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8. 113. Ist aber der Vertrag unter Abwesenden bloß durch Briefwechsel, ohne
Errichtung eines formlichen Instrüments, geschlossen worden, und waltet in den
Wohnörtern der Kontrahenten eine Verschiedenheit der gesetzlichen Formen ob, so ist
die Gültigkeit der Form nach den Gesetzen desjenigen Orts zu beurtheilen, nach welchen
das Geschäft am besten bestehen kann?).
S. 114. Eben dieses findet statt, wenn der Vertrag von mehreren Orten, welche
in Ansehung der Form verschiedene Rechte haben, datirt ist.
§. 115. In allen Fällen, wo unbewegliche Sachen, deren Eigenthum, Besitz
oder Nußung der Gegenstand eines Vertrages sind, müssen wegen der Form die Ge-
sete des Ortes, wo die Sache liegt, beobachtet werden?0).
S. 116. Verträge, welche vermöge des Gesetzes, oder einer Abrede der Par-
teien, schriftlich geschlossen werden sollen, erhalten ihre Gültigkeit erst durch die Un-
terschrift? ).
95) Zu Stande gekommen ist ein solcher Vertrag an demjenigen Orte, wo der antragende Brief
empfangen und zustimmend beantwortet worden ist, os so, als wenn der Anfragende dorthin gereist
wäre und mündlich angefragt hätte. Die Gesetze dieses Ortes sollen hier aber nicht emtscheiden, viel-
mehr die des Wohnsitzes der Parteien. In der Sa liegt kein Grund, warum es in diesem Falle
anders sein soll als in dem des vorhergehenden 8. 112. Indeß ist es einmal bestimmt, es ist mithin
das Recht des Wohnsitzes der Parteien das anwendbare. Für den Fall eincs verschiedenen Rechts am
Wohnsitze beider Parteien ist hier eine aushelsende Regel gegeben in der wohlwollenden Absicht, das
Rechtegeschäft aufrecht zu erhalten. Diese kann jedoch nur auf die Form angewendet werden, wic
deun hier auch anedrücklich nur von der öußeren Form Rede ist. Allein der F. 113 spricht doch aus,
daß hauptsächlich das Recht des Wo#nsien der Parteien für die aus einem Rechtsgeschäfte entstehen-
den Rechtsfragen bestimmend sei; und es liegt gewiß im Sinne dieser Vorschrift, dan dieser Grundsatz
auch in anderen Beziehungen, wo es auf die Art der Wirkung des Vertrages ankommt, anzuwenden
sei. Daraus folgt, daß bei zweiseitigen Verträgen die Verbindlichkeiten cmes jeden Theiles nach dem
an dessen Wohnsitze geltenden Rechte zu beurtheilen, wenn nicht cin anderes örtliches Recht der Obli-
gation in der Absicht der Parteien gelegen hat. S. oben Anm. 44, §. 33 der Einleitung.
96) Ausnahme von der Regel §S. 111. Ueber unbewegliche Sachen entscheiden also immer die
statuta realia auch in Ansehung der Form, mag der Vertrag geschlossen worden sein wo er will. Ent-
bält die besondere örtliche lex rei sitae darüber keine Bestimmung, so ist die schriftliche Abfassung er-
forderlich, denn das L. R. sordert für alle Verträge über Grundstücke und Grundgerechtigkeiten — sol-
geweise also auch über Gerechtigkeiten, welche zu den unbeweglichen Sachen gerechnet werden — un-
bedingt die schriftliche Form. §. 135 d. T.; 1, 10, §§. 15 — 17; 1, 21, §. 233. Pr. des Obertr.
v. 12. August 1836. (Entsch. Bd. I. S. 263.) Vergl. Bd. XVII, S. 132. (4. A.) Damit ist je-
doch nicht gesagt, daß dergleichen Verträge von Ausländern über ein im Inlaude belegenes Grund-
süück nur vor einem diesseitigen Gerichte gültig abgeschlossen werden könnten. Man hat mit der vor-
geschriebenen Form die Erfüllung derselben verwechselt und ist dadurch zu der Behanptung gekommen,
daß ein gerichtlicher Vertrag, welcher in einem Lande des Gemeinen Rechts nach der daselbst geltenden
Geschäftsordnung, also ohne Mitunterschrift der Parteien, vorschriftsmäßig ausgenommen und vollzo-
gen worden ist, in Preußen im Bereiche des A. V.R. nicht gelte. Gegen diesen falschen Rechtssag ist
das Erk. des Obertr. vom 22. Juni 1857 gerichtet. (Archiv, Bd. XXV, S. 234.) Schon vorher
hat das Obertr. den Rechtssatz sestgestellt, daß die Frage, wie die Form zu erfüllen, weiter nach den
Gesetzen des Ortes, wo gehandelt wird, zu entscheiden ist. In den Fällen, wo das A. L. R. einen
erichtlichen Vertrag vorschreibt, bedars es bei einem von Ausländern im Auslande, nach den dort
Ur die Aufnahme gerichtlicher Verträge geltenden Vorschriften gerichmich geschlossenen Vertrage, zur
Gültigkeit der darin enthallenen Eigenthumsübertragung eines im preußischen Gebiete belegenen Grund-
stückes, der Mitumerschrift der Kontrahenten nicht. Pr. v. 4. Juli 1856 (Entsch. Bd. XXXIII, S. 1).
97) Unterschrift. 1. Die Unterschrift muß eigenhändig von der Partei oder ihrem legitimirten
Bertreier geschehen. Daß die Namensnnterschrift von einem Anderen, mit Wissen und Willen einer
Partei, geichrieben worden, und der darauf bezügliche Inhalt des Diffessionseides, ist darüber, ob ein
sormell gültiger schriftlicher Vertrag vorhanden, noch nicht entscheidend. Pr. 2077, v. 14. Dezbr. 1848.
(Emsch. Bd. XVII, S. 457.) Tenn die in der Norm des Diffessionseides enthaltene Bestimmung,
wonach der Produkt zugleich schwören soll: „daß die Namensunterschrift unter dem ihm vorgelegten
Instrumente auch nicht an seiner Statt von einem Anderen mit seinem Wissen und Willen geschrieben
worden sei“, schließt die Einwendungen gegen die Rechtsgültigkeit dieser von einem Anderen erfolgten
Unterschrist nicht aus. War daher nach den Vorschriften des materiellen Rechts eine schriftliche
Bollmacht erforderlich, so musß eine solche auch zur Leistung der Unterschrift ertheilt worden sein. Pr.
1602, vom 23. Angust 1845 (Emsch. Bd. XII, S. 477). Das spätere Pr. v. 30. März 1849 sagt
Koch, Allgemeines Landrecht I. 5. Aufl. 13
2. Bon
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Vertragen.