmte noch nicht abgelaufen war. Hat z. B. ein Handlungsunfähiger eigen-
mächtig ein Lotterieloos mit einem Anderen zusammengenommen und seinen Antheil am Einsatze dem
Anderen, der das Ganze vorgeschossen hat, nicht erstatet, so kann die nnn noch erfolgen,
nachdem das große Loos darauf gewonnen worden. Vergl. Anm. 94, Abs. 3 zu §. 238, Tit. 18, Th. II.
12) Der Vorgesetzte, sei er Bormund, oder Bater. Tit. 4, 5. 23. Ist ausnahmeweise (Anm. 98)
auch die Erklärung des Vormundschaftsgerichtes oder einer höheren Instanz ersorderlich, so gilt das
Gleiche von dieser. Simon, Rechtsspr., 1, S. 300.
13) Nämlich nicht ohne Zustimmung des Unmündigen, wohl aber mit dessen Zustimmung, so
lange dem Borgesetzten der Antrag noch nicht gemacht worden ist. S. o. Anm. 34 zu 8. 22, Tit. 4,
und unten, Anm. 2 zu §. 387 d. T.
14) Nach Willkür, ohne Mitwirkung des Richters.
15) Erfolgt Versagung, so versteht es sich, daß der Fähige auch seinerseits an gar nichts gebun-
den ist. Simon, Rechtsspr., I. S. 200. Auch kommt nichts auf die Form der Versagung an.
Vergl. Entsch. des Obertr. Bd. XII, S. 163.