Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Verträgen. 199 
§. 129. Vielmehr müssen Nebenbestimmungen, welche die Art. den Ort. oder 
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für allein entscheidend nicht zu erachten sei; dieses Beweisthema ist ja völlig außer Streit. Es 
handelt sich lediglich darum: wie dieser Beweiesatz bewiesen werden könne. Und in dieser Beziehung 
muß es aus logischen Gründen dem Obertr. bestritten werden, daß solches durch den Zeugenbeweis: 
wie die ursprüngliche mündliche Beredung der Kontrahenten gelautet habe, möglich sei. Die jüngste 
Willenserklärung der oder des Kontrahenten liegt schriftlich vor. Beide, die frühere mündliche und 
die letzte schrisuiche, können thatsächlich existiren und von einander abweichen, und es frägt sich nun: 
welche von beiden ist die bindende. Natürlich die schristliche als die letzte, aus bekannten Gründen. 
Will der Produzent das nicht gelten lassen, weil die Urkunde nicht die eigentliche und wahre Willeus- 
meinung ausdrücke, so muß er doch sagen, warum ? da jede Erklärung durch eine spätere abänder- 
lich ist und er ja den ihm entgegenstehenden vollständigen Zeweis seiner jüngsten Willenserklärung 
vernichten will. Hier stehen wir auf dem Punkt, an das Obertr. die Frage zu richten: was es denn 
mit den Worten, daß es niemals ausgesprochen habe (d. h. doch wohl, daß es niemals erforderlich 
sei), daß auch der Nachweis geführt werden müsse, warum der Vertrag anders niedergeschrieben als 
verabredet worden, — der Rechtswissenschaft gegenüber sagen wolle? 
b) Wenn in einem AdiudikationsSbescheide dem Adjudikatar auferlegt ist, ein Auszugshaus zu 
gewähren, und bedauptet wird, daß nach der Verabredung ein Auszug in einer weiteren Ausdehnung 
habe geleistet werden sollen; so wird nicht eine mündliche Nebenabrede, sondern die unrichtige Fassung 
der von den Parteien verlautbarten Ertlärung behauptet, wodurch der schriftliche Vertrag unwirksam 
wird. Pr. des Obertr. von 1834. (Schles. Arch. Bd. III, S. 290.) 
Whc) Wenn in einem Kaufkontrakte die Zeit der Uebergabe und damit der Uebergang der Gefahr 
festgesetzt worden ist, und nachher die Parteien die Uebergabe sormios früher vollziehen, so ist das 
keine mündliche Nebenabrede oder Abänderung eines schriftlichen Vertrages, sondern eine gültige Er- 
füllung des Vertrages, die später nur geschehen konnte aber nicht mußte. Erk. des Obertr. vom 27. 
September 1844 (Entsch. Bd. XV., S. 244). 
d) (1. A.) Wenn umer deu Parteien ein ganz anderes Rocchtsgeschäft, als der Wortlaut des 
schriftlichen Bertrages ergiebt, verabredet worden ist, so ist dies keine mündliche Nebenabrede. Erk. 
des Obertr. v. 18. Januar 1858 (Arch. f. Rechtoj. Bd. XXIX, S. 29). 
ge) (4. A.) Eine unter den Kontrahenten getroffene, ihre wahre Willensmeinung enthaltende Ver- 
einbarung, welche dem Inhalte der schristlichen Urkunde entgegenläust, und deuselben als einen solchen 
darstellt, den der Aussteller in seinem ganzen Bestande nicht ernstlich gewollt hat, gehöôrt nicht unter 
die Nebenbestimmungen des Vertrages, von welchen in den §§. 128, 129 die Rede ist, vielmehr be- 
trifft sie die Essentialien des Vertrages. Erk. dess. v. 6. Mai 1858 (ebd. S. 285). 
) (4. A.) Ist ein in dem schriftlichen Vertrage Übergangenes Essemiale mündlich sestgesetzt, so 
ist dies zwar nicht unter den Gesichtspunkt einer mündlichen Nebenabrede zu dringen, aber das Ge- 
t hibf ist wegen mangelnder Form hinsällig. Erk. dess. v. 21. Juni 1858 (Entsch. Bd. XXXIX, 
. 16). 
8) (4. A.) Wenn neben dem schriftlichen Vertrage eine mündliche Abrede getroffen ist, welche 
zur Auslegung einer in dem Vertrage enthaltenen unklaren und undentlichen Willenserklärung diem, 
z. B. das mündliche Versprechen des Verkäufers, die in dem schriftlichen Vertrage angegebene Größe 
der verkauften Grungstücke vertreten zu wollen; so ist dies keine mündliche Nebenabrede im Sinne 
des §. 128. Vergl. J. 71, Tit. 4 und Ss. 212, 214, Tit. 11. Erk. des Obertr. v. 3. Dzbr. 1858 
(Archiv f. Rechtsf. Bd. XXXI. S. 302). 
h) (4. A.) Die mündliche Zusicherung des Verkänsers eines noch erst zu verleihenden Bergwerke- 
antheils. daß die Beleihung mit der bezeichneten Grube 7 B. in der Größe von einer Fundgrube und 
1200 Maßen erfolgen und daß der fragliche Kux als Antheil an einer Grube von jener Größe ver- 
kauft werde, betrifft nicht, wie das Appellationsgericht angenommen hatte, eine Nebenabrede, sondern 
ein wesentliches Erforderniß des Vertrages, nämlich den Vertragsgegenstand, und entkräftet den Ver- 
nat wegen Irrthums im Wesentlichen des Geschäfss auf der Seite des Käufers. Tu. 4, 6. 75. 
Erl. des Obertr. v. 3. Dezbr. 1858 (Arch. f. Rechtss. Bd. XXXI, S. 307). 
) ((. A.) Wenn in einem Kaufkomrakte Über ein Pserd das Abkommen getroffen ist, daß die 
Gewährleistung erlassen sei, so stellt dies keine mündliche Nebenabrede dar, sagt das Obertr. vom 
8. Oktbr. 1857 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXVI, S. 266). Wenn die Veradredung bei dem Handel 
selbst — der wahrscheinlich mündlich geschlossen worden war — getroffen worden, so ist der Ansspruch 
richtig, anderensalls ist er unrichtig. Die Geschichtserzählung ist nicht vollständig. Vergl. S. 147. 
k) (4. A.) Sind durch einen schriftlichen Vertrag ein Grundstück und einzelne hrnell genannte 
Inventarienstücke verkauft unter der mündlichen Verabredung, daß für den bedungenen Preis außer 
jenen Inventarienstücken noch ein anderes Stück mitverkauft sein solle, so ist diese Verabredung nicht 
als eine unzubeachteude Nebenadrede zu betrachten, vielniehr betrifft sie den Gegenstand des Kaufge- 
schäft# und die S§. 127 — 129 sind auf diesen Fall nicht anwendbar. Erk. des Obertr. v. 29. Nopbr. 
1858 (Entsch. Bd. XIL., S. 20). 
1) (4. A.) Die Abrede neben einem schriftlichen Kauskontrakte, daß der Verkäufer die Hälfte des
	        
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