Einschrän-
kungen des
Eigenthums
zum Besten
des Nach-
bar#, in An-
sedung der
Vorfluth.
394 Erster Theil. Achter Titel.
§. 101. Sind es Scheidegräben, so muß in der Regel die Unterhaltung von
den beiderseitigen Nachbam bis zur Mitte des Grabens geschehen 55#v.
S. 102. Gegen das außerhalb der ordentlichen Kandle und Gräben ablaufende
Wasser ist ein jeder Eigenthümer seine Grundstücke zu decken 3 58) wohl befugt /5).
§. 103. Kann jedoch der oberhalb liegende Besitzer dergleichen Wasser durch die
zu enthalten, wodurch der Wasserabfluß zum Nachtheil der Nachbarn und Userbewohner geradezu ge-
bemmt wird. Erk. des Obertr. vom 1. März 1864 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LlII, S. 190).
(5. A.) Die Frage: ob ein Grundbesitzer zur Unterhaltung und Räumung eines auf seinem Grund-
stücke befindlichen Grabens verpflichtet sei, ist zwar zunächst von den Verwaltungsbehörden zu entschei-
den. Gegen die Entscheidung derselben ist aber den Betheiligten der Rechtsweg gestattet. — Dagegen
steht die Bestimmung über die Art der Räumung und Unterhaltung des streitigen Grabens, insbeson-
dere über die Tiefe und Breite, in welcher die Räumung zu bewirken ist, lediglich den Verwaltungs-
behörden, mit Ausschluß des Rechtsweges, zu. Erk. des Komp.,Gerichtsh. vom 10. Februar 1866
(J. M. Bl. S. 168) und vom 9. März 1867 (J. M. Bl. S. 259).
".(4. A.) Die Adjazenten der Privatflüsse sind nicht verpflichtet, im Interesse der Mülenbestger die
Ufer zu unterhalten oder in Stand zu setzen. Erk. des Odertr. v. 31. Mai 1858 (Arch. für Rechtef.
Bd. AXXXN. S. 56). Vergl. Ges. vom 28. Febr. 1843, §. 7 und die Aum. dazu (Th. I1, Tit. 15,
— zu 8. 13).
Es folgt aus der Verpflichtung des Eigenthümers zur Unterhaltung der über sein Grundstück ge-
heuden Gräben und Kanäle kein Rechr des oberhalb liegeuden Nachbars auf eine, vielleicht früher ein-
mal vorhanden gewesene, bestimmte Wasserleitung, welches vielmehr ein besonderes, zwischen den
Interessenten in Bezug auf die betreffenden künstlichen Wasserabzüge bestehendes Rechtsverhältniß vor-
ausset; der Zweck der Vorschrift des §. 100 ist nur auf die Erhaltung der derzeitig bestehenden künst-
lichen Wasserabzüge gerichtet. Vergl. Erk. des Obertr. vom 21. Februar 1860 (Enutsch. Bd. XLIII,
S. 70). (5. A.) IJu dem Erk. vom 27. Juni 1865 erhält das Obertr. den Satz, daß durch den
§. 100 den Eigenthümern von Grundstücken, über welche künstliche Wasserabzllge gehen, die Pflicht
anserlegt ist, dieselben in dem Stande zu erhalten, daß sie zur Abführung des Wassers geeignet blei-
ben, gegen eine neue Ansechtung aufrecht. (Arch. f. Rechtss. Bd. LIX, S. 275.)
(5. A.) Der §F. 100 schreibt nur die privatrechtliche Verpflichtung der Grundeigenthlimer zur Un-
terhaltung der über ihre Grundstücke gehenden Wasserlausgräben und Kanäle vor; findet aber auf den
Fall, wenn in Folge wegepolizeilicher Anordnungen der Verwaltungsbehörden Veränderungen in den
Wasserlansgräben stattfinden, keine Anwendung; gegen dergleichen Anordnungen ist der Rechteweg ver-
sagt. Wenn jedoch von dem betheiligten Grundbesitzer behauptet wird, daß eine solche Anordnung ei-
neu Eingriff in sein Privatrecht enthalte, für welchen nach den gesetzlichen Vorschristen Eutschädigung
gewährt werden muß, so ist hierüber, sowie Über die Art der Entschädigung, iim Rechtsverfahren von
den Gerichten zu entscheiden. Erk. des Komp.-Gerichtsh. v. 7. Juni 1856 (J. M. Bl. S. 243).
55 v) (4. A.) Die Vorschrift setzt voraus, daß der Scheidegraben auf der Grenzlinie ist und so
zur Hälste der Breite auf beiden anstoßenden Grundstücken liegt, sie kommt daher nicht zur Anwen-
dung auf einen Graben, welchen einer der Nachbaren ganz auf seinem eigenen Grunde und Boden,
ohne Zuziehung des Nachbars, angelegt hat, wenngleil durch denselben die Grenze bezeichnet wird.
Erk. des Obertr. vom 4. Februar 1862 (Emsch. Bd. XI VII, S. 84).
55a) Darin weicht das L. N. von dem R. R., nach welchem der unterhalb liegende Grundbesitzer
nichts thun durfte, um das natürlich ablaufende Regenwasser zu hemmen oder abzulenken, ab.
55b) Wenn er dies thut, so hat der oberhalb liegende Besitzer, obgleich jener das überlaufende
Wasser bisher noch niemals gewehrt hat, gegen die Handlung desselben keine Besitzklage, weil dieselbe
eine res merne facullatis ist, aus deren bisheriger Unterlassung der Andere keinen Besitz herleiten
kann; dazu muß der Besitz eines Untersagungsrechts erworben werden. Erk. des Obertr. v. 15. Okt.
188. (J. M. Bl. 1854, S. 102.) Vergl. Erk. vom 31. Oktbr. 1856 (Arch. für Rechtsf. Bd. XXII,
272).
(4. A.) Umgekehrt hat kein Eigenthümer eines Grundstücks, wenn er keine, die Ableitung des
Wassers auf das nachbarliche Grundstück hervorbringende oder befördernde Veranstaltung getroffen hat,
die Verpflichtung, zu verhindern, daß das Regen = und Trauswasser, welches sich auf feirem Grund-
stücke ansammest, nicht den Boden durchdringe und in das Nachbargrundstück einziehe. Um diefes zu
sfordern, würde die Begründung einer Grundgerechtigkeit erforderlich sein. Die Vorschristen der 88. 102.
103 beziehen sich Überhaupt nicht auf Hausgrundstlücke, sondern nur auf ländliche. Erk. des Obertr.
v. 7. Imi 1860 (Arch. f. Rcchtsf. Bd. XXXVII. S. 333). — Aber ebenso darf auch kein Eigenthü-
mer auf seinem Grund und Boden Vorrichtungen treffen, um das Sammelwasser dem nachbarlichen
Grundstücke zuzuleiten. Ist eine solche Ableitung nothwendig, so muß sie in den gesetzlichen Formen
nachgesucht und nach Inhalt der Gesetze begründet werden, nämlich nach den. S#s. 3 — 5, Tit. 22.
Erl. des Obertr. v. 3. Januar 1861 (Archiv f. Rechtef. Bd. XL, S. 119). Vergl. S. 128 d. T.