354 Erster Theil. Siebenter Titel.
§. 151. Der Richter muß den Gestörten durch Androhung ??:##) verhältnißmä-
ßiger Strafe gegen den Störer, und nöthigenfalls durch deren wirkliche Vollstreckung,
gegen femere Beeinträchtigungen schützen.
§. 152. Hat der Störer dem richterlichen Befehle schon einmal entgegen gehan-
delt, so kann er über dies zur Sicherheitsbestellung für künftige Beunruhigungen an-
gehalten werden.
§. 153. Ein Gleiches findet statt, wenn wahrscheinliche Gründe zur Besorgniß
vorhanden sind, daß der Störer dem Andem für einen aus ferneren Beunruhigungen
erwachsenden Schaden nicht sofort vollständige Genugthuung werde leisten können.
§. 154. Von vorstehenden Befugnissen (§S. 146— 153) kann nur derjenige Ge-
brauch machen, welcher nachzuweisen vermag, daß er sich unmittelbar??) vor der er-
folgten Entsetzung oder Störung im ruhigen?) Besitze befunden habe.
Was Rech- 8. 155. 8 der letzte ruhige Besitzstand zweifelhaft 75), so hängt die Verfügung:
elenket, wie es mit der streitigen Sache bis zur näheren Erörterung der gegenseitigen Rechte
sid Ktreitig #l. zum Besitze gehalten werden solle, von richterlichem Ermessen ab.
(4. A.) Die S§§. 150 ff. schützen den Besitzer gegen Jeden, welcher ihn im Besitze stört, mag die
Störung als mittelbare oder als uumittelbare Folge der Handlung eingetreten fein (88. 8 ff.), wenn
nur dieser Erfolg, obgleich erst künftig, alsdann aber als nothwendige Folge der Handlung selbst mit
Sicherheit eintreten wird, (15. A.] z. B. in Folge der Anlegung eines Stauwerkes in einem Flusse,
durch welches die oberhalb delegenen Grundstücke der Gefahr der Ueberschwemmung ausgesetzt werden.
Erk. des Obertr. vom 14. September 1863, Arch. f. Rechtsf. Bd. LI1, S. 90.) Dagegen ist eine
Handlung, deren künftige Folgen von der Einwirkung außer ihr liegender Umstände abbängig und
deshalb noch ungewiß sind, als Besitzstörung nicht anzusehen. Erk. des Obertr. vom 2. Juni 1867
(Arch. f. Rechtsf. Bd. XLVI, S. 126). Vergl. Erk. v. 8. Februar 1856 (Arch. f. Rechtef. Bd. XX,
S. 145). Jemand haue Gruben, Gräben und andere Vertiefungen in der Nähe des Grundstücks des
Klägers angelegt, welche die Versandung und Ueberschwemmung des klägerischen Grundstückes herbei-
geführt hatien. Darauf bezieht sich der erste Satz. Derselbe Jemand hatte auch in der Nähe Sand
ausgelagert, so daß dieser Sand auf das Grundstück des Klägers geweht werden konnte. Hierauf be-
zieht sich der Gegensatz. — (5. A.) Bei der Besitzstörung kommt es, auch in Ermangelung eines Un-
tersagungsrechtes, auf den Ort, von dem die turbirende Handlung ausgehet, gank und gar nicht an,
vielmehr ist lediglich auf die Existenz und die Urheberschaft derselben zu sehen. Die Anlegung eines
Grabens, durch welchen dem Bassin eines benachbarten Grundstücks Unreinigkeiten zugeführt werden,
welche dessen seitherige ungestörte Benutzung beeinträchtigen, enthält eine Besitzstörung. Erk. des Obertr.
v. 30. Oktober 1863 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LII, S. 54).
925) (4. A.) Die Androhung geschieht im Possessorienurtheile auch ohne Antrag des Klägers.
Erk. des Obertr. vom 28. September 1855 (Arch. f. Rechtef. Bd. XVIII, S. 164).
93) Der Beweis der Fortdauer des Besitzes bis zum Zeitpunkte der Besitzstörung ist in vielen
Fällen schwierig. Man hat deshalb zu dem Satze der älteren Civilisten: olim possessor hodie pos-
sessor, Zusflucht genommen, der jedoch im Pr. R. manche Beschränkungen findet, z. B. Tit. 9, §55. 596,
597, 649 ff., und auch von den Neueren nicht mehr als praesumtio juris für das Gem. Recht an-
erkannt wird. Der dadurch veranlaßte Meinungsstreit ist durch den Pl.-Beschl. des Obertr. (Pr. 2068)
vom 6. Nopbr. 1848 (s. o. in der Anm. 71 zu 8. 113) für die Praxis beigelegt. (4. A.) In Betreff
des Besitzes eines Untersagungsrechts ist angenommen, daß zum Nachweise des zur Begründung der
Besitzstörungsklage erforderlichen jüngsten Besitzes der Nachweis des früher erlangten Besitzes des be-
treffenden Untersagungsrechts nicht genüge, vielmehr der Beweis erforderlich sei, daß der Kläger sich
unmittelbar vor der ersolgten Störung im ruhigen Besitze befunden habe. Erk. des Obertr. v. 28. Ja-
nuar 1856 (Arch. s. Rechtsf. Bd. XX, S. 82).
x * §w Verjährung der Besitzklage s. Pl.-Beschl. v. 29. März 1847 in der Anm. 5 zu 8. 1,
it. 31 Pr. O.
94) Den Gegensatz enthält der folg. §. 155. Darnach ist ein bis dahin vom Gegner nicht beun-
ruhigter, d. i. ein solcher Besitz gemeint, der nicht schon von derjeuigen Handlung, welche zur Klage
Anlaß gegeben hat, zwischen dem Kläger und Beklagten streitig war. Vergl. auch das Pr. des Obenr.
im Schles. Arch. Bd. V, S. 394.
(4. A.) Wenn eine zweite Sesiohbrung 11güch eine Fortsetzung und Konsequenz der ersten bildet,
so ist die Sache so anzusehen, als wenn beide gleichsam als Theile eines und desselben Aktes die im
gegenwärtigen Prozesse gerügte Turbation darstellten; es lomutt daher nur auf den ruhigen Besitz un-
mutelbar vor der ersten Störung an. Erk. des Obertr. vom 1. April 1859 (Arch. f. Rechtsf. Bd.
XXXII, S. 363 und Entsch. Bd. XLI, S. 72).
95) Nämlich in Beziehung auf den Beklagten. S. die vor. Anm.