260 Erster Theil. Fünfter Titel.
8. 287. Es wird also bei Bestimmung des Interesse nicht bloß auf den wirkli-
chen Schaden, sondern auch auf den durch Nichterfüllung des Kontrakts entgangenen
Vortheil 28) Rücksicht genommen. (Tit. 6, §8§. 5, 6.)
§. 288. Im Fall eines mäßigen oder geringen 9) Versehens darf in der Regel
nur der wirkliche Schaden ersetzt werden.
§. 289. Doch müssen Kunst= und Sachverständige auch alsdann das volle In-
teresse vergüten 29°5).
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38) Die Feststellung des Einen und des Anderen ist begreiflich saeti. Aber über keine thatsäch-
liche Frage gehen die Urtheile der Richter soweit auseinander wie über diese. Ein Beispiel giebt der
Rechtsfall in den Entsch. Bd. XVII, S. 144. Jemand verkauft sein sub hasta stehendes Grundftück
für 4500 Thlr. Das Kaufgeld soll 4 Wochen vor der Uebergabe mit 2900 Thlrn. gezahlt werden
(um davon den Extrahenten der Subhastation zu befriedigen) und der Rest am Tage der Uebergabe.
Der Käufer zahlt nicht, das Grundstück wird versteigert und für 2000 Thlr. zugeschlagen. Die Käu-
ser klagen auf Zahlung des Kaufgelderrestes nach Abzug des Meistgebotes von 2000 Tönrn. zur Schad-
loshaltung wegen Nichterfüllung des Kontrakts. Der erste Richter weist ihn ab, weil ein grobes Ver-
sehen des Beklagten nicht vorliege, der Kläger aber keinen wirklichen Schaden gehabt habe, sondern
nur entgangenen Gewinn fordere. Das Odertr. hingegen verurtheilt den Beklagten, weil das, was
der Kläger fordere, lauter wirklicher Schaden sei. S. 149.
(4. A.) Zu dem Interesse eines von seinem Prinzipal unberechtigterweise entlassenen Verwalters
ahört auch der Ersatz für die in Folge der Entlassung entgangene freie Station, die einen Theil des
halts (der Gegenleistung) bildet; dieser Gehaltstheil muß geleistet werden selbst dann, wenn ein
Dritter dem Entlassenen den Unterhalt aus Freigebigkeit gewährt hätte. Das wäre eine ihm gemachte
Schenkung, die der Schuldner nicht für sich benutzen kann. Erk. des Obertr. v. 9. Juli 1860 (Arch.
s. Rechtsf. Bd. XXXVIII. S. 135). Vergl. oben, Anm. 36, Abs. 5. ·»
(4.A.)DieveksöumtenFriichte(Perztpimden)(§.229,Tit.7)smdmchtembbßekaehtbetrag
der Perzepten. Zur Darlegung und Begründung des Perzipiendenanspruchs ist daher die Angabe und
der Nachweis des Ertrages der Perzepten nicht erforderlich, vielmehr genügt dazu eine von Sachver-
ständigen ermittelte Ertragstaxe. Erk. des Obertr. v. 10. Mai 1852 (Arch. f. Rechtsf. Bd. V, S. 251).
39) Nämlich wenn der Vertrag von der Art ist, daß auch für geringes Versehen eingestanden
werden muß. Keineswegs ist die Vorschrift so zu verstehen, daß wegen Nichterfüllung aus geringem
Versehen in allen Fäten der wirkliche Schade ersetzt werden müßte. Eine solche Anwendung von der
Stelle macht auffallenderweise das Obertr. in dem, in der vor. Aum. 38, erwähnten Rechtsfalle, wo#“
S. 148 gesagt wird: „Es muß dem Kläger darin beigetreten werden, daß der Beklagte für einen sol-
cheu zu achten, welcher seinen vertragsmäßigen Pflichten mindestens aus mäßigem oder geringem Ver-
sehen nicht genügt hat. — Auch derjenige, welcher bei Erfüllung eines Vertrages seinen AInchten, auch
nur aus mäßigem oder geringem Verschen , nicht nachkommt, muß aber dem Anderen den ihm ent-
standenen Schaden ersetzen. 88. 288, 360 d. T. Bei Käufen aber hat jeder Thceil nur ein mäßi-
ges Versehen zu verantworten. §. 278 und Tit. 11, §. 103.“ Hätte also der Käufer nur aus einem
geringen Versehen die Nichtzahlung verschuldet, so würde er dem Verkäufer gar nichts E— e-
wesen sein, also kann man das mäsige und das geringe Versehen hier nicht gleichstellen. So 6h
das geringe Versehen auf §. 360 beziehen, so ist die Anwendung dieses Gesetzes gleichsalls nicht zu-
treffend. Dort ist die Rede von der Aufhebung eines Vertrages wegen (objektiver) unödlichleit: und
es ist der Grundsatz ausgesprochen: wegen Unmöglichkeit, die nicht durch reinen Zufall eingetreten
Ie, wird kein Vertrag ausgehoben, d. h. der Schuldner wird nicht liberirt, er muß erfüllen oder das
Interesse leisten, wenn die Unmöglichkeit irgendwie von ihm verursacht worden ist. Also dieses ge-
ringe, ja geringste Versehen, oder auch die nur in seiner Person liegende Ufällige Ursache (S. 369),
bezleht sich lediglich auf die Frage: ob der Vertrag gilt, oder ob er aufgehoben ist. Gilt er, so kom-
men wegen der Emschädigungestage die hier F. 277 ff. vorgeschriebenen Grundsätze ausschließlich zur
Anwendung. Uebrigens entsteht aus dem Mangel an Gelde überhaupt gar keine in Betracht kom-
mende (objektive) Unmöglichkeit der Erfüllung (Tit. 4, §. 129), sonst würden die meisten Schuldner
von selbst liberirt sein.
39) (4. A.) Immer vorausgesetzt, daß ihnen ein Versehen zur Last fällt. Jemand hatte von
einem Kaufmanne Saamen von weißen Zuckerrüben verlangt und auf diese Bestellung Saamen von
rothen Rüben geliefert erhalten. Er bepauptete, in Folge Nichtersilllung des Vertrags Schaden
durch den ingen Ertrag der Futterrüben, in Vergleich mit dem Ertrage der weißen ueersibrer
welchen er bei richtiger Ullung des Vertrages erzielt haben würde, erlitten zu haben und forderte
dafür Ersatz. Das Obertr. wies, das Appellationsurtel bestätigend, den Kläger ab, weil dem Beklag-
ten, der ein Kaufmann war, und also den Saamen nicht selbst produzirt hatte, kein Versehen beizu-
messen sei, indem von lum nicht verlangt werden könne, daß er aus eigener Wissenschaft eine Kennt-
niß über die Qualität (sollte heißen: Art) des von ihm gelieserten Saamene besitze, welche ein Sach-