Bon Pflichten und Rechten aus unerlaubten Handlungen. 290
1: Berordnung v. 17. August 1835, zur Aufrechthaltung der öffentlichen
Ordnung und der dem Gesetze schuldigen Achtung, bei Aufläusen und Tumulten
(G. S. S. 170).
8. 11. Für Beschädigungen an Sachen, welche bei solchen Gelegenheiten vorfallen, haften nicht
nur die Urheber derselben, sondern auch alle diejenigen solidarisch:
a) welche sich bei einem Auflause irgend eine gesetzwidrige Handlung haben zu Schulden kommen
lassen, und
b) alle Zuschauer 15), welche sich an dem Orte des Auflaufs befunden, und nach dem Einschreiten
der Orts- oder Polizeibehörde nicht sogleich entfernt haben. Keine Entschuldigung eines Zuschauers
wird beachtet, wenn seiue Anwesenheit noch bei 70) dem Einschreiden der bewaffneten Macht statt-
gesunden hat.
Denen, die sich nur in dem letzteren Falle befunden haben, bleibt der Regreß an diejenigen vor-
behalten, die sich mit ihnen in demselben Falle befinden, zu gleichen Theilen, an die Urheber und die
Theilnehmer des Verbrechens aber für den ganzen von ihnen gezahlten Betrag.
138. Gesetz, betr. die Verpflichtung der Gemeinden zum Ersatze des bei öf-
sentlichen Aufläufen verurfsachten Schadens. Vom 11. März 1850 (G.S. S. 199).
Wir z#. verordnen, unter Zustimmung beider Kammern, was folgt:
§s, 1. Finden bei einer Zusammenrottung oder einem Auflaufe von Menschen durch offene Ge-
walt, oder durch Anwendung der dagegen getroffenen gesetzlichen Maßregeln, Beschädigungen des Ei-
genthums, oder Verletzungen von Personen statt, so hafiet die Gemeinde, in deren Bezirke diese Hand-
lungen geschehen sind, für den dadurch verursachten Schaden 20).
§s. 2. Die im §. 1 festgestellte Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn die Beschädigung durch eine
von außen her in den Gemeindebezirk eingedrungene Menscheumenge verursacht worden und in diesem
Falle die Einwohner des letzteren zur Abwehr des Schadens erweislich außer Stande gewesen sind.
§. 3. Im Falle des §. 2 liegt die Entschädigungspflicht der Gemeinde oder den Gemeinden ob,
auf deren Gebiete die Ansammlung, oder von deren Bezirke aus der Ueberfall stattgehabt hat, es sei
denn, daß auch diese Gemeinden erweislich nicht im Stande gewesen wären, den verursachten Scha-
den zu hindern.
Mehrere nach den vorstehenden Bestimmungen verpflichtete Gemeinden (§§. 1 u. 3) haften, dem
Beschädigten gegenüber, solidarisch.
s. 4. Hat in einer Gemeinde eine Beschädigung der im 6. 1 gedachten Art stattgesunden, so ist
der Borstand der Gemeinde berrchtigt und auf Ansuchen des Beschädigten verpflichtet, den angerichte-
ten Schaden vorläufig zu ermineln und festzustellen.
Bei dieser Ermittelung find die Interessenten, soweit als möglich, zuzuziehen.
ist nicht zu sagen; dem Versafser selbst ist es nicht klar gewesen, und die Praxis hat sich auch noch
nicht mit Bewußtsein ausgesprochen. Wie es damit steht, darüber s. m. die Anm. 39 zu F. 545, Tit. 5
verbunden mit der Anm. 32 zu §. 36, Tit. 8.
19) Zuschauer, nicht etwa alle Anwesende. Wer zufällig dort passirt und durch den Volks-
haufen am Fortkommen augenblicklich verhindert wird, ist noch kein Zuschaner. Zuschauer ist derje-
nige, welcher freiwillig an dem Orte verweilt, um zuzusehen.
20) D. h. in dem Augenblicke, wo die bewaffnete Macht auf dem Schauplatze anlangt. Doch
kann das unmöglich entscheiden. Wer in demselben Augenblicke sich entfernt, kann nicht hasten für
den Schaden, der erweislich erst hinterher verursacht worden ist. Die Bestimmung setzt voraus, daß
die Emstehung des Schadens älter oder der Zeit nach uicht festzustellen sei. (2. A.) Wer sich vor dem
Einschreiten der bewaffneten Macht, aber nicht sogleich nach dem Einschreiten der Orts= oder Poli-
eibehörde entfernt hat, haftet zwar gleichfalls, aber doch muß er mit Entschuldigungen wegen nicht
ofortiger Entfernung gehört werden, deren Erheblichkeit der Richter zu ermessen hat. — Uebri-
Em tritt die fragliche Ersatverbindlichkeit ein, mag an die Zuschauer eine besondere Aufforderung der
ivilbehörde, sich zu entsernen, ergangen sein, oder nicht. Pr. des Obertr. v. 12. Dez. 1851 (Cutsch.
ZBd. XXII, S. 126).
20 ) (5. A.) Die Gemeinde hat die Verpflichtung, der Auflauf zu hintertreiben und die Beschä-
digung abzuwehren. Sie ist in der Lage, die Beschädiger durch ihre Vorsteher zu ermitteln und sich
an diesen zu erholen. Durch ihre prinzipale Haftung wird sic angetrieben, die Beschädigung abzuwch-
ren, resp. die Thäter auszufinden.