358 Erster Theil. Siebenter Titel.
§. 184. Weiset Jemand nach 7#), daß ihm der Besitz einer Sache durch Gewalt,
List oder Betrug entnommen worden, so ist der gegenwärtige Besitzer den Titel, aus
welchem er besitzt, anzugeben ") verbunden.
§. 185. Dem Nichter muß die Angabe des Besitztitels in allen Fällen, wo er
selbige zur Aufklärung streitiger Thatsachen nöthig findet?), ohne Rückhalt geschehen.
§. 186. Wer in den gäleen des §. 194. 185 die Angabe seines Besitztitels be-
harrlich verweigert, ist für einen unredlichen Besitzer zu achten 10).
8. 187. Dagegen wird durch diese Verpflichtung zur Angabe des Besitztitels, die
für die Rechtmäßigkeit des Besitzes selbst streitende Vermuthung noch nicht aufgeho-
ben!#).
aenere §. 188. Der redliche Besitzer muß dem wahren Eigenthümer die Sache in dem
des Besiges, Stande, in welchem sie sich wirklich befindet, zurückgeben.
—— §. 189. Alle während des redlichen Besitzes gezogene Nutzungen und genosse-
# czl#n#e :12) Früchte sind und bleiben das Eigenthum eines solchen Bestzers).
Grundstücks den Bewek, des vollkommenen (freien) Eigenthums aufbürden würde, beweisen, Insofern
nicht feststehr, daß derartige Beschränkungen und Belastungen für diefen Distrikt und alle in demselben
belegenen Grundstücke, oder doch für diese Klasse derfelben nach gesetzlicher Vorschrift (Urbarien, Zins-
register, Ortsverfassung 2c.) zum Vortheile der Gutsherrschaften bestehen. Erk. des Obertr. v. 4. März
1851 (Arch. f. Rechtsf. Bd. II. S. 295). Vergl. Entsch. Bd. XV, S. 453.
7 8) (4. A.) Damit ist je nach der Lage des Prozesses eine bloße Sescheinigung oder eine prozeß-
mäßige Beweisführung in Betreff der Thatsachen, welche zur Begründung der Klage behauptet werden
müssen, gemeim. Eine bloße Bescheinigung unter allen Umständen führt im ordentlichen Prozesse
nicht zum Ziele. Daß hier nur von einer bloßen Bescheinigung die Rede sei, ist auf Grund der Dekl.
vom 23. Mai 1785, §S. XIII (Rabe, Bd. XII. S. 231, auch abgedruckt in den Ergänzungen Bd. II.
S. 274) und des §. 124, Tit. 51, Th. I der A. G.O. behauptet worden. v. Savigny, Otbligatio-
nenrecht, Bd. II. S. 160, Note 1. Die erste Stelle bezieht sich gar nicht auf ein gerichtliches Ver-
fahren, sondern auf das Verhalten des Kreditinstitnis, bei welchem die Entwendung eines Pfandbriefs rc.
angezeigt wird. Wenn die Anzeige bescheinigt ist oder von einem bekannten sicheren und glandwürdi-
gen Manne gemacht wird, der Präsentant aber eine unbekannte oder gar verdächtige Person ist; so
soll die Kreditanstalt das Geld und den Pfandbrief an das Gericht abliefern und dem ansprechenden
Eigenthümer die weitere Ausführung seines Rechts gegen den Präsentamen überlassen. Hierdurch wird
über die Beschaffenheit des Beweises in dem Prozesse gar nichts entschieden. Der §. 124 der A. G.O.
schreibt vor, was Jemand bescheinigen soll, welcher einen vernichteten oder verlorenen Pfandbrief amor-
tisiren lassen will. Daß es zur Begründung einer solchen Provokation bei einer bloßen Bescheinigung
bewenden muß, versteht sich von selbst, weil es zu einem formlichen Beweisverfahren wegen Mangels
einer Gegenpartei gar nicht kommen kann. Darum ist jedoch v. Savigny's Meinung an sich nicht
verwerflich, es kommt nur auf die rechte Beziehung an. Für das vorbereitende Berfahren, auf wel-
ches auch die angeführten Vorschriften zielen, ist sie ganz zutreffend; aber wenn es demnächst zum kon-
tradiktorischen Prozesse kommt, ist ein formliches Beweisversadren ganz unvermeidlich. Vergl. m. An-
leitung zum prenß. Civilprozesse, Th. II, §. 10.
8) Und, wo nöthig, zu beweisen; denn es soll auch hierdurch, wie im Falle des §. 182, die
Beweislast geordnet werden. Der frühere Besitzer hat zur Begründung der Abforderung seiner Sache
genug gethan, wenn er seinen gehabten Besitz und den fehlerhaften Verlust beweiset; will der Andere
den Anspruch emtkräften, so muß er einen dazu geeigneten Erwerb exripiren und beweisen. Dies ist
das Prozeßmäßige. Auf Grund des Ausdrucks „auzugeben“ hält jedoch eine Meinung dafsür, daß die
simple Angabe genlige, wodurch jedoch im Prozesse die Sache nicht weiter kommt. Bergl. unten,
Anm. 38 zu §F. 34, Tit. 15.
9) Diese Vorschrist hängt mit der Untersuchungsmaxime des alten Prozesses zusammen.
10) Diese Vorschriften §§s. 185 und 186 finden nur auf eine solche Partei Anwendung, die sich
zur Zeit der angestellten Klage noch im Besitze der Sache wirklich befunden hat; keineswegs aber kann
die richterliche Aufforderung zur Angabe des Besitztitels wider einen ehemaligen Besitzer der Sache mit
der im §. 186 ausgesprochenen rechtlichen Wirkung erfolgen. Pr. des Obertr. 829, v. 8. Febr. 1840.
11) Das bezieht sich auf die Zeit vor Insinuation der Klage. Von da an kommt der Grund-
satz g. 222 zur Anwendung.
114) (4. A.) Die Beschräukung des Fruchterwerbes des redlichen Besitzers auf den Fall der Per-
zeption und des Genusses der Früchte bezieht sich lediglich auf das Rechtisverhältmiß des redlichen Be-
sitzers zu dem wahren Eigenthümer und kann dekhalb auf das Berhälmiß des Ersteren zu dem un-
derechtigten Driuen nicht augewendet werden. Der redliche Besitzer, insbesondere auch eines Nutzungs-