236 Erster Theil. Fünfter Titel.
Trägt aber eine solche mangelhafte Waage noch von einer früheren Eichung her die Stempelung
an sich, so ist letztere durch einen darüber gemachten Kreuzhieb vermittelst eines scharfen Meißels zu
kassiren, und die Waage ist bei der abermaligen Vorlage wie eine neue zu behandeln.
B. Römische Waage.
§. 8. Die unter dem Namen der römischen Waage bekannte Schnellwaage besteht aus ei-
nein ungleicharmigen Balken, der auf gleiche Weise, wie bei der vorigen Wiegevorrichtung, mittelst
einer au beiden Seiten vortretenden Stahlschneide in stählernen Pfaunen, der sogenannten Scheere
ruht. Eine eben solche Schneide, nur mit nach oben gekehrter Schärfe, ist am Ende des kurzen Ar-
ines angebracht, und diese trägt vermuttelst eines gabelförmigen, mit Stahlpfannen versehenen, Ge-
hänges einen Doppelhaken zum Anhängen der Waagschale, oder zur unmittelbaren Aufhängung der
zu wiegenden Körper.
Um das Gewicht der letztern zu bestimmen, dient ein unveränderliches Gegengewicht, das soge-
nannte Laufgewicht, welches an dem langen Arme des Waagebalkens so aufgehängt ist, daß es
versuchsweise hin und her geschoben werden kann, bis der Waagebalken in horizontaler Stellung zum
Gleichgewicht kommt.
Diese Stellung wird auf gleiche Weise, wie bei der gleicharmigen Waage, durch eine auf dem
Waagebalken befestigte, in der Scheere frei spielende Zunge angezeigt. Endlich ist auf dem langen
Arme des Waagebalkens eine Theilung mit beigesetzten Zahlen angebracht, um mittelst derselben das
Gewicht der am kurzen Arm hängenden Last ohne Weiteres ablesen zu können.
#8s. 9. Damit eine Wiegevorrichtung der fraglichen Art zur Eichung zugelassen werden kann, muß
dieselbe durch ihre äußeren Konstruktionsverhältnisse folgenden Auforderungen entsprechen:
1) Der Waagebalken muß eine regelmäßige Bearbeitung und eine hinreichende Stärke haben, um
selbst bei der schwersten Belastung nicht gebogen zu werden.
2) Der vertikale Querschnitt des Balkens muß überall ein Rechteck mit horizontalen und vertikalen
Seiten sein. Am langen Arme müissen alle diese Rechtecke gleiche Breite haben, während die Hö-
hen nach dem äußersten Ende des Armes zu etwas abnehmen können.
3) Waagebalken mit Querschnitten in Gestalt eines übereck gestellten Quadrates sind zur Eichung
nicht zulässig.
4) Wenn man es nicht vorzieht, den Waageballken blank zu lassen, so kann er geschwärgt oder bron-
zirt, und allensalls mit einem dünnen Firniß überzogen werden. Ein dick ausgetragener Anstrich
mit Oelfarbe ist dagegen nicht zulässig.
5) Die Stahlschneiden müssen die gehörige Härtung und eine solche Zuschärfung haben, daß sie die
ebenfalls gehärteten Pfannen nur mit der äußersten Kante berühren.
6) Beide Schneiden müssen so mit dem Waagebalken verbunden sein, daß sie auf der Seitenfläche
des letzteren fenkrecht stehen, und daß eine durch ihre Schärfen gelegte gerade Linie mit der Zunge
einen rechten Winkel bildet.
7) Wird eine Waagschale zur Aufnahme der zu wägenden Gegenstände angewendet, so muß das
Gewicht derselben mit Einschluß der zu ihrer Aufhängung dienenden Kette, Oesen und des zuge-
hörigen Gehänges, eine ganze Zahl von Pfunden betragen, welche auf der vorderen Seitenfläche
des Gehänges in vertiefter Schrift angegeben sein muß.
8) Das Lausgewicht darf nicht, wie dies bei den ordinären Schnellwaagen in der Regel zu gesche-
hen pflegt, vermittelst eines Hakens unmittelbar auf dem Rücken des Waagebalkens hängen,
sondern auf letzteren muß eine Hülse geschoben sein, an beiden Seiten mit vorstehenden Stahl-
schneiden und einem gabelförmigen Gehänge versehen, dessen unteres Verbindungsstück einen Ha-
ken zum Aushängen des Laufgewichts trägt.
9) Die an beiden Seiten der Hülse vortretenden Stahlschneiden müssen mit ihren nach oben gekehr-
ten Schärfen eine gerade Linie bilden, die mit den Schärfen der beiden vorgenannten Schneiden
parallel ist. Auch muß diese Linie wo möglich in der durch die beiden ersten Schärfen gelegten
Ebene sich befinden; wenigstens darf sie nicht tiefer als einen Viertelzoll unterhalb dieser Ebene,
niemals aber oberhalb derfelben liegen.
10) Das Laufgewicht muß die Gestalt einer Kugel haben, und oben mit einer eingegossenen Oese