Von Pflichten und Rechten aus unerlaubten Handlungen. 313
S. 113. Der Betrag dieses Schmenzengeldes ist nach dem Grade der ausgestan-
denen Schmerzen, jedoch nicht unter der Hälfte, und nicht über den doppelten Betrag
der erforderlichen ?#2) Curkosten 62), richterlich zu bestimmen. .
§. 114. Bei Personen höheren Standes wird auf die dem Beleidigten durch die
Mißhandlung verursachten Schmerzen nur bei Bestimmung der gesetzmäßigen Strafe
Rücksicht genommen.
§. 115. Ist durch die zugefügte Verletzung der Beschädigte, sein Amt oder Ge= en ver-
werbe auf die bisherige Art zu betreiben, gänzlich außer Stand gesetzt worden, so sadigkeit uur
haftet der Beschädiger für diejenigen Vortheile, deren fortgesetzter Genuß dem Beschä- #
digten dadurch entzogen wird. er Ge-
§. 116. Ist die Beschädigung aus Vorsatz oder grobem Versehen zugefügt wor-
den, so müssen dem Beschädigten auch künftige Vortheile vergütet werden, deren Er-
langung derselbe, nach dem natürlichen und gewöhnlichen Laufe der Dinge, vernünf-
tiger Weise, erwarten konnte 77).
des gestritten. Aus dem Gesichtspunkie der Entschädigung für verlorene Arbeitszeit oder für größeren
nicht genau nachweisbaren Auswand ist es nicht zu bestreiten; in dieser Bedeutung aber spriche es das
L. K. nicht zu, denn die Emschädigung für Verstumnig u. dgl. hat der Beschädigte noch überdies zu
fordern. Das Schmerzengeld im Sinne des L. R. ist eine Taxe der Schmerzen als solcher; das L. K.
taxirt damit die Gliedmmaben des gemeinen Mannes wie das R. R. die des Sklaven. Der vornehme
Mann hingegen ist darin unschätzbar, daher er nichte sordern kaun. Diejenigen, welche in solcher
Weise die menschlichen Gliedmaßen zu geldwerthen Vermögensstücken machen, sußen auf C. C. C. Art. 20,
wonach „oberkeit und richter — den so wider recht — gemartert (gesoltert) war, seiner schmach,
schmer#n, kosten und schaden, der gebüre vergeltung zu thun schuldig sein sollen.“" Daraus ist das
Schmeengeld in der landrechtlichen Bedeutung nicht zu entnehmen, und wenn die Stelle dafür als
Quelle gelten soll, so ist doch keine Spur von einer Eintdeilung dir Menschen in zwei Klassen, in
schätzbar: und in unschähbare, darin zu finden. Zu den heutigen Ansichten paßt die Bestimmung nicht.
(3. A.) Das Schmerzengeld scheint ein Ueberrest der Kompositionen zu sein. (4. A.) Die Bestimmung
des 5§. 112 ist übrigens durch den Art. 4 der Verf.-Urkunde nicht aufgehoben. Erk. des Obertr. vom
31. Janmr 1859 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXII. S. 191).
(4. 2.) Daß dieses Forderungsrecht auch auf die Erben Übergeht, solgt schon aus seiner rechtlichen
Natur als eines solchen von selbst; es trägt nicht ein einziges Merkmal der Privatstrase. Der wider-
brachende Aufsatz in Gruchot's Archiv Bd. IV, S. 175 führt für sein Thema keinen juristischen
weis
62) R kein Anzt gebraucht worden, und dennoch die Wiederherstellung erfolgt, so sind Kurkosten
nicht erforderlich gewesen, solglich findet wegen Geringfügigkeit der Beschädigung kein Schmerzengeld
statt, wofür dann auch der Maßstab gang sehlt.
63) Urter den Kurkosten versteht die Praxis nur die Kurkosten im engeren Sinne, d. h. das Arzt-
lohn und di: Medizinkosten. Nicht gerechuet werden Reisekosten des Arztes oder Fuhrkosten des Kran-
ken für dessai Transport zum Arzte, Wärterkosten u. dgl. So hat erkanut das frühere Oberland.-G.
zu Breslau als Appellationesgericht am 5. Juli 1836 in einer Sache Schmidt w. Gebel. Vergl. auch
den Rechtsfal in Ulrich, Arch. Bd. XIII. S. 565, wo derselbe Grundsatz augewendet worden ist. —
(4. A.) Auck das Obertr. hat diesen Grundsatz für richtig anerkannt und angewendet. Erk. v. 17. Juui
1863 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XLIX. S. 287 und Entsch. Bd. L, S. 39).
64) Die Anwendung dieses Grundsatzes hat Schwierigkeiten. Anfangs hatte man im Entwurfe
die Bestimmung vorgeschlagen, daß der Beschädiger für diejenigen Vortheilc haften solle, deren fortge-
setzter Genus dem neschädigurn durch die Seschädigung eutzogen worden, sowie für künftige Verbesse-
rungen, inscsern solche bestimmt und gewiß waren. Dagegen wurde erinnert, daß es undeutlich sei,
was unter Unftigen bestimmten und gewissen Verbesserungen gemeint sei. Man dachte sich darunter
die Fälle, no ein Offiziant zu einer höheren und einträglicheren Bedienung schon ernannt sei, obgleich
er solche nach nicht angetreten habe; desgl. wenn Jemand zu einer besseren Versorgung wirklich schon
die Anwartchaft hatte, und der Fall, wo er wirklich habe eintreten können und sollen, in der Folge
zur Wirklichkeit gelangte. Dazu ist am Rande bemerkt, wer dolo vel culpa lala beschädigt, muß auch
die künftigm Vortheile prästiren, auf welche der Damnifikat nach dem natstrlichen und gewöhnlichen
Laufe der Dinge Hoffnung hatte; — wer culpa leri. nur die gegenwärtigen. (Ges.-Revis. Mot. zu
diesem Ti., S. 193.) Durch diese Aenderung ist der Ausdruck 9* allgemeiner und unbestimmter ge-
worden. (5. A.) Das Obertr. hat angenommen, daß in den §§. 115—122 eine Ausnahme von der
alsemein Regel der §§. 18, 19 d. T. nicht festgesetzt sei, nud demnach ein durch Schläge Arbcus-
unsahiggewordener, welcher sich selbst ein grobes Versehen hat zu Schulden kommen lassen, gegen den
Beschädige keinen Anspruch habe. Erk. vom 13. Mai 1367 (Acch. f. Rechtsf. Bd. LXVI, S. 309).