Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Gewahrsam und Besitz. 325 
den können, kann auch der Besitz durch die Handlung eines Andern erworben wer- 
en 22). 
§. 46. Zur Besitzuehmung gehört nothwendig, daß der Gegenstand derselben, 
er sei Sache oder Recht, genau bestimmt worden. 
§. 47. Ist die Sache mit andern vermischt ?3), so muß sie abgesondert oder 
kenntlich ausgezeichnet werden. 
§. 48. Ohne Besitzergreifung) kann keine Art des Besitzes erlangt werden. 
§. 49. Wer jedoch einem Andem in einem Inbegriff von Sachen oder Rechten 
nachfolgt, der bedarf keiner Besitzergreifung, in Ansehung der einzelnen unter dem In- 
begriff enthaltenen Sachen und Rechte ½5). 
(4. A.) Bei dem Erwerbe des Besitzes durch die Handlung eines Stellvertreters kommt diese 
Handlung in ihrer Totalität, sowohl für als gegen den Prinzipal, in Betracht. Erk. des Obertr. vom 
5. Dez. 1851 (Arch. f. Rechtf. Bd. III, S. 353). 
22) Z3. B. durch die Vermiethung eines vom Vermiether noch nicht besessenen Rechts, und dessen 
Ausübung durch den Miether wird der Besitz für den Vermiether ergriffen. Pr. des Obertr. 2125, 
vom 5. Juni 1849. (Entsch. Bd. XVIII, S. 157.) In diesem Falle enthält der Miah-wermag den 
Auftrag zur Besiyergreifung. S. die vor. Anm., auch unten die Anm. 50, Abs. 2 zu §. 81 d. T. 
23) Oder mechanisch verbunden. Denn auch in diesem Falle existirt sie nicht als eine besondere 
Sache, wie z. B. die einzelnen Steine in einer Mauer, die Balken in einem Gebäude. Das Ganze 
ist eine andere Sache als die in dasselbe als Theile eingefügten einzelnen Stücke. Wenn daher 3. B. 
einzelne Balken und Steine gestohlen waren, so hindert dieses den Erwerb des Ganzen durch Ver- 
jährung nicht. Nicht anwenddar ist dieses auf unabgesonderte Früchte: diese können für sich besonders, 
ohne das Grundstück, in Besitz genommen werden, sei es durch Uebernahme der Gewahrsam von dem 
Grunostücke durch den Erwerber oder dessen Aufseher, wie bei Getreide auf dem Halme, bei hangen- 
den Baumfrüchten; oder durch eine s. 9. symbolische, für jeden Dritten durch Zeichen erkennbar ge- 
machte, Uebergabe. (5. A. Das Obertr. drückt dies mit denfelben Worten aus: daß nämlich, „wenn 
nur einzelne noch auf dem Stamme stehende Bäume aus einem Walde veräußert seien, die Tradition 
im Wege der symbolischen Uebergabe nur durch folche Handlungen erfolgen könne, welche die Ueder- 
abe für jeden Dritten erkennbar machen“. Erk. v. 6. September 1864, Arch. f. Rechtsf. 
d. LVI. S. 100.) Bergl. unten, Anm. 314“ und 32. Daß der Besitz von stehenden Bäumen 
durch symbolische Uebergabe, namentlich vermittelst Anschlags mit dem Forsthammer, selbsiständig und 
mit Verfolgbarkeit gegen jeden Dritten erlangt werden könne, sagt auch das Pr. des Obertr. 1570, 
d. 9. Mai 1845 (Entsch. Bd. X1. S. 201). Doch erklärt sich dies nicht aus der Kraft der symbo- 
lischen Uebergabe, wie es das Obertrib. thut, sondern aus dem Wesen der brevi manu traditio, welche 
die Erklärung des bisherigen Besitzers enthält, daß er die bezeichneten Bäume bis zur Abholung für 
den neuen Erwerber in Gewahrsain und Obhut behalten wolle. 
(4. A.) Einzelne Theile eines Gebäudes, z. B. die Abtheilungen (Bansen oder Tasse) einer 
Scheune, können Sondereigenthum verschiedener Personen sein, woeen andere Theile, z. B. die 
Tenne, die Einfahren und das Dach darüber, im gemeinschaftlichen Eigenthume Mehrerer zu idcellen 
Ambeilen bleiben. Hat eine reale Theilung, mündlich stattgesunden und Jeder seinen Theil in aus- 
schließlichen Besitz genommen, so wird der Mangel des sormellen Theilungsakts durch eine 30jährige 
Verjährung ersetzt. Tit. 9, 85. 613, 625. Erk. des Obertrib. v. 17. Fedr. 18360 (Arch. f. Rechtss. 
Bd. XXXVI. S. 232). (5. A.) Das gilt auch von den verschiedenen Stockwerken und den verschie- 
denen Räumlichkeiten eines Stockwerkes eines Hausareals. Erk. dess. vom 11. April 1864 (Archiv 
f. Rechtsf. Bd. LIV, S. 61). Vergl. jedoch oben, die Anm. 30, Abs. 2 zu §. 41, Tit. 2. 
24) Auch wenn der bisherige Besitzer seinen Besitz zum Vortheile des Anderen ausgiebt. Vergl. 
H. 58 d. T. 
25) Sachen und Rechte dagegen, welche zwar zur nnlversitas juris gehören, aber nicht darin 
vorhanden, vielmehr in der Gewalt eines Anderen sind, werden durch die Besiergreifung des Ganzen 
nicht mit in Besitz genommen. Vergl. F. 54 d. T. Der Besitz des Erwerbes kann mithin auch, in 
Ansehung dieser Sachen, nicht gestoört werden. Hat sich also z. B. ein Nichterbe, vor der Besitzer- 
greisung des Erben, Sachen aus einer liegenden Erbschaft angeeignet, so kann der Erbe gegen ihn 
nicht wegen Verletzung seines Besitzes die possessorische Klage an Heransgabe der Sachen anstellen. 
Denn die Gisseorungnge setzt voraus, daß der Erbe sich selbst für seine Person faktisch in dem 
Besitze, in welchem er gestört sein will, befunden hat. Pr. 1190, v. 13. Sept. 1843. Dieser Grund- 
satz war später zweifelhaft geworden. Das Obertr. nahm jedoch durch Pl.-Beschl,. v. 7. Novbr. 1849 
den Satz an: „Der Erbe hat nicht die possessorische Klage auf Wiederherstellung oder Schutz des Be- 
sttzes von Erbschaftssachen, wenn die Storung seines Rechts zum Besitze nach dem Anfalle, jedoch vor 
der Besitznahme der Erbschaft vorgekommen . Pr. 2161. (Entsch. Bd. XVIII, S. 3.) Eine er- 
 
	        
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