Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Bon Gewahrsam und Besitz. 359 
. 190. Er darf den Werth davon dem Eigenthümer nicht erstatten, selbst wenn 
er dadurch im Besitze eines Vortheils sich noch wirklich befindet 15). 
rechts, ist dem Nichteigenthümer und völlig unberechtigten Nutzungsprätendenten gegenüber als Besitzer 
im Sinne des §. 221, Tit. 9, und daher onon bei dem Entstehen der Früchte als deren Eigenthümer 
anzusehen und als solcher gegen den drinen Beschädiger der noch ungetreumen Früchte zur Klage auf 
Schadensersatz legitimirt. Erk. des Obertr. v. 10. Oktober 1853 (Arch. f. Nechrsf. Bd. XK. S. 198). 
In einem früheren Falle hat das Obertr. durch Erk. v. 9. Oktober 1849 (ebd, S. 210 ff.) eine an- 
dere Meinung geltend gemacht. 
12) Ueber die landrechtliche Theorie vom Fruchterwerbe des redlichen Besitzers giebt Suarez 
bei der Schlußrevision folgende Ausschlüsse: 
„Das Neue in dieser Theorie von fructibus besteht eigentlich darin: 
I) daß de jure rom. der possessor bon. f. die fructus efstanles non usucaptos herausgeben mußte, 
dier aber der redliche Besitzer alle fructus perceptos der früheren Jahre behält; 
2) daß das Römische Recht in Ansehung des letzten Jahres mit dem Tage. da der possessor b. s. 
per litis contestationem in malam üüem bersetzt worden, streng abschneidet; das Gesetzbuch hin- 
gegen die kructus uliiml aunl, bei nutzbaren Grundstücken zwischen dem Besitzer und Eigenthil- 
mer pro rata temporis theilt. 
Ad 1 streiten für die neue Theorie folgende Gründe: # # 
a) der Grund, warum der redliche Besitzer die fruetus consumtos nicht hergeben darf, liegt darin, 
weil ihn die Gesetze als dominum temporsrium betrachten, qul lructus pereipiendo suos reddit, 
cf. 1. 28 D. de usur. Geschieht nun die Zueignung der Früchte durch die Perzeption, so kann 
" keinen Unterschied machen, ob die einmal perzipirten Früchte schon verzehrt, oder noch vor- 
ndeu sind. " 
db) Wenigstens in Ansehung der fructunm industrislium et civilium behaupten viele Rechtslehrer, 
daß dieselben, auch wenn sie noch vorhanden sind, dem redlichen Besitzer verbleiben. 
Coeceljli in jure controv. Lib. V, Tit. I, qu. 10. 
Tc) Nimmt man dies an, so enthält es einen reichen Stoff zu Sireitigkeiten: was für fructus un- 
ter die naturales und indusiriales gehören. 
d) Ebenso giebt die Berechnung der von den Früchten abzuziehenden Hebungskosteu, wenn sie auf 
mehrere Jahre zurückgehen 4 zu epineusen und kostbaren Prozessen Anlaß. 
e) Nach der Lehre des Römischen Rechts ist der liederliche Besitzer, der die Früchte, sobald er sie 
erhoben hat, verzehrt und durchbringt, gegen den uten Wirth avantagirt. Das ist unmoralisch. 
) Ueberhaupt verdient der Besitz, sobald er redlich ist, mehr Begünstigung und Schonung, als 
ihm das Römische Recht widerfahren läßt. Wer bons fide und jusio tilulo eine Sache an sich 
gebracht, und sie eine lange Reihe von Jahren hindurch als sein Eigenthum besessen hat, ist 
schlimm genug daran, wenn er die Sache dem wahren Eigenthümer, der vielleicht aus Sorg- 
losigkeit in so langer Zeit sich um das Seinige nicht bekümmer hat, restituiren uuß. Es wäre 
auffalen dart, wenn er die durch seine Mhe und seinen Schweiß erworbenen oder gewonne- 
nen Früchte dem sorglosen Eigeuthümer mit herausgeben müßte, bloß weil sie zusälliger Weise 
noch in natara vorhanden sind. " 
Ad 2 streiten für die neue Theorie folgende Gründe: Bei Landwirthschaften lassen sich 
Früchee eines gewissen bestimmten Zeitpunktes gar nicht gedenken, sondern nur von einem gan- 
en Wirthschaftsjahre kann bestinunt werden, was das Gut in diesem Jahre getragen habe. 
ach der Römischen Theorie hängt es bloß vom Zufjalle ab, zu welcher Zeit der Besitzer durch 
Insinuirung der Citation in malam üükem versetzt wird, und ob er darnach viel oder wenig 
fructus restuunen soll. Es kann sich sonach neffen, daß er alle Lasten und Unglücksfälle der 
Wirthschaft getragen hat, und von den kructibus wenig oder gar keinen Nutzen zieht. Umge- 
kehrt kann aber auch der Eigenthümer sehr leiden, wenn die Räumung in ginem Zeitpunkte ge- 
schieht, wo alle Nucung schon eingezogen und verzehrt und doch noch große Ausgaben und La- 
sten zu tragen sind. Die genaue Bese 
  
immung des Zeitpunktes, wenn die verschiedenen Anen 
von Nutzungen, besonders fructus industriales et civiles eigemlich sälli sind, erfordert viele 
und weitläuftige in ein großes Detail gebende gesetzliche Vorschristen, #el deren Anwendung 
Streitigkeiten und Prozesse sehr häufig entsichen können. Hingegen wird durch die im Gesetz- 
buche angenommene Theorie die Sache ausnehmend simplifizirt.“ (Jahrb. Bd. XLI. S. 8.) 
Hiernach es klar, daß der redliche Besitzer nicht bloß die genosse nen (consumtos), sondern 
die gewonnenen Früchte (fructus perceptos) eigenthümlich erwirbt. 
(4. A.) Wegen der, aus den 88. 189 ff., 223 d. T. in Verbindung mit dem P§. 63, Tit. 23 der 
Proz.-Ordnung sich ergebenden accessorischen Natur des Fruchtanspruches können während des Prozesses 
um die Hauptsache, auf den nämlichen Klagegrund, die Früchte derselben nicht in einem besonderen 
Prozesse gefordert werden; der Einwand der Litispendeng schließt diese besondere Klage aus. Erk. des 
Obertr. vom 15. September 1862 (Entsch. Bd. XLVIII, S. 18). 
13) Diese Vorschrift findet auf das Verhältniß der Benefizialerben zu den Erbschaftsgläubigern 
à) in Anse- 
bung der Nu- 
Lungen und 
Frückte,
	        
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