Von Verträgen. 279
des Andem einen Vortheil verschaffen, welchen er, wenn der Vertrag auf die bestimmte
Art erfüllt worden wäre, nicht erhalten haben würde.
5. 373. Entsteht die Unmöglichkeit der im Vertrage bestimmten Erfüllungsart
durch einen bloßen Zufall, so finden die auf den Fall einer Unmöglichkeit der Erfül-
lung überhaupt gegebenen Vorschriften §§. 364— 368 Anwendung?).
§. 374. Ist die Erfüllungsart durch eingetretene Umstände nicht unmöglich ge-
macht, sondem bloß erschwert worden, so kann dieses den Verpflichteten von seiner
Schuldigkeit nicht befreien.
§. 375. Ist aber durch eine zufällige Veränderung der Umstände die bestimmte
Erfüllungsart mit einer unvorhergesehenen Gefahr verbunden worden, so muß der Be-
rechtigte, wenn er dennoch auf dieser Erfüllungsart besteht, die Gefahr übernehmen.
§5. 376. Doch kann der Verpflichtete zur Erfüllung auf die bestimmte Art gar
nicht angehalten werden, wenn damit eine wahrscheinliche Gefahr des Lebens, der
Gesundheit, oder der Freiheit für ihn verbunden sein würde 28).
8. 377. Außer dem Fall einer wirklichen Unmöglichkeit kann, wegen veränder-
ter Umstände, die Erfüllung eines Vertrages in der Regel nicht verweigert werden 25).
§. 378. Wird jedoch durch eine solche unvorhergesehene Veränderung die Ereei-
chung des ausdrücklich erklärten, oder aus der Natur des Geschäftes „sich ergebenden
Endzweckes beider?'?) Theile unmöglich gemacht??), so kann jeder derselben von dem
noch nicht erfüllten !9“7) Vertrage wieder abgehen.
§. 379. Ein Theil kann alsdann von dem andern nur in sofern Entschädigung
fordern, als die Veränderung der Umstände durch dessen freie Handlung bewirkt worden.
§. 380. Wird durch die Veränderung der Umstände nur der ausdrücklich erklärte
27) Durch Eintritt der zusälligen Unmöglichkeit wird der Vertrag vernichtet. §. 364. Eine wich-
tige Abweichung von dent R. R., welches die Regel hat, daß der Zusall den Gläubiger trifft (eredi-
toris est rei periculum s. damnum) Daraus solgt, daß der Schuldner frei ist und daß die Gegen-
leistung erfolgen muß. Miethverträge machen eine Ausnahme.
Ist der Vertrag einmal ipso jure aufgehoben, so kann er durch späteren zufälligen Wegsall der
Unmöglichkeit nicht wieder aufleben. Daher kann z. B. in dem Falle, wenn ein Miether wegen ei-
nes zufällig nöthig gewordenen Hanptbaues an einem Hause die Wohnung räumen muß, Kemer den
Anderen nach Vollendung des Baues zur Fortsetzung des Miethskontrakts auhalten. I. 21, KP. 363, Pr.
des Obertr. v. 11. Juli 1837. (Entsch. Bd. III. S. 15.) Eine bloß vorllbergehende nsrhinderung
bebt aber den Vertrag nicht auf. Vergl. 1, 21, §. 299 ff. Die Frage wird hier eine faktische, welche
in Berücksichtigung des Rechtsverhältnisses und der Umstände, nach dem Ermessen des Richters, zu
entscheiden ist. In einem Verhältnisse, wo angenblickliche und prompte Erülling nothwendiges Er-
forderniß der gehörigen Erfüllung ist, muß eine auch nur kurze Zeit eintretende Unmöglichkeit sosor-
tige Aufhebung zur Folge haben.
98) Dabei ist, indem die Vorschrift ursprünglich auf den Ort der Erfüllung berechnet war (Aum. 93),
an lebens - und freihelsgefährliche Begebenheiten an jenem Orte, wie Belagerung nud andere Kriegs-
ereiguisse, gedacht.
8 (4. A) Die einem Wirthschaftsbeamten in dem Dienswertrage zugesicherten Emolumente,
insbesondere die Tantiemen von Holzverkaufsgeldern, sind demselben auch dann zu gewähren, weim
die von ihm nach der Dienstinstruktion deshalb zu leistenden Dieuste unnöthig geworden sind. Erk.
des Obertr. v. 8. Jan. 1852 (Arch. f. Rechtss. Bd. IV, S. 241).
99) Ausnahme macht der Lieferungsvertrag, von welchem der Rücktritt freisteht, wenn der Zweck
auch nur Brteinen Theils vereuelt wird, I. 11, §§. 984 bis 986; desgl. der Miethskontrakt, 1,
21, #s. 376 ff.
992) Nämlich zur Zeit der Erfüllung. Veränderte Verhältnisse, welche sich später ereignet, kom-
men in soweit nicht in Betracht, d. h. der §. 378 kommt dann überhaupt nicht zur Auwendung. Erk. des
* v. 23. Nov. 1853 (Entsch. Bd. XXVI, S. 239) und v. 6. Juni 1863 (Entsch. Bd. XIIX,
S. 55).
100) Hat der, welcher zurücktreten will, mit der Erfüllung berceits angesangen, so hat es dabei
sein Bewendcn: er hat wegen den Gegebenen oder Geleisteten kein Rückforderungsrecht und von der
noch rückständigen Leistung ist er frei.
3) wegen
veränderter
Umstände,