Von Berträgen. 175
§. 23. Unverheirathete Frauenspersonen werden, daserm die Provinzialgesetze keine
Ausnahme machen, bei Schließung der Verträge den Mannspersonen gleich geachtet.
§. 24. Blinde, Taube und Stumme können in soweit Verträge schließen, als sie
ihren Willen deutlich und mit Zuverlässigkeit zu dußem vennögen 75).
§. 25. Sind ihnen aber Vormünder bestellt:"), so haben sie wegen der Fähig-
keit, Verträge zu schließen, die Rechte der Blödsinnigen 25).
§. 26. In wiefern, und unter was für Erfordernissen Korporationen und Ge-
meinen :) durch Verträge verpflichtet werden können, ist nach ihren vom Staate ge-
nehmigten Grundverträgen zu beurtheilen.
§. 27. Wo diese nichts bestimmen, ist auf die wegen der verschiedenen Arten der
Korporationen ergangenen Gesetze Rücksicht zu nehmen.
§. 28. Wo auch diese nichts besonders verordnen, da bleibt es bei den von Ver-
Ellchng der Korporationen überhaupt vorgeschriebenen allgemeinen Grundsätzen.
(Th. II, Tit. 6.)
§. 20. Oeffentliche Kassen :7) können nur unter Genehmigung des vorgesetzten
Departements durch Verträge verpflichtet werden.
5. 30. Ist nach der Verfassung der Kasse die unmittelbare Genehmung :#) des
Landesherrn nothwendig, so muß das vorgesetzte Departeinent denjenigen, der mit
der Kasse sich einlassen will, vor oder doch gleich bei Abschließung des Vertrages, bei
eigener Vertretung, davon benachrichtigen ).
8. 31. Jeder Kontrahent ist schuldig., nach den Eigenschaften des Anderm, welche
auf dessen Fähigkeit, Verträge zu schließen, Einfluß haben können, sich gehörig zu er-
kundigen °“).
23) Die physische Möglichkeit ist die Grenze. Taube, welche zugleich blind find, befiuden sich in
dem Zustande der Unmöglichkeit. Denn wenn sile auch durch Worte *— eigenen Willen ausdrücken
können, so vermögen sie doch die Gegenerklärung weder durch Worte, Zeichen noch Schrift zu verneh-
men, da sie die Laute nicht hören und die Zeichen nicht sehen können, durch das Gefühl aber nur auf
eine unzuverlässige Weise, etwa verminelst erhöhter Buchstaben, der Wille des Anderen vernommen
werden kann. re dies aber auch moglich, so würde doch in dem Falle, wo die schriftliche Form
erforderlich ist, die Bollziehung unmöglich bleiben, indem der Taubblinde, wenn er auch seinen Na-
men schreiben würde, doch den Inhalt der Schrift nicht erfahren, mithin nicht zur Ueberzeugung kom-
men können: ob der Inhalt mit seinem Willen übereinstimmte. Solche Personen können mithin nur
durch Vormünder haudeln. N. v. 11. April 1841. (J.M. Bl. S. 151.)
24) Dann sind sic juristisch dandlungsunfähig, und es komnn nichte darauf an, wie im Falle
des vor. §. 24: ob und in wie weit sie sich zuverlässig zu äußern vermögen.
25) Mithin die der Unmündigen. I1, 4, 5. 26.
26) Jede juristische Person ist eine fingirte Person, welche eine beschränkte Rechtsfähigkeit hat,
denn sie kann nur Vermögensrechte und gewisse politische Rechte haben; sie ist aber, aus natürli-
chen Gründen, völlig willens= und handlungsunfähig, gleich einer vernunftlosen phyfischen Person.
Sie wird nur durch den Willen bestimmter einzelner Menschen vertreten; wer dies sind, muß für
jede zunächst durch das Gesetz, dem sie ihr Dasein verdankt, bestinimt sein. Dies ist ihre Verfassung.
27) Nämlich fiskalische. Die einzelnen Kassen sind immer dasselbe Rechrssubjekt, d. i. der Fiskus.
Die Vertreter des Fiskus aber sind nach den verschiedenen Geschäftszweigen und Bezirken andere Per-
sonen. Damit verhält es sich wie mit einem Bevormundeten, welcher mehrere Vormünder hat, die
sich in die Verwaltung getheilt haben.
38) Soll heißen „Genehmigung". R. v. 29. Dezbr. 1837 (ahrb. Bd. L, S. 469). Bei An-
läufen von Grundstücken seitens des Fiskus genügt der Konsens des betreffenden Verwaltungschefs zur
Lnchung. # Besitztitels, ohne Vorlegung einer besonderen k. Ordre. K.O. v. 231. Febr. 1845
.M. Bl. S. 70).
29) Wenn die Verfassung nicht durch gehörig publicirte Verordnungen bekannt ist. Außerdem
muß ein Jeder die Gesetze kennen.
29 °) (t. A.) Das bloße Befragen eines Darlehn und Kredit suchenden 22jährigen Menschen, ob
er selbstständig sei, kann als eine „gehörig angestellte Erkundigung“ nach seiner Verfügungssähigkeit
nicht gelten. Vergl. 9#. 32, 35 d. T. und s. 20, 21, Tit. 3 ; serner §. 3 des G. vom 2. März 1857
(G. S. S. 111). Erk. des Obertr. v. 1. Mai 1862 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XIV, S. 210).