368 Erster Theil. Siebenter Titel.
8. 240. Ist die Sache während des unredlichen Besitzes verschlimmert worden,
so muß der unrechtfertige Besitzer jedes mäßige, der eigentlich unredliche hingegen selbst
das geringste Versehen vertreten.
§. 211. Auch den Zufall muß der eigentlich 3 1) unredliche Besitzer tragen, wenn
nicht ausgeinittelt werden kann, daß der Zufall die Sache im Besitze des Eigenthümers
ebenfalls würde getroffen haben 2). «-
§.242.WermittelsteinerdukchStrafgesetzeverbotenenHandlungs-)zumBe-
sitz einer Sache gelangt ist, kann sich gegen den Ersatz der Verschlimmerungen durch
den Einwand, daß dieselben bloß zufällig entstanden wären, niemals schützen:).
§. 243. Auch die zur Auslieferung oder Uebergabe der Sache erforderlichen Ko-
sten muß jeder unredliche Besitzer tragen 25).
21) Also nur der, welcher weiß, daß er unrechtmäßig besitzt (s. 229), nicht auch der, dessen
Unredlichkeit nur fingirt wird (F. 222).
22) Diese Bestimmung veranlaßt zwei Bemerkungen: die eine Über ihr Verhältniß zu dem R. R.,
die andere über die praktische Anwendung.
Das R. R. verpflichtet grundsätzlich den unredlichen Besitzer zum Ersatze, wenn die Sache in sei-
nem Besitze auch nur zufällig zu Grunde gegangen. Aber es geschieht in vielen Stellen einer Ein-
schränkung der Anwendung auf #wei Fälle Erwähnung, nämlich erstens auf den Fall, wenn der recht-
mäßige Herr (der Kläger) die Sache würde haben verkaufen und dadurch den Verlust von sich abwen-
den können; nud zweitens wenn der Umergang nicht eingerreten sein würde, falls der Kläger die
Sache früher erhalten häne; und über die Zulässigkeit und die Fälle der Anwendbdarkeit dieser Ein-
schränkung der Verbindlichkeit des Besitzers ist schon unter den röm. Juristen mannichfache Meinungs-
verschiedenheit, um wie viel mehr nicht unter den neueren Romanisten. Für das pr. R. ist das rich-
tige Verhältniß beider Einschränkungen zu einander und zur Verbindlichkeit des Besitzers gleichgültig,
denn die Berf. des L. R. haben diesen Gegenstand auf ihre Weise behandelt. Auf die Möglichkeit eines
Verkaufs der unkergegangenen Sache von Seiten des Klägers wird gar nicht Rücksicht genommen, es
wird nur die andere usschräntun der Erstattungsverbindlichkeit des Beklagten aufgesaßt und ohne ir-
gend welche Unterscheidung vorgeschrieben, daß, wenn die Sache im Besitze des obsiegenden Klägers
ebenfalls von dem vernichtenden Zufalle würde betrofsen worden sein, dieser Umstand die Verbindlich-
keit zum Ersatze ausschließen soll.
Für die praktische Anwendung des Grundsatzen ist die Bestimmung der Beweislast wichtig. In
dem gedr. Emw. 6. 167 war die Rechtsregel so gefaßt, daß sie dem Kläger ein nur bedingtes Recht
gab, denn der Beklagte sollte den Zufall kragen, wenn ausgemittelt, d. d. vom Kläger bewiesen wer-
den könnte, daß der Bafeol- die Sache in seinem Besitze nicht würde getroffen haben.
Dagegen wurde monirt: „Die Ausmittelung mochte sehr schwer sein, weil sie im Grunde eine
Negative enthält. Besser wäre es, die Regel dahin festzusetzen: der unredliche Besitzer muß auch den
bloßen Zusall tragen, wenn er nicht darthun kann, daß der Zufall die Sache im Besitze des Eigen-
thümers ebenfalls getrofsen haben würde.“ Gosler bemerkte dazu: „wird anheimgestellt.“ (Simon
a. a. O. S. 328.) Daraus ist der §. 241 in seiner vorliegenden Fassung entstanden, nach welcher
das Forderungsrecht des Klägers an sich unbedingt ist, der Beklagte jedoch sich durch den Nachweis des
fraglichen Umsandes (excipiendo) befreien kann. vielen Fällen wird das Ereigniß schon an sich
die Gleichgültigkeit der Person des Besitzers klar machen, z. B. wenn ein Grundstück durch eine Ueber-
schwemmung zu Grunde geht oder durch Feuer vom Himmel (Blitz) vernichtet wird; wosegen anderer-
seits der Untergang einer im Hause des Bekl. befindlichen Sache, welche mit dem angezündeten Hause
zugleich verbrennt, den Unterschied des Besitzers zeigt. Es liegen aber viele Fälle dazroischen, welche
eines besonderen Beweises dedürfen. Vergl. S. 13, Tit. 3 und Anm. 13 dozu.
23) Damit ist hauptsächlich der Diebstahl gemeint. S. die folg. Anm.
24) Einem solchen strafwürdigen Besitzer ist also der jedem anderen unredlichen Besitzer gegebene Ein-
wand (§. 241) ausnahmsweise versagt; dessen Ersatzverbindlichkeit ist absolut unbedingt. „Man kann
dem Eigenthümer nicht zumuthen, daß er sich mit dem Diebe in einen Prozeß Über die Beschaffen-
beit des casus, welchen dieser vorschützt, einlassen solle “ sagt Suarez. (Simon, Material.,
S. 332, Nr. 12.) Auf das dagegen eingegangene Monitum, daß in der Vorschrift eine Privatstrafe
liege, bemerkte Goßler: „das Gesetz stimnn mit der bisherigen Theoric“ (Simon a. a. O. S. 329.)
Das NR. R. verpflichtet auch in diesem Falle den Besitzer allerdings uubedingt zum Ersatze, doch nicht
bloß in diesem Falle, sondern aus einem anderen allgemeinen Grunde.
25) Diese erst bei der revis. monitor. “* * ç Bestimmung soll eine Folge des im folg. §. 244
ausgesprochenen Prinzips sein (Simon a. a. O. S. 329), und findet mithiu auch nur als eine solche
pin Soweit die Kosten nicht aus der Besitzentziehung folgen, können sie dem Beklagten nicht
zur Last salleu.